Frei Lesen: Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen

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Friedrich von Hagedorn

Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen

Der Affe und der Delphin

eingestellt: 28.6.2007





Den Mutterwitz bringt ieder auf die Welt;
Der Schulwitz wird durch Bücher uns gegeben;
Der eitle Mensch, dem Schein und Wahn gefällt,
Sucht überdieß dem dritten nachzustreben.
Das ist der Witz, den man, galant zu leben,
Auf Reisen sucht, nur in der Fremd erhält,
Wo, ehe man den letztern ausgespüret,
Manch Mutterkind die ersten oft verlieret.

    Und dennoch ists ein Ruhm, (ich leiste die Gewähr)
Mit Vorwitz, Gold und Stolz sich auf den Weg zu machen.
Man holt von Städten, Leuten, Sachen,
Zum wenigsten die Namen her.
Ist dieses nicht genug? wer darf noch mehr verlangen?
Wer alles wissen will, der gehe selbst dahin,
Wo ich bereits gewesen bin;
Da kann er Unterricht empfangen.

    Ganz recht! du bist schon hier: dir droht nicht die Gefahr,
Die jenem Affen tödtlich war.

Der ging zu Schiffe, von Athen
Nach Lacedämon hin zu reisen,
Den Schönen dort, die ihn noch nicht gesehn,
Sein liebliches Gesicht zu weisen.

    Die Fahrt fing glücklich an, bey hellem Sonnenschein.
Die Luft floß, wie das Meer, gelind und spiegelrein.
Drum singt der Steuermann, den noch kein Unfall störet,
Und lenkt das Schiff mit Lust; man jauchzet überall.
Die allgemeine Ruh, der öftre Freudenschall
Reizt meinen Passagier, der bald den Scherz vermehret,
Die Zähne bleckt, erzehlt, wo er herumgeschweift,
Und es beim Zevs beschwört, ein Liedgen hüpfend pfeift,
Das er beim Chier-Wein von Phrynis1) selbst gehöret.

    Der Wind verbleibt geneigt. Man sieht zur rechten Hand,
In einem fernen Blau, Trezens berühmten Strand
Und Argos breiten Busen liegen.
Der Thetis weibischen und schnellen Unbestand
Scheint Eurus webend einzuwiegen.

    Bald aber schwärzet sich die heitre Himmelslust;
Es reisst sich Boreas aus seiner tiefsten Kluft
In Wirbeln brausend los und thürmt auf Wellen Wellen.
Das Schiffvolk sieht erstaunt die wilden Fluhten schwellen,
Und zieht die Segel ein: doch fehlt ihm Zeit und Licht.
Die Noth verfolgt das Schiff: es krachet, splittert, bricht.

         

So wird die Hoffnung bald betrogen!
Die in erwünschter Sicherheit
Der guten Reise sich erfreut
Sind itzt ein Spiel empörter Wogen.

    Ein ieder ringt mit Furcht und Wellen,
Und iedem sinket Hand und Muth.
Doch plötzlich legt sich Wind und Fluht;
Die Luft fängt an sich aufzuhellen.

    Als nun die Stille zugenommen,
Da kömmt, vielleicht von ungefehr,
Ein spielendes Delphinenheer,
Zu aller Trost, herbeygeschwommen.

    Dieß Thier pflegt Menschen gern zu dienen.
Selbst Plinius erzehlt es so.
An welchem Ort? ich weiß nicht wo;
In dem Kapitel von Delphinen.

    Der Affe naht sich mit Entzücken.
Da nimmt ein solcher Menschenfreund,
Dem er ein Mensch, wie andre, scheint,
Ihn unverzüglich auf den Rücken.

    Er freuet sich der stolzen Bürde.
Sein Reuter ziert sich auch so schön,
Daß, wer ihn nicht zu scharf besehn,
Ihn für Arion2) halten würde.

    Der junge Herr wird fortgetragen,
Bis endlich sein Erretter ruht
Und höflich diese Frage thut:
Wie ihn der Sturm hieher verschlagen?

    Sie sind ja von Athen gekommen?
Ja freilich komm ich von Athen.
Mich deucht, da bin ich angesehn;
Habt ihr noch nichts von mir vernommen?

    Hat ihnen diese Stadt gefallen?
Ihr fragt? wem steht Athen nicht an?
Mein Vetter, der berühmte Mann,
Ist Archon3) dort und gilt bey allen.

    Ach mein! wie werden die Verwandten
Um meine Rettung frölich seyn!
Wie wird sich mein Papa erfreun,
Ma Soeur, mon Frere, nebst den Tanten!

    So ist auch (doch kaum brauchts der Frage)
Piraeus4) ihnen wol bekannt?
O der? Piraeus hat Verstand;
Wir sahen uns fast alle Tage.

    Das hieß nun recht die Klugheit zeigen!
Kein Meister hat das Schloß erdacht,
Das rohe Mäuler sprachlos macht.
O wüssten Affen doch zu schweigen!

    Er wird erkannt und muß ertrinken.
Man wirft ihn in das Meer, und spricht:
Delphinen retten Thiere nicht;
Fort; du magst schwimmen oder sinken!

< Das Schäfgen und der Dornstrauch
Das Hühnchen und der Diamant >



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