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Aischylos

Die Grabesspenderinnen

Schluß

eingestellt: 28.6.2007





Erste Strophe



CHOR:
    Erde wohl nähret manch riesengrausig Ungeheur,
    Tief in Meeres dunklem Grund wimmelt wohl
    Manch Knäul menschengierger Scheusale,
    Und durch die Abenddämmrung hin
    Schweift des Meteores Schein,
    Schweift das Geflügel der Lüfte, das Wild in der Waldung
    Und der Windsbraut Wolkenjagd!

Erste Gegenstrophe

    Aber wer nennt des Manns freche Stirn mit Namen je,
    Wer die scheulose Wut je des Weibs,
    Dies allfrechste, lüstre Lustbuhlen,
    Den Menschen alles Jammers Kost!
    Solcher Ehe, solches Paars
    Weibergeherrschtes, verworfenes Lieben erreicht nichts
    Ungeheures, Menschliches!

Zweite Strophe

    Hört ihr, so ihr nicht mit Flattersinn
    Eitlen Spiels forschet,
    Was einst Thestias, was die Kindesmörderin arg ersann,
    Jenen Brand geheimen Mordes!
    Sie hat verbrannt ihres Sohnes
    Lebensfackel, die mit ihm war,
    Seit ihr Schoß ihn geboren,
    Mit ihm währte sein Lebelang,
    Bis sein Ende gekommen.

Zweite Gegenstrophe

    Ihr gleich sei in aller Mund verhaßt
    Skylla bluttriefend;
    Sie hat Feindes halb einen, der ihr teuer war, umgebracht!
    Mit goldgeflochtnem Kreterhalsband,
    Mit Minos Brautgabe bestochen,
    Schnitt das Haar der Unsterblichkeit
    Sie dem schlafenden Nisos,
    Die Schamlose, dem Vater ab;
    Doch einholte sie Hermes.

Dritte Strophe

    Gedacht ich so unerweichbar grauser Wut,
    So ist es unzeitig, noch der schnöden Eh, noch dem Greul in diesem Haus,
    Den weiberarglistgen Ränken wider ihn,
    Den Mann im Kriegswaffenschmuck,
    Den Mann, des Ruhm aller Feinde Schrecken war -
    Ehrfurcht noch da diesem ausgebrannten Herd,
    Dem ohnmachtfeigen Weib zu hegen!

Dritte Gegenstrophe

    Vor allen Untaten ragt die lemnische;
    Als ganz verrucht wird in aller Sage sie nachgeklagt; doch dieses Greul,
    Wohl wirds mit Recht dem von Lemnos gleich genannt!
    Durch gottverabscheute Schuld
    Versinkt, entweiht seiner Ehren, dies Geschlecht;
    Denn keiner ehrt fürder, was der Gott verwarf.
    Ist eins hier, was ich nicht gerecht zeih?

Vierte Strophe

    Das auf die Brust gesetzte Schwert,
    Hinein bohrts tief bitterscharfen Mord unter Dikes Hand; denn Todsünde tritt
    Nimmer niemand in den Staub; die alle Furcht
    Vor Zeus hinwegwerfen, sind des Todes!

Vierte Gegenstrophe

    Auf festem Grund steht Dikes Macht;
    Ihr Richtschwert wetzt Aisa schon, die Schwertfegerin; es bringt den Sohn heim ins Haus,
    Alten Hauses ältre Schuld zu züchtigen,
    Die wache, listkundge Nachterinnys! -

(Orestes und Pylades mit einigen Begleitern, alle als Wanderer gekleidet)

ORESTES (an die Tür der Gastwohnung pochend:)
He, Bursch! Du hörst, man pocht hier an der Außentür!
Ist keiner da? Bursch! heda, Hausbursch! öffne doch!
Zum dritten Male ruf ich dich, mir aufzutun,
Wenn bei Aigisthos Zeiten ihr noch gastlich seid!

BURSCHE:
Ja doch, ich höre! Freund, wer bist du und woher?

ORESTES:
Der hohen Herrschaft deines Hauses hier bestell,
Zu ihnen käm ich, brächte Neuigkeiten mit.
Mach schnell; es fährt in ihrem dunklen Wagen schon
Die Nacht herauf; Zeit wird es, daß ein Wandersmann
In seinem Gasthaus Anker wirft, sich auszuruhn.
Es komme jemand, der Gewalt hier hat, die Frau
Etwa des Hauses, doch der Mann ist schicklicher;
Denn wenn Verlegenheit das Wort nimmt, Freund, so tappt
Die Red im Dunkeln, aber dreister spricht der Mann
Zum Mann, und Zeugnis sagt er deutlich und genau.

(Bursche ab. Klytaimestra tritt mit Elektra und einigem Gesinde auf)

KLYTAIMESTRA:
Fremdlinge, sagt, was ihr bedürft; euch steht bereit,
Was irgend unsrem Fürstenhause ziemen wird,
Ein warmes Bad und, aller Müdigkeit Entgelt,
Ein weiches Lager, biedrer Wirte Gegenwart;
Und wäre weitres euch mit mehr Bedacht zu tun,
So ists der Männer Sache; wir berichtens gleich.

ORESTES:
Fremd kam ich her, aus Phokis bin ich, ein Daulier;
Als ich, mein eigen Bündel auf den Schultern, her
Gen Argos wandre, wo ich übernachten wollt,
Traf unbekannt mich Unbekannten einer an
Und sprach, nachdem er meinen Weg von mir gehört
- Der Phoker Strophios war es, hört ich im Gespräch -:
"Wenn du denn sonst auch, Freund, gen Argos gehen mußt,
So sage doch den Eltern, die du leicht erfragst,
Orestes sei gestorben, und vergiß es nicht;
Ob dann die Seinen ihn zurückgebracht zu sehn,
Ob ihn im Ausland und für alle Zeiten fern
Begraben wünschen, solchen Wunsch sag mir zurück;
Denn einer erzgetriebnen Urne Raum verschließt
Des vielbeweinten, teuren Mannes Asche jetzt."
Was ich gehört hab, sag ich nach; ob ich es nun
Den Rechten, die es hören müssen, sage, nicht
Weiß ichs, erfahren aber muß sein Vater es.

ELEKTRA:
Weh mir! Von Grund aus werden jetzt wir hingestürzt!
Du, dieses Hauses unbezwinglich grauser Fluch,
Wie vieles Nah und Fernes, das uns glücklich stand,
Zerstörst du fernher zielgewiß mit deinem Pfeil!
All meiner Lieben machst du mich ganz Arme arm;
Nun auch Orestes, welcher wohlberaten war,
Daß fern den Fuß er aus des Verderbens Sumpf gelenkt,
Er, unsre Hoffnung, er, dem schönen Taumelrausch
Ein letzter Arzt, sie nennet jetzt ihn - nah und da!

ORESTES:
O wär ich doch Gastfreunden, die so reich und hoch,
Durch gute Botschaft, die ich brächte, heut bekannt
Geworden und als Freund begrüßt. Was Liebres kann,
Als solch ein Gastfreund, einem in der Fremde sein?
Doch mir im Geist erschien es als Gottlosigkeit,
Den Angehörgen solchen Bericht nicht kundzutun,
Da ichs versprochen und als Freund hier ward begrüßt.

KLYTAIMESTRA:
Nicht minder soll dir werden, was dein würdig ist,
Noch wirst du weniger gelten drum als Hauses Freund;
Dasselbe hätt ein andrer doch uns hinterbracht.
Doch ist es Zeit jetzt, daß den Fremden, die den Tag
Hindurch gewandert, was bequem ist, werd geschafft;
(Zu einem der Diener)
Ihn selber führ zum gastlich offnen Männersaal,
Und wenn du zurückkommst, seine Reisegefährten auch,
Damit sie dort sich finden, was für sie bequem.
Dein ist der Auftrag, und du haftest mir dafür.
Wir aber werden dies dem Herrn des Hauses treu
Mitteilen und mit unsern Freunden insgesamt
Wohl überlegen, was in diesem Fall zu tun.
(Alle ab)

CHORFÜHRERIN:
    Auf, teuere Schar! Auf, Mägde vom Haus!
    Wie geben wir kund
    Für Orestes unsres Gebets Wunsch?
    Du heiliger Herd, du der Gruft heiliger
    Erdhügel, der jetzt du des Meerfeldherrn,
    Des gewaltigen, Königsleichnam birgst,
    Nun hör uns, nun sei hilfreich!
    In den Kampf des Betrugs geht Peitho jetzt,
    Und der Gruft Hermes, mit hinein tret er,
    Und der Nacht Hermes, er begleite dich treu
    Zum vertilgenden Kampfe des Schwertes!

(Kilissa, die Amme, kommt)

CHOR:
Der fremde Mann hat, scheint es, Böses mitgebracht;
Denn weinend seh ich dort Orestes Amme nahn.
Wohin, Kilissa, gehst du aus des Hauses Tor?
Und mit dir kommt ja unbezahlte Traurigkeit!

KILISSA:
Aigisthos, sagt die Herrin, soll ich ungesäumt
Den Fremden herbescheiden, daß er deutlicher,
Der Mann von Männern, ihre Neuigkeiten mag
Mit eignen Ohren hören. Vor dem Gesinde zwar
Verbirgt in finstern Augen sie geflissentlich
Ihr Lachen; denn nun ist geschehn das Freudigste
Für sie, fürs Haus stehts aber ganz und gar betrübt
Seit dieser Nachricht von den fremden Wanderern!
Und freilich, er wird herzlich sich darüber freun,
Wenn er die Zeitung höret! O ich arme Frau!
Ist doch von alten Zeiten her schon vielerlei
Unsäglich Unglück hier in Atreus altem Haus
Bis heut geschehn, das mir das Herz im Leib zerreißt;
Doch solchen Kummer hab ich niemals noch erlebt!
All andres Leid trug ich geduldig bis ans End;
Daß aber mein Orestes, meiner Seelen Lust,
Den aus der Mutter Schoß ich nahm und auferzog
Mit aller Unruh nächtens, wenn das Kindchen schrie,
Und all den vielen Plagen, die ich vergebens nun
Ertrug - denn Kinder ohne Nachgedanken muß
Wies liebe Vieh man ziehn, nicht wahr? mit viel Verstand;
Da kann es denn nicht sprechen, solch ein Windelkind,
Obs Hunger, ob es Durst hat oder pinkeln will,
Der kleine Magen macht, was je nach seiner Not;
Das muß voraus man merken, und, glaub mir, man irrt
Sich auch und wäscht dem Kinde dann die Windeln rein,
Versieht zugleich der Wäscherin und Amme Dienst;
Und ich versah die beiderlei Geschäfte selbst
Und nahm Orestes, für den Vater aufzuziehn -,
Nun muß ich Arme hören, daß er gestorben ist,
Muß nun zum Herrn gehn, der geschändet unser Haus
Und meine Zeitung frohen Sinnes hören wird!

CHOR:
In welcher Weise will sie, daß er kommen soll?

KILISSA:
Wie welcher? Sag noch einmal, daß ichs recht versteh!

CHOR:
Ob seine Wache mit ihm oder er allein?

KILISSA:
Umringt von Lanzenknechten will sie, daß er kommt.

CHOR:
Das aber sag dem Herren, den du ja hassest, nicht;
Allein erscheinen mög er, hören ohne Furcht.
Das geh und meld ihm ungesäumt und freue dich;
Bei mancher Botschaft nützet ein verheimlicht Wort!

KILISSA:
Bist gar du froh noch über solche Neuigkeit?

CHOR:
Abwenden wird Zeus Willen einst noch allen Gram!

KILISSA:
Wie das? Orestes, unsres Hauses Hoffnung, starb!

CHOR:
Nicht doch; ein schlechter Seher schon erkennte das!

KILISSA:
Was sagst du? Weißt du andres, als berichtet ward?

CHOR:
Geh hin und melde! Mach es, wie ichs dir gesagt;
In Gottes Hand liegt, was geschehen muß und wird!

KILISSA:
Ich geh und führ es ganz nach deinem Willen aus;
O daß es glücklich ende durch der Götter Rat!
(Kilissa ab)

Erste Strophe



CHOR:
    Höre jetzt mein Gebet, du der hochselgen Götter Vater, Zeus!
    Laß erlosen mich ein Los, unverrückt
    Das Weise treu forschenden Sinns zu schaun!
    Sprach ich all mein Gebet
    Dir doch gerecht, Zeus, du nimms in Obhut!
    Zeus! Zeus!
    Doch Gewalt über die Todfeinde gewähr dem im Palast, den du doch großzogst!
    Doppelte Buße laß
    Und dreifältige dir gefallen!

Erste Gegenstrophe

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