Giacomo Casanova
Erinnerungen, Band 4
Einundzwanzigstes Kapitel Demütigung der Gräfin. – Zenobias Hochzeit im Apfelkasino. – Pharao. – Eroberung der schönen Irene. – Plan zur Maskerade.
eingestellt: 1.8.2007
Da ich mich verpflichtet hatte, eine Verkleidung zu beschaffen, die uns nicht der Gefahr aussetzte, erkannt zu werden, so wollte ich sowohl durch die Originalität der Idee wie durch den Reichtum der Ausführung Ehre einlegen. Ich hatte daher, wie man zu sagen pflegt, meinen Kopf in die Weiche gelegt, und meine Leser werden sehen, ob mein Einfall gut war.
Ich hatte zur Durchführung meines Planes einige Vertraute nötig; vor allen Dingen brauchte ich einen Schneider, und wie man sich denken kann, glaubte ich meinem Gevatter Schneider den Vorzug geben zu müssen. Zenobia war für mich nicht weniger nützlich als ihr Gatte, teils um gewisse Frauenarbeiten anzufertigen, teils um die drei jungen Damen zu bedienen, die ich verkleiden sollte. Ich ging zu Fuß aus und begab mich zu meinem Gevatter. Ich befahl ihm, seine Arbeit liegen zu lassen und mich zum reichsten Trödler von Mailand zu führen.
»Mein guter Mann, ich brauche das Schönste, was Sie für Herren und für Damen haben.«
»Wünscht der Herr neue Sachen?«
»Gewiß! Wenn Sie solche haben.«
»Ich bin reich versehen.«
»Suchen Sie zunächst einen schönen Samtrock für meine Größe; er muß einfarbig sein, und in Mailand darf ihn kein Mensch kennen.«
Statt eines einzigen legte er mir ein Dutzend vor, alle vom schönsten Samt und sehr gut gemacht. Ich wählte einen blauen Samtrock mit weißem Atlasfutter. Nachdem der Schneider um den Preis gefeilscht hatte, wurden wir einig, und ich legte den Rock auf die Seite; er war für den Liebhaber der schönen Base bestimmt. Ich wählte einen zweiten, weniger groß, von schwefelgelbem, geschorenem Samt mit Atlasfutter von derselben Farbe. Diesen bestimmte ich für den jungen Offizier. Ferner nahm ich zwei schöne Hosen von geschorenem Samt und zwei Westen von prachtvollem Seidenstoff.
Hierauf wählte ich zwei herrliche Atlaskleider, das eine feuerfarben, das andere lila; dazu ein drittes von gestreifter Halbseide. Dieses letztere war für die Geliebte des reizenden Offiziers bestimmt. Sodann kaufte ich Batisthemden, zwei für Männer und drei für Frauen, außerdem dazu passende Taschentücher und mehrere halbe Ellen Samt, Atlas und gestreifte Stoffe, alles in verschiedenen Farben.
Ich bezahlte für alle diese Waren zweihundert Dukaten in Gold, aber unter der Bedingung, daß der Händler mir mein Gold wiedergeben und die Waren zurücknehmen müsse, einerlei, in welchem Zustande sie wären, wenn durch seine Schuld bekannt werden sollte, daß ich sie bei ihm gekauft hätte. Diese Bedingung wurde schriftlich niedergelegt, der Händler unterzeichnete, und ich ging mit meinem Gevatter, der den ganzen Packen trug, zu dem Pastetenbäcker.
Als alles in meinem Zimmer war, schloß ich mich mit dem Schneider ein und sagte ihm, ich würde ihm eine Kugel vor den Kopf schießen, wenn er das Unglück haben sollte, zu irgend einem Menschen ein Wort von der ihm übertragenen Arbeit zu sagen. Hierauf breitete ich alle Kleider auf einem Tisch aus und machte mit einem Stilett etwa sechzig Löcher in jedes Kleid. Ebenso behandelte ich die Hosen und die Westen. Ich lachte aus vollem Halse über das klägliche Gesicht, das der Schneider machte, als er mich die herrlichen Sachen auf diese Weise verderben sah. Er glaubte, ich sei verrückt geworden.
Nach dieser Operation, über die ich in Gedanken noch jetzt lache, nahm ich die Seiden- und Samtflicken, die ich gekauft hatte, und sagte zum Schneider: »Hier, mein guter Gevatter, habe ich Euch Arbeit zugeschnitten; Ihr müßt nun alles wieder ausbessern und Eure Gedanken tüchtig anstrengen, damit die Flicken durch den Kontrast der Farben eine schöne Wirkung hervorbringen. Wie Ihr seht, habt Ihr Arbeit genug und dürft keinen Augenblick verlieren. Ich werde meine Befehle erteilen, damit Ihr in einem anderen Zimmer etwas Ordentliches zu essen bekommt; aber Ihr werdet diese Wohnung nicht verlassen, bevor alles fertig ist. Ich werde Eure Frau holen, damit sie mit euch arbeitet, und Ihr könnt bei einander schlafen.«
»Aber um Gotteswillen, gnädiger Herr, wollen Sie denn die Kleider ebenso behandeln wie die Röcke?«
»Genau ebenso.«
»Wie schade! Meine Frau wird bitterlich darüber weinen.«
»Ich werde sie trösten.«
Auf dem Wege zu Zenobia kaufte ich sechs Paar perlgraue, seidene Strümpfe, Herren- und Damenhandschuhe, zwei Hüte vom feinsten Biber, zwei Karikatur-Männermasken und drei Frauenmasken von natürlicher Form, aber mit ernstem Ausdruck. Auch kaufte ich zwei schöne Porzellanteller. Das Ganze brachte ich in einem Tragstuhl zu Zenobia.
Ich fand das reizende Weib dabei, sich anzuziehen. Ihre schönen Haare hingen über ihren Alabasternacken herab, und ihr von einem kleinen Mieder hochgehaltener Busen bot sich meinen Blicken ohne die lästige Hülle eines Halstuches dar. So viele Reize verdienten meine Huldigung; ich brachte sie ihr dar, indem ich sie mit meinen Küssen verschlang. Ich verbrachte eine halbe Stunde bei Zenobia, und mein Leser wird erraten, daß diese Zeit von uns beiden aufs beste angewandt wurde. Nachdem ich hierauf meiner schönen Schneiderin geholfen hatte, sich fertig anzukleiden, ließ ich sie in den Tragstuhl steigen und befahl den Trägern, mir auf dem Fuße zu folgen.
Wir fanden ihren Mann damit beschäftigt, die Flicken auszuwählen und zurecht zu schneiden, die er auf die von mir gemachten Löcher setzen sollte. Zenobia sah sprachlos vor Erstaunen auf die sonderbare Arbeit; als sie mich die Kleider ebenso behandeln sah wie die Röcke, erbleichte sie und trat unwillkürlich einen Schritt zur Seite; sie hatte allen Ernstes Angst, denn da sie von meinen Absichten nichts wußte, so konnte sie wohl annehmen, daß ich in einer augenblicklichen Geistesabwesenheit handelte. Ihr Mann hatte sich inzwischen an den Gedanken gewöhnt; er beruhigte sie, und als sie wußte, worum es sich handelte, begriff sie, daß ich wohl recht haben möchte, obgleich mein Einfall ihr immer noch im höchsten Grade sonderbar erschien.
Die Phantasie einer Frau geht immer weiter als die eines Mannes, wenn es sich um Herzensangelegenheiten, um Leidenschaften und um Vergnügungen handelt. Als Zenobia erfuhr, daß diese Kleider für drei schöne Frauen bestimmt seien und daß diese dadurch nach meinem Wunsche alle Ballbesucher begierig machen sollten, erweiterte sie mehrere der Risse und ordnete diese so an, daß sie zur Liebe reizten, ohne doch allzusehr den Anstand zu verletzen. Die Kleider wurden besondere am Busen, an den Schultern und an den Ärmeln mißhandelt: man sollte das Batisthemd sehen, das Batisthemd selber sollte einige Körperteile unbedeckt lassen und die zerfetzten Falbeln sollten die halben Waden sehen lassen. Als ich zu meiner Freude sah, daß sie mich vollkommen verstanden hatte und daß sie den Geschmack ihres Mannes günstig beeinflussen würde, befahl ich ihnen Eifer und ging. Ich besuchte sie jedoch täglich drei- oder viermal und war jedesmal, wenn ich wieder ging, mit meinem Gedanken und mit ihrer Arbeit immer zufriedener.
Die Arbeit war erst am Sonnabend nachmittag fertig. Ich schickte den Mann fort, indem ich ihm sechs Zechinen gab, und behielt Zenobia; denn diese war nötig, um den drei schönen Bettlerinnen beim Ankleiden zu helfen. Ich stellte auf einen Tisch Pulver, Pomade, Kämme, Nadeln und überhaupt alles, was vornehme Damen wünschen können; ich vergaß auch nicht Bänder und Bindfaden, der bei der Verkleidung gebraucht wurde.
Am nächsten Tage fand ich das Spiel im lebhaften Gang, aber die beiden Basen waren nicht dabei. Ich suchte sie bei ihrer Tante auf, und sie sagten mir, sie spielten nicht, weil Barbaro zu glücklich wäre.
»Sie haben also verloren, meine jungen Damen?«
»Ja, aber mein Bruder gewinnt,« sagte die liebenswürdige Q.
»Ich hoffe, das Glück wird auch Ihnen hold sein.«
»Wir haben kein Glück.«
Nachdem die Tante hinausgegangen war, fragten sie mich, ob der Leutnant mir gesagt hätte, daß sie mit einer ihrer Freundinnen auf den Ball gehen würden.
»Ich weiß alles,« antwortete ich, »und ich hoffe, Sie werden zufrieden sein, jedoch nicht zufriedener als ich, denn ich verspreche mir sehr viel Vergnügen. Ich muß morgen früh mit Ihrem schönen Offizier sprechen.«
»Sagen Sie uns doch, wie wir maskiert sein werden.«
»So, daß Sie sicherlich von keinem Menschen erkannt werden können und daß Sie alle Anwesenden neugierig machen müssen.«
»Aber was werden wir denn anhaben?«
»Was sehr Schönes.«
»Aber was für ein Kostüm werden Sie uns geben?«
»Das ist mein Geheimnis, meine jungen Damen. So gern ich Ihnen auch einen Gefallen tue, so werden Sie doch nichts erfahren, bis Sie sich ankleiden. Fragen Sie mich nicht, denn ich will meine Freude an Ihrer Überraschung haben. Ich liebe Theatereffekte, das ist nun mal eine Leidenschaft von mir. Nach dem Abendessen werden Sie alles erfahren.«
»Wir sollen also zu Abend speisen?«
»Ganz gewiß – wenn es Ihnen Vergnügen macht. Ich bin ein großer Esser, und ich hoffe, Sie werden doch nicht so grausam sein, mich allein essen zu lassen.«
»Natürlich werden wir zu Abend speisen, da wir Ihnen einen Gefallen damit tun können. Ich werde absichtlich wenig zu Mittag essen, damit wir Ihnen die Spitze bieten können.«
»Es tut mir nur leid,« fügte Fräulein von Q. hinzu, »daß Sie so viel Geld ausgeben.«
»Auch das ist eine meiner besonderen Freuden; wenn ich von Mailand fortgehe, werde ich in dem Glück schwelgen, mit den beiden schönsten Damen der Stadt soupiert zu haben.«
»Wie werden Sie vom Glück behandelt?«
»Canano gewinnt mir jeden Abend zweihundert Zechinen ab.«
»Und Sie gewinnen von ihm zweitausend in einer Nacht?«
»Allerdings; indessen bin ich noch im Verlust.«
»Sonntag werden Sie die Bank sprengen. Wir werden Ihnen Glück bringen.«
»Wünschen Sie, daß ich Ihnen dieses Schauspiel biete?«
»Es würde mir eine große Freude sein; mein Bruder hat mir jedoch gesagt, Sie würden nicht mit uns zusammen sein.«
»Allerdings nicht, dies geschieht jedoch nur deshalb, weil man mich erkennen würde. Ihr Bruder hat mir aber gesagt, der Kavalier, der Sie begleiten wird, sehe mir ähnlich.«
»Auffallend ähnlich,« sagte die Base; »nur ist er blond.«
»Da ist er sehr glücklich; denn blonde Herren gewinnen leicht die Gunst brauner Damen.«
»Nicht immer!« sagte die Schwester; »aber sagen Sie uns doch wenigstens, ob wir uns etwa als Männer verkleiden werden?«
»Pfui! Ich würde es mir nicht verzeihen können, auf einen solchen Gedanken verfallen zu sein.«
»Warum?«
»Ich kann es nicht ausstehen, wenn ein hübsches Mädchen als Mann verkleidet ist.«
»Das ist sonderbar; warum denn nicht?«
»Wenn eine als Mann verkleidete junge Frau wirklich eine Täuschung erregt, so stößt sie mich ab; denn dies ist ein Beweis, daß sie nicht die Vollkommenheiten einer schönen Frau besitzt. Die Formen einer solchen müssen viel stärker ausgebildet sein als die eines Mannes.«
»Aber dadurch zeigt ja ein schönes Mädchen Ihnen gerade, daß sie die Vorzüge besitzt, die die Schönheiten eines Weibes ausmachen.«
»Das ist richtig; aber dann nehme ich es ihr übel, daß sie mich aus der Illusion reißt; denn ich liebe es, nur Gesicht und Wuchs zu sehen und das übrige zu erraten.«
»Die Phantasie täuscht aber doch oft.«
»Das gebe ich zu; aber ich verliebe mich immer in das Gesicht, und da dieses mich niemals täuschen kann, so fühle ich mich stets bereit, etwaige Mängel des übrigen Körpers zu verzeihen, wenn ich die Gunst erlange, diesen zu sehen. Sie lachen?«
»Ich lache über den feurigen Eifer, womit Sie Ihre Meinung vorbringen.«
»Wäre es Ihnen angenehm, als Kavalier verkleidet zu sein?«
»O, ich hatte mich darauf gefaßt gemacht; aber nach dem, was Sie soeben gesagt haben, können wir Ihnen nicht mehr antworten.«
»Ich kann einen Teil Ihrer Antwort Ihnen selber sagen: Ihre Verkleidung würde keine Illusionen erregen; weiter sage ich nichts.«
Sie sahen lächelnd einander an, und ihre schönen Gesichter überzogen sich mit einer lebhaften Röte, als sie meine Blicke auf gewissen Hügeln ruhen sahen, die niemals das Attribut meines Geschlechtes sind. Wir brachen das Gespräch ab, und zwei volle Stunden lang erfreute ich mich an ihrem liebenswürdigen, natürlichen und gebildeten Geist.
Nachdem ich die beiden Zauberinnen verlassen hatte, eilte ich zu meinem Pastetenbäcker und hierauf in die Oper, wo ich beinahe zweihundert Zechinen verlor. Dann speiste ich mit meiner Spanierin zu Abend; sie war liebenswürdig und zuvorkommend geworden, verfiel aber bald wieder in ihre frühere schlechte Laune, als sie bemerkte, daß ich mich auf die Formen der Höflichkeit beschränkte und offenbar keine Absichten mehr auf ihr Schlafzimmer hatte.
Am Samstag morgen kam der junge Offizier zu mir. Ich sagte zu ihm, ich hätte für ihn nur einen einzigen Auftrag; diesen müßte er aber buchstäblich ausführen, und ich müßte im voraus sicher sein, daß er dies tun würde. Nachdem er mir versprochen hatte, daß er alles pünktlich erledigen werde, sagte ich folgendes zu ihm: »Sie müssen, Herr Leutnant, einen vierspännigen Wagen beschaffen; sobald Sie alle fünf diesen bestiegen haben, muß er Sie, so schnell die Pferde laufen können, an das Tor der Stadt bringen; hierauf müssen Sie durch ein anderes Tor wieder hineinfahren und vor der Tür des Ihnen bekannten Hauses halten. Dort steigen Sie aus, sagen dem Kutscher, daß er schweigen solle, schicken den Wagen fort und gehen ins Haus. Nach dem Ball werden Sie sich umkleiden und in Tragstühlen sich nach Hause bringen lassen. Auf diese Art werden wir die Neugierigen auf eine falsche Fährte bringen; ich sage Ihnen vorher, es wird deren sehr viele geben.«
Der Offizier antwortete mir: »Mein Freund, der Marchese, wird dies alles besorgen, und er wird es aufs beste machen, das verspreche ich Ihnen, denn er brennt vor Verlangen, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
»Ich erwarte Sie also morgen um sieben Uhr. Sagen Sie Ihrem Freund, die Hauptsache sei, daß kein Mensch den Kutscher kenne, und nehmen Sie keinen Bedienten mit.«
Nachdem dies alles abgemacht war, entschloß ich mich, selber als Pierrot zu erscheinen. Keine andere Maskierung ist eine so gute Verkleidung; denn sie verbirgt nicht nur vollständig alle Formen, sondern verdeckt auch die Farbe der Haut. Mein Leser erinnert sich vielleicht, was mir in diesem Kostüm vor zehn Jahren passiert war. Ich beauftragte den Schneider, mir ein neues Pierrotkostüm zu besorgen, das ich zu den übrigen Anzügen legte. Mit zwei neuen Börsen versehen, deren jede mit fünfhundert Zechinen gefüllt war, begab ich mich am Sonntag vor sieben Uhr zu meinem Pastetenbäcker. Ich fand den Tisch gedeckt und das Essen fertig. Ich schloß Zenobia in das Zimmer ein, das zum Ankleiden für die Damen bestimmt war, und erwartete die fröhliche Gesellschaft. Sie kam fünf Minuten nach sieben.
Ich fand den Marchese entzückt, meine Bekanntschaft zu machen, und empfing ihn nach Gebühr; er war ein vollendeter Kavalier, schön, jung, reich und sehr verliebt in die schöne Base, die er mit großer Achtung behandelte. Die Geliebte des Leutnants war ein wahres Juwel und wahnsinnig in ihren Anbeter verliebt.
Da alle wußten, daß ich ihnen erst nach dem Abendessen ihre Verkleidung bekannt geben wollte, so wurde nicht davon gesprochen, und wir setzten uns zu Tisch. Das Abendessen war ausgezeichnet; ich hatte es nach meinem Geschmack bestellt, das heißt: üppig und lecker. Nachdem wir reichlich gegessen und getrunken hatten, sprach ich: »Da ich nicht mit Ihnen gehen will, so muß ich Ihnen zunächst sagen, welche Rolle Sie spielen sollen. Sie werden fünf Bettler vorstellen, zwei Männer und drei Frauen in Lumpen.«
Ich werdete mich an dem Anblick der langen Gesichter, die sie bei diesen Worten machten.
»Sie werden jeder einen Teller in der Hand halten, um Almosen zu sammeln, und werden alle zusammen im Ballsaal herumgehen und Ihr Bettlergewerbe betreiben. Folgen Sie mir jetzt, um Ihre Lumpen in Besitz zu nehmen.«
Ich bewahrte einen unerschütterlichen Ernst, obwohl ich die größte Lust hatte, laut aufzulachen, als ich den Verdruß und die Enttäuschung bemerkte, die sich auf ihren Zügen malten. Da sie sich keineswegs beeilten, mir zu folgen, so rief ich: »Ich erwarte Sie!«
Sie standen auf, ich öffnete die Tür, und alle waren erstaunt über die Schönheit Zenobias, die vor dem Tische stand, worauf die in Lumpen verwandelten reichen Kleider lagen, und ihnen mit vollendeter Anmut eine Verbeugung machte.
»Meine Damen,« sagte ich zu den beiden Basen, »dies sind Ihre Kleider, und dieses hier, mein gnädiges Fräulein, ist für Sie; es ist ein bißchen kleiner. Hier liegen Ihre Hemden, Ihre Taschentücher und Ihre Strümpfe; auf diesem Ankleidetisch befinden sich alle anderen Gegenstände, deren Sie vielleicht bedürfen können. Hier sind Ihre Masken, deren Züge nicht so frisch sind wie die Ihrigen, und hier drei Teller für die Almosen, die Sie erbetteln werden. Die Strumpfbänder werden von Ihrer Armut zeugen, wenn zufällig jemand sie sehen sollte, und diese durchlöcherten Strümpfe bezeugen, daß Sie nicht so viel Geld haben, um ein bißchen Seide zum Stopfen zu kaufen. Diese Bindfäden werden statt Schnallen dienen, und wir werden einige Löcher in Ihre Schuhe machen, die Sie gütigst als Pantoffeln tragen werden. Die Handschuhe werden ebenfalls einige Löcher bekommen, und da alles im Einklang stehen muß, so werden, sobald Sie Ihre Hemden angezogen haben, die Spitzen, die den Busen einfassen, ebenfalls hier und da zerrissen werden.«
Während ich wohlgefällig dies alles auseinandersetzte, sah ich Überraschung und Bewunderung den Anflug von Verdruß verdrängen, der sich noch unmittelbar vorher auf ihren Zügen gemalt hatte. Sie sahen, wie reich die Verkleidung war, und wagten nicht zu sagen: »Wie schade!«
»Nun zu Ihnen, meine Herren! Hier sind Ihre Bettleranzüge; ich habe vergessen, die zwei Biberhüte zu durchlöchern; aber das wird bald gemacht sein. Wie finden Sie dies alles? –- Und nun, meine Damen, werden wir Sie allein lassen, denn Sie müssen Ihre Hemden wechseln. Kommen Sie, meine Herren!«
Der Marchese war begeistert. Er rief: »Welches Aufsehen werden wir machen! Etwas Prachtvolleres kann man sich ja gar nicht denken!«
Man sah absichtlich zerrissene prachtvolle Kleider, deren Löcher mit großem Geschmack ausgebessert waren: burleske Komik war mit dem größten Reichtum verbunden.
In einer halben Stunde waren wir fertig. Absichtlich durchlöcherte Strümpfe, absichtlich zerrissene Schuhe, absichtlich zerfetzte Manschetten von echten Spitzen, aufgelöste Haare, Masken mit dem Ausdruck der Verzweiflung, absichtlich zerbrochene Teller von schönem Porzellan – dieses alles bidete ein Ganzes, von dessen prunkvollem Elend man sich keinen Begriff machen kann.
Die jungen Damen brauchten ihrer Haare wegen längere Zeit zum Anziehen. Ihre Haare waren in der schönsten Unordnung und wallten aufgelöst über ihre Schultern hernieder. Besonders Fräulein von Q. glänzte vor den beiden anderen; denn ihr Haar reichte bis zu den Waden.
Als sie fertig waren, öffneten sie die Tür, und wir sahen alles, was drei entzückende, schöne junge Mädchen sehen lassen können, um Begierden zu erregen, ohne den Anstand zu verletzen. Ich bewunderte Zenobias Geschicklichkeit. Die zerrissenen Hemden und Kleider ließen Teile von ihren Schultern, ihren Brüsten und ihren Armen sehen, während man durch die Löcher der Strümpfe die weiße Haut ihrer Beine sehen konnte.
Ich zeigte ihnen, wie sie gehen mußten, wie sie die Köpfe zu bewegen hatten, um Mitleid zu erregen, ohne ihrer Anmut zu schaden, und wie sie sich ihrer Taschentücher bedienen mußten, so daß man die Löcher und die Feinheit des Batistes bemerken konnte. Sie waren hoch entzückt und konnten es kaum erwarten, ihre Rollen zu spielen. Ich wollte jedoch vor ihnen auf dem Ball sein, denn ich wünschte mich an dem Anblick ihres Eintritts zu ergötzen. Nachdem ich meine Maske angelegt hatte, forderte ich Zenobia auf, zu Bett zu gehen, da wir nicht vor Tagesanbruch zurückkehren würden. Hierauf ging ich.
Ich trat in den Ballsaal ein, und da mehr als zwanzig Pierrots anwesend waren, so achtete kein Mensch auf mich. Fünf Minuten später sah ich die Menge sich herandrängen, um neu ankommende Masken zu sehen; ich stellte mich so auf, daß ich bequem alles sehen konnte. Der Marchese ging zwischen den beiden Basen. Ihr langsamer, kläglicher Gang paßte ausgezeichnet zu ihrer Rolle. Fräulein von Q. mit ihrem feuerroten Kleid, ihrem prachtvollen Haar und der Schönheit ihrer Formen lenkte alle Blicke auf sich. Die schaulustige, neugierige, erstaunte Menge begann erst eine Viertelstunde nach ihrem Eintritt zu sprechen; dann aber hörte man von allen Seiten: Welche Maskerade! Welche Maskerade! Wer sind sie? Wer können sie sein? Ich weiß es nicht. Ich weiß es auch nicht. Ich werde es gleich erfahren.
Ich freute mich meines Werkes.
Da die Musik zu spielen begann, so traten drei schöne Masken in Dominos auf meine drei Bettlerinnen zu und forderten sie auf, ein Menuett zu tanzen. Sie entschuldigten sich jedoch, indem sie auf ihre Schuhe zeigten, deren Absätze sie niedergetreten hatten. Es freute mich sehr, denn es zeigte mir, daß sie den Geist ihrer Rolle vollkommen begriffen hatten.
Nachdem ich ihnen länger als eine Stunde gefolgt war und mich überzeugt hatte, daß die Neugier der Ballgäste stetig steigen würde, suchte ich Canano auf, bei dem an diesem Abend ein großes Spiel im Gange war. Eine Maske in venetianischer Tracht mit Baute und Mantel spielte auf eine einzige Karte, setzte fünfzig Zechinen, bot Paroli und Paix-de-Paroli, ganz nach meiner Art. Er hatte meine Gestalt und verlor dreihundert Zechinen. Man behauptete, ich sei es; nur Canano versicherte, ich sei es nicht. Um am Spieltisch bleiben zu dürfen, nahm ich Karten und machte wie ein Anfänger Sätze von drei und vier Dukaten. In der nächsten Taille hatte die venetianische Maske eine glückliche Serie: er gewann Paroli und Paix-de-Paroli und ließ noch einmal mit Erfolg stehen. Hierdurch gewann er alles Gold zurück, das er verloren hatte. Als noch eine zweite Taille ihm ebenfalls günstig war, strich er sein Gold ein und ging.
Da sein Stuhl frei blieb, so nahm ich ihn mir. Hierauf sagte eine Dame: »Ich wette, dies ist der Chevalier de Seingalt.«
»Nein,« sagte ein Herr, »ich habe ihn soeben erkannt, er ist als Bettler verkleidet und es sind vier andere Personen bei ihm, die kein Mensch kennt.«
»Als Bettler? Wieso?« fragte Canano.
»Als Bettler, in Lumpen gekleidet wie die vier anderen, trotzdem aber prachtvoll und höchst komisch. Sie sammeln Almosen.«
»Man sollte sie hinausweisen!« sagte ein anderer.
Ich freute mich, daß ich meinen Zweck erreicht hatte, denn es war ja ein Irrtum, daß man mich erkannt zu haben glaubte. Ich begann nun Haufen von Zechinen, ohne sie abzuzählen, auf eine Karte zu setzen und verlor fünf- oder sechsmal hintereinander. Canano beobachtete mich, ich las aber Unsicherheit auf seinen Zügen. Auf allen Seiten flüsterte man sich zu: »Das ist er nicht!« –- »So spielt er nicht!« –- »Außerdem ist er auf dem Ball!« –-
Das Glück wandte sich: in drei glücklichen Taillen gewann ich reichlich zurück, was ich verloren hatte, und ich spielte weiter mit einem Haufen Gold, der vor mir lag. Ich setzte eine große Hand, voll Zechinen auf eine Karte; diese kam zuerst heraus. Ich bot Paroli und Paix-de-Paroli. Ich gewann, und da ich sah, daß die Bank in den letzten Zügen lag, so hörte ich auf. Canano zahlte aus und verlangte tausend Zechinen von seinem Kassierer. Während er die Karten mischte, hörte ich sagen: »Da kommen sie! Da kommen die Bettler!«
Die Bettler kamen und stellten sich an den Tisch. Canano musterte den Marchese und bat ihn um eine Prise. Man stelle sich meine Freude vor, als ich den Marchese ganz bescheiden eine Papierdüte mit Tabak aus der Tasche ziehen und dem Grafen Canano hinreichen sah! Diesen schönen Einfall hatte ich nicht vorausgesehen; er erregte die laute Heiterkeit aller Zuschauer. Fräulein von Q. streckte ihren Teller aus und heischte vom Bankhalter ein Almosen; dieser aber sagte: »Mit so schönen Haaren erregen Sie mir kein Mitleid; wollen Sie sie auf eine Karte setzen, so bin ich bereit, sie für tausend Zechinen gelten zu lassen.«
Sie antwortete auf diese Galanterie nichts, sondern reichte mir ihren Teller hin; ich legte eine Prise Zechinen darauf und gab den beiden anderen dasselbe.
»Pierrot scheint die Bettlerinnen zu lieben!« sagte Canano lachend.
Die drei Bettlerinnen machten mir eine tiefe Verbeugung und entfernten sich.
Marchese Triulzi, der neben Canano saß, sagte zu diesem: »Der Bettler in dem gelben Anzug ist ganz gewiß Casanova.«
»Daran ist nicht zu zweifeln,« sagte Canano; »ich habe ihn sofort erkannt; aber wer sind die anderen?«
»Wir werden es schon erfahren.«
»Es ist die teuerste Maskerade, die man sich denken kann; denn die Kleider sind vollkommen neu.«
Die tausend Zechinen kamen; ich nahm sie ihm in zwei Taillen ab.
»Wollen Sie noch spielen?« fragte Canano mich. Ich verneinte durch ein Zeichen und deutete hierauf mit der Hand an, daß ich eine Anweisung von dem Kassierer wünschte. Dieser nahm eine Wage, wog das ganze Gold und schrieb mir eine Anweisung auf neunundzwanzig Pfund Gold, mehr als zweitausendfünfhundert Zechinen. Ich steckte meine Anweisung ein, schüttelte dem Grafen Canano die Hand und ging mit schlenkerndem Gang, meiner Pierrotrolle gemäß, einmal um den Ballsaal herum. Dann ging ich in eine Loge des dritten Ranges hinauf, zu der ich dem jungen Offizier den Schlüssel gegeben hatte. Dort fand ich alle meine liebenswürdigen Bettler beieinander.
Nachdem wir nun ohne Maske versammelt waren, wünschten wir uns Glück zu unserem Erfolge und erzählten uns unsere Abenteuer. Neugierige brauchten wir nicht zu befürchten, denn die beiden Nebenlogen waren leer. Ich hatte sie gemietet und trug die Schlüssel bei mir.
Die jungen Bettlerinnen wollten mir ihre Almosen wieder geben; ich antwortete ihnen jedoch auf eine Weise, daß sie nicht darauf bestehen konnten.
»Man hält mich für Sie, Herr Chevalier,« sagte der Marchese zu mir, »und dieser Irrtum könnte dazu führen, daß man etwas erriete. Das würde mir unserer liebenswürdigen Bettlerinnen wegen sehr leid tun.«
»Ich werde diesem Unglück vorbeugen, indem ich mich vor dem Schluß des Balles demaskiere. Dadurch müssen alle Vermutungen hinfällig werden und kein Mensch wird die Wahrheit erraten.«
»Wir haben alle Taschen voll von Zuckerwerk,« sagte das reizende Fräulein von Q. zu mir. »Jeder packte unsere Teller voll.«
»Ja,« rief die Base, »alle Welt bewunderte uns; die Damen kamen aus ihren Logen heraus, um uns in der Nähe anzusehen, und überall rief man, man könne nichts Reizenderes sehen, als eine solche Maskerade.«
»Sie haben also viel Vergnügen gehabt?«
»O, sehr viel!«
»Ich auch. Ich bilde mir beinahe etwas darauf ein, ein Kostüm ausgedacht zu haben, das Sie unkenntlich gemacht hat und trotzdem alle Blicke auf Sie lenkte.«
»Sie haben uns alle glücklich gemacht!« sagte der hübsche Schatz des Leutnants; »besonders mich; denn ich hätte niemals auf eine so köstliche Nacht zu hoffen gewagt.«
»Das Ende krönt das Werk, mein gnädiges Fräulein, und ich hoffe, das Ende wird den Anfang noch übertreffen.«
Bei diesen Worten drückte ich meiner Schönen verliebt die Hand; ich weiß nicht, ob sie mich erriet, aber ich fühlte ihre Hand in der meinigen zittern.
»Wir wollen in den Saal gehen,« sagte sie zu mir.
»Ich auch, denn ich habe Lust, zu tanzen, und ich bin sicher, daß ich als Pierrot Sie zum Lachen bringen werde.«
»Wissen Sie, wieviel Sie einer jeden von uns gegeben haben?«
»Genau kann ich es nicht sagen; aber ich bin überzeugt, daß ich Sie alle drei ungefähr gleich behandelt habe.«
»Das stimmt, und wir haben uns sehr darüber gewundert.«
»Ich habe das tausendmal erlebt. Wenn man mir ein Paroli von zehn Zechinen abgewinnt, strecke ich drei Finger aus, und ich bin sicher, dreißig Zechinen zu fassen. Ich möchte wetten, daß ich jeder von Ihnen achtunddreißig bis vierzig gegeben habe.«
»Vierzig; keine mehr oder weniger. Das ist erstaunlich. An diese Maskerade werden wir denken.«
»Ich wette,« sagte der Marchese, »kein Mensch wird sie uns nachmachen.«
»Nein,« sagte die Base; »aber wir selber würden nicht ein zweites Mal so zu erscheinen wagen.«
Wir legten unsere Masken wieder an, und ich ging zuerst hinaus. Nachdem ich mir tausend Ungezogenheiten gegen die Harlekins und besonders gegen die Harlekinen erlaubt hatte, erkannte ich Teresa im Domino und lud sie ganz linkisch zum Kontertanz ein.
»Sie sind der Pierrot, der die Bank gesprengt hat?«
Ich bejahte durch ein Kopfnicken. Dann tanzte ich wie ein Besessener, ohne jemals aus dem Takt zu kommen und ohne die Figuren des Tanzes zu stören; es sah aus, wie wenn ich jeden Augenblick hinfallen würde, und doch fiel ich nie.
Nach dem Kontertanz bot ich ihr meinen Arm und führte sie in ihre Loge, worin Greppi ganz allein saß. Sie bat mich, einzutreten, und die Überraschung des Pärchens war nicht gering, als ich die Maske abnahm. Sie glaubten, ich sei einer von den Bettlern. Ich gab Herrn Greppi Cananos Anweisung, und nachdem er mir Quittung darüber gegeben hatte, ging ich unmaskiert wieder in den Saal, zur großen Überraschung der Neugierigen, die mich ganz sicher in dem Marchese erkannt zu haben glaubten. Gegen Morgen entfernte ich mich in einer Sänfte, die ich zweihundert Schritte weiter vor der Tür eines Logierhauses halten ließ. Ein kleines Stückchen weiter nahm ich einen zweiten Tragstuhl, der mich zu meinem Pastetenbäcker brachte. Ich fand Zenobia im Bett. Sie sagte mir, sie sei überzeugt gewesen, daß ich allein vor den anderen heimkommen werde. Ich kleidete mich aus und lag gar bald an der Seite dieser Venus. Man konnte nichts Vollkommeneres sehen als dieses Weib. Hätte Praxiteles sie als Modell gehabt, so hätte er nicht mehrerer griechischer Schönheiten bedurft, um den Körper seiner Venus zu bilden. Wie schade, daß so reine Formen einem Pavian gehörten! Ich zog sie nackt aus, und nachdem ich sie lange betrachtet hatte, erwies ich ihr die unzweifelhaftesten Huldigungen meiner Bewunderung; ich beglückte sie, und sie zeigte sich nicht undankbar. Es war das erstemal, daß ich sie wirklich ganz und gar in meinem Besitz hatte. Als wir den Trab von vier Pferden hörten, standen wir schnell auf und waren im Handumdrehen angezogen.
Meine liebenswürdigen Bettlerinnen traten ein, und ich sagte ihnen, ich könne beim Umkleiden zugegen sein, da sie ja nicht das Hemd zu wechseln brauchten. Und sie waren denn auch nicht zimperlich.
Bei dieser köstlichen Beschäftigung beschränkte ich jedoch meine Blicke auf Fräulein von Q. Ich bewunderte alle ihre Schönheiten und sah mit Vergnügen, daß sie sich nicht geizig zeigte. Zenobia band ihre Haare auf und wandte sich dann zu den beiden anderen, um diesen zu helfen. Ich erbot mich, sie zu ersetzen, und sie erlaubte mir, ihr beim Anziehen des Kleides zu helfen. Sie verhinderte nicht, daß meine Augen durch einen großen Riß drangen, der mir erlaubte, die eine der beiden Halbkugeln, die ihren herrlichen Busen zierten, beinahe ganz zu sehen.
»Was wollen Sie mit diesem Hemde machen, mein Fräulein?«
»Sie werden über die Kinderei lachen! Wir haben beschlossen, zur Erinnerung an den schönen Abend, den wir Ihnen verdanken, alle diese Sachen wie eine Reliquie aufzubewahren. Überlassen Sie bitte meinem Bruder die Mühe, die Sachen zu uns schaffen zu lassen. Wir wollen jetzt zu Bett gehen, werden Sie uns heute Abend besuchen?«
»Wenn ich vernünftig wäre, müßte ich Ihre Gegenwart vermeiden.«
»Wenn ich selber vernünftig wäre, dürfte ich Sie nicht einladen, zu uns zu kommen.«
»Was für eine Antwort! Natürlich werden Sie mich sehen; aber darf ich, bevor wir uns trennen, einen Kuß von Ihnen erbitten?«
»Zwei.«
Ihr Bruder und der Marchese entfernten sich. Zwei Tragstühle, die ich vor die Tür bestellt hatte, brachten die beiden Basen nach Hause. Zwei andere, die ein bißchen später kamen, dienten dem Leutnant und seiner Freundin.
Der Marchese, der bei mir geblieben war, sagte mir mit der größten Höflichkeit, er wünsche mir die Hälfte meiner Auslagen zu erstatten.
»Ich habe mir wohl gedacht, daß Sie mich demütigen würden.«
»Das ist nicht meine Absicht; ich bestehe daher nicht auf meinem Wunsche, aber Sie begreifen wohl, daß ich dann der Gedemütigte bin.«
»Nein; denn ich rechne auf Ihren Geist. Wie Sie sehen, kostet das Geld mir nichts, übrigens gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Sie auf allen Vergnügungspartien, bei denen wir uns während des Karnevals noch treffen könnten, für mich werde bezahlen lassen. Wir können hier soupieren, so oft es Ihnen beliebt; ich bin hier zu Hause. Sie geben die Gesellschaft, und ich werde Sie die Rechnung bezahlen lassen.«
»Ausgezeichnet! Diese Anordnung gefällt mir. Lassen Sie uns gute Freunde sein. Ich lasse Sie mit dieser reizenden Kammerzofe allein, und ich begreife nicht, daß eine solche Schönheit ungekannt von aller Welt, ausgenommen von Ihnen, in Mailand hat leben können.«
»Sie ist eine Bürgersfiau, die ein Geheimnis zu bewahren weiß. Habe ich recht, Signora?«
»Ich würde lieber sterben, als irgend einem Menschen sagen, daß der Herr der Marchese F. ist.«
»Vortrefflich, meine reizende und schöne Signora; halten Sie stets Ihr Wort und nehmen Sie, bitte, dieses kleine Andenken an.«
Es war ein schöner Ring. Zenobia nahm ihn mit reizendem Anstand an; er mochte etwa fünfzig Zechinen wert sein.
Als der Marchese fort war, kleidete Zenobia mich für die Nacht an. Ich legte mich zu Bett, nachdem ich ihr vierundzwanzig Zechinen gegeben und sie umarmt hatte; dann sagte ich ihr, sie könne nach Hause gehen, um ihren Mann zu trösten.
»Er ist nicht unruhig,« sagte sie; »denn er ist Philosoph.«
»Das muß er allerdings sein, da er eine so schöne Frau hat. Gib mir noch einen Kuß, Zenobia, und dann wollen wir scheiden.«
Sie warf sich auf mich, bedeckte mich mit Küssen und nannte mich ihr Glück und ihre Vorsehung. Ihre heißen Küsse brachten die natürliche Wirkung hervor, und nachdem ich ihr einen neuen Beweis von der Macht ihrer Reize gegeben hatte, ging sie fort, und ich schlief ein.
Es war zwei Uhr, als ich mit einem Wolfshunger erwachte. Ich aß ausgezeichnet zu Mittag und kleidete mich dann an, um die schöne Marchesina Q. zu besuchen, die ich, nach dem, was sie mir gesagt hatte, kaum spröde finden konnte. Alle Anwesenden außer ihr saßen am Spieltisch. Sie stand an einer Fensterbrüstung und schien so aufmerksam zu lesen, daß sie mich nicht bemerkte; sobald sie mich aber gesehen hatte, wurde sie rot, klappte ihr Buch zu und steckte es in die Tasche.
»O, ich bin nicht schwatzhaft, mein gnädiges Fräulein; ich werde keinem Menschen sagen, daß ich Sie dabei überrascht habe, wie Sie in einem Gebetbuch lasen.«
»Das freut mich; denn es wäre um meinen guten Ruf geschehen, wenn man wüßte, daß ich fromm bin.«
»Hat man von der Maskerade gesprochen? Weiß man, wer die Masken waren?«
»Man spricht von nichts anderem und bedauert uns, daß wir nicht auf dem Ball gewesen seien; aber man hat die Hoffnung aufgegeben, zu erfahren, wer die Masken waren; denn man sagt, eine unbekannte Kutsche mit vier Pferden habe sie blitzgeschwind nach der zehnten Poststation gebracht, von wo sie Gott weiß welchen Weg eingeschlagen haben. Man sagt auch, meine Haare seien falsch gewesen; ich habe wirklich Lust bekommen, ihnen das Gegenteil zu beweisen. Ferner sagt man, Sie müßten die Masken kennen, denn sonst hätten Sie ihnen nicht ganze Hände voll Dukaten gegeben.«
»Man muß die Leute reden und glauben lassen, was sie wollen; die Hauptsache ist, daß man sich selber nicht verrät.«
»Da haben Sie recht; aber soviel ist wahr: wir haben ein sehr großes Vergnügen gehabt. Wenn Sie alle Aufträge, die man Ihnen gibt, ebenso erledigen, sind Sie einzig in Ihrer Art.«
»Aber ich hätte einen solchen Auftrag nur von Ihnen selber in Empfang nehmen können.«
»Heute von mir, morgen von einer anderen.«
»Ich sehe. Sie halten mich für unbeständig, aber ich schwöre Ihnen, wenn Sie mich Ihres Herzens würdig fänden, würde Ihr Bild unauslöschlich in meinem Herzen bleiben.«
»Ich bin überzeugt, das haben Sie tausend Mädchen gesagt; ich bin ferner überzeugt, Sie haben sie verachtet, nachdem Sie sie Ihres Herzens würdig gefunden haben.«
»Ich bitte Sie, brauchen Sie doch nicht das Wort ›verachtet‹; denn dann müßte ich ja glauben, Sie halten mich für ein Ungeheuer. Die Schönheit verführt mich, ich strebe sie zu besitzen, und ich verachte sie, wenn es nicht Liebe ist, die mir ihren Genuß verschafft. Aber wie wäre es mir möglich, ihr keinen ehrfurchtsvollen Kultus zu weihen, wenn sie sich mir aus Liebe hingibt? Da müßte ich mich ja vor allen Dingen selber verachten. Sie sind schön und ich bete Sie an; aber Sie würden sich sehr täuschen, wenn Sie glauben könnten, ich wäre damit zufrieden, daß Sie sich mir aus Gefälligkeit hingäben.«
»Ich sehe, Sie verlangen mein Herz.«
»Ganz recht; nach Ihrem Herzen strebe ich.«
»Um mich in vierzehn Tagen unglücklich zu machen.«
»Um Sie bis in den Tod zu lieben und alle Ihre Wünsche zu erfüllen.«
»Alle meine Wünsche?«
»Ja, sie wären für mich unverletzliche Gesetze.«
»Sie würden sich in Mailand niederlassen?«
»Ganz gewiß, wenn Sie mich unter dieser Bedingung glücklich machten.«
»Spaßhaft ist es bei alledem, daß Sie mich betrügen, ohne es selber zu wissen, wenn es wahr ist, daß Sie mich lieben.«
»Jemanden betrügen, ohne es selber zu wissen, –- das ist für mich etwas Neues. Wenn ich es nicht weiß, so bin ich unschuldig.«
»Unschuldig – meinetwegen. Aber Sie täuschen nicht minder auch mich. Denn es wird nicht in Ihrer Macht stehen, mich noch zu lieben, wenn die Liebe zu mir in Ihnen erloschen ist.«
»Das wäre allerdings möglich; aber ich weise einen so abscheulichen Gedanken weit von mir! Lieber will ich glauben, daß ich in alle Ewigkeit in Sie verliebt sein werde. So viel ist sicher: seitdem ich in Mailand bin, habe ich dort nicht ein einziges Frauengesicht gefunden, das mir gefallen hätte.«
»Auch nicht das reizende junge Weib, das uns bedient hat, das Sie vielleicht bis vor wenigen Augenblicken in Ihren Armen gehalten haben?«
»Was sagen Sie da, göttliche Marchesa! Sie ist die Frau des Schneiders, der unsere Kleider gemacht hat. Sie ist gleich nach Ihnen fortgegangen, und ihr Mann würde sie nicht bei mir gelassen haben, wenn er nicht gewußt hätte, daß ich sie brauchte, um die drei Damen zu bedienen, für die er die Kleider gemacht hatte.«
»Sie ist bildhübsch. Ist es möglich, daß Sie sie nicht lieben?«
»Wie kann man eine Frau lieben, wenn man weiß, daß ein Pavian sich mit ihr vergnügt, so oft er Lust hat? Das einzige Vergnügen, das die Frau mir heute früh gemacht hat, bestand darin, daß sie mit mir über Sie sprach.«
»über mich?«
»Ja. Werden Sie mir verzeihen, wenn ich Ihnen gestehe, daß ich in meiner Neugierde sie gefragt habe, welche der drei jungen Damen, die sie doch ohne Hemd gesehen haben müßte, die schönste wäre?«
»Solche Frage kann nur ein Wüstling stellen. Nun? Was hat sie Ihnen geantwortet?«
»Die Dame, die die schönen Haare hat, sei überhaupt in jeder Beziehung schön.«
»Das glaube ich nicht; denn ich habe gelernt, anständig das Hemd zu wechseln, und sie kann wohl kaum mehr gesehen haben, als was ich auch einen Mann ohne Gefahr hätte sehen lassen können. Sie hat Ihrer indiskreten Neugier schmeicheln wollen. Wenn ich eine Kammerzofe hätte wie diese, würde ich sie sofort entlassen.«
»Sie sind ärgerlich.«
»Nein.«
»Wenn Sie auch nein sagen –- ich habe bei dieser flüchtigen Aufwallung Ihre Seele erkannt. Ich bin in Verzweiflung, Ihnen diese Worte gesagt zu haben.«
»Ei was; das ist nichts. Ich weiß, die Männer fragen Kammerzofen immer nach solchen Sachen, und diese antworten ihnen stets wie Ihre Schöne, die vielleicht nur gerne Ihre Neugier auf sie selber lenken möchte.«
»Aber wie sollte sie wohl hoffen, das ihr dies gelingen könnte, indem sie Ihre Schönheiten auf Kosten der beiden anderen pries? Sie konnte ja doch nicht wissen, daß ich Sie vorziehe.«
»Wenn sie das nicht weiß, so habe ich unrecht; aber trotzdem hat sie gelogen.«
»Sie kann vielleicht etwas erfunden haben, aber ich glaube nicht, daß sie gelogen hat. Sie lachen! Das entzückt mich.«
»Ich lache, weil es mir Vergnügen macht, Sie glauben zu lassen, was Sie wollen.«
»Sie erlauben mir also, zu glauben, daß Sie mich nicht hassen?«
»Sie hassen? Was für ein häßliches Wort! Wenn ich Sie haßte, würde ich Sie dann noch sehen? Aber sprechen wir jetzt von etwas anderem. Ich möchte Sie bitten, mir ein Vergnügen zu erweisen. Hier sind zwei Zechinen. Setzen Sie sie in der Lotterie auf eine Ambe; geben Sie mir den Zettel, wenn Sie Ihren nächsten Besuch machen, oder schicken Sie ihn mir zu. Aber lassen Sie nur ja keinen Menschen etwas davon erfahren.«
»Sie sollen ihn morgen ganz bestimmt erhalten; aber warum befehlen Sie mir, Ihnen den Zettel zu schicken?«
»Weil Sie vielleicht nicht kämen, wenn Sie sich mit mir langweilen.«
»Sagen Sie offen, mein Fräulein, macht es den Eindruck, wie wenn ich mich in Ihrer Gesellschaft langweile? Da bin ich recht unglücklich! Wie heißen Ihre Nummern?«
»Die drei und die vierzig, sie selber haben Sie mir gegeben.«
»Ich? Wieso denn?«
»Drei Prisen Zechinen und jedesmal vierzig. Ich bin abergläubisch; Sie werden mich deshalb aufziehen, aber es kommt mir wirklich so vor, als ob Sie nur nach Mailand gekommen seien, um mich glücklich zu machen.«
»Sie schenken mir das Leben wieder! Ihre Worte erfüllen mich mit inniger Freude. Sie sagen, Sie seien abergläubisch; aber wenn Sie diese Ambe nicht gewinnen, so ziehen Sie daraus nur ja nicht die Folgerung, daß ich Sie nicht liebe: das wäre ein haarsträubender Sophismus.«
»Mein Aberglaube geht nicht so weit; so unvernünftig denke ich nicht.«
»Glauben Sie, daß ich Sie liebe?«
»Ja.«
»Erlauben Sie mir, Ihnen das hundertmal zu sagen?«
»Ja.«
»Und es Ihnen auf alle Arten zu beweisen?«
»Die Arten will ich vorher kennen; denn es wäre möglich, daß diejenigen, die Sie für die wirksamsten halten, mir sehr überflüssig erscheinen.«
»Ich sehe voraus, Sie werden mich lange schmachten lassen.«
»So lange, wie ich kann.«
»Und wenn Sie nicht mehr können?«
»So werde ich mich ergeben. Sind Sie damit zufrieden?«
»Ja, gewiß; aber ich werde alle meine Kraft aufbieten, um Ihren Widerstand zu vermindern.«
»Tun Sie das nur. Ihre Bemühungen werden mir angenehm sein.«
»Werden Sie mir helfen, zum Ziele zu gelangen?«
»Vielleicht.«
»Ach, reizende Marchesina, Sie brauchen nur zu sprechen, um einen Menschen glücklich zu machen. Ich bin wirklich glücklich, und ich verlasse Sie, in heißer Liebe entbrannt.«
Nach dieser reizenden Plauderei ging ich ins Theater und besuchte hierauf den Spieltisch, wo ich die Maske sah, die am Abend vorher dreihundert Zechinen gewonnen hatte.
Er spielte sehr unglücklich, denn er hatte in Marken bereits mehr als zweitausend Zechinen verloren. In weniger als einer Stunde verlor er noch das doppelte dazu; dann sagte Canano: »Jetzt ist es genug!« und legte die Karten hin. Er stand auf, und die Maske entfernte sich. Es war ein Genueser, namens Spinola.
»Sie haben eine glückliche Bank gehabt,« sagte ich zu Canano.
»Ja; aber mit Ihnen habe ich schlechte Geschäfte gemacht. Pierrot ist glücklich gewesen.«
»Na, wenn ich gewettet hätte, würden Sie verloren haben, denn Sie haben mich in dem Pierrotkostüm nicht erkannt.«
»Allerdings nicht; ich war auf den einen Bettler versessen, den ich für Sie hielt. Sie wissen doch, wer er ist?«
»Nicht im geringsten. Ich hatte ihn nie zuvor gesehen.«
Dies war keine Lüge von mir.
»Man sagt, es seien lauter Venetianer, und sie seien von hier nach Bergamo gefahren.«
»Das kann wohl sein; aber ich weiß nichts davon. Ich hatte den Ball bereits verlassen, als sie gingen.«
Am Abend speiste ich mit der Gräfin A. B., ihrem Gatten und Triulzi. Sie waren derselben Meinung wie Canano. Triulzi sagte zu mir, ich hätte mich verraten, indem ich den Bettlerinnen ganze Hände voll Zechinen gegeben hätte.
»Da irrt man sich,« antwortete ich; »man kennt mich nicht. –- Ich bin abergläubisch beim Spiel und würde glauben, daß ich verlieren müßte, wenn ich nicht denen, die mich darum bitten, ein paar Dukaten gebe; vorausgesetzt natürlich, daß ich im Gewinn bin. Ich habe dreißig Pfund Gold gewonnen und lasse die Narren schwätzen.«
Am nächsten Tage kaufte ich einen Lotteriezettel und brachte ihn meiner schönen Marchesa. Ich war vollständig in sie verliebt, weil alles mir sagte, daß sie mich liebte. Auch ihre Base spielte an diesem Tage nicht, und ich verbrachte drei Stunden mit ihnen, von nichts als Liebe sprechend. Ich fand in ihren Bemerkungen einen unbeschreiblichen Zauber, denn sie hatten unendlich viel Geist. Als ich sie verließ, fühlte ich, daß ich, wenn der Zufall mich mit der Base statt mit Fräulein von Q. zusammengebracht hätte, mich in die erstere ebenso verliebt haben würde. Der Karneval dauert in Mailand vier Tage länger als an allen anderen Orten, wodurch die Fastenzeit um eine halbe Woche abgekürzt wird. Er näherte sich seinem Ende. Es sollten noch drei Bälle stattfinden. Ich spielte und verlor jeden Tag zwei- oder dreihundert Zechinen. Alle Welt wunderte sich noch mehr über meine Bedachtsamkeit als über mein Unglück. Jeden Tag ging ich zu den schönen Basen und redete mit ihnen von meiner Liebe; aber ich kam nicht weiter: es gab nur Hoffnungen, aber nichts Gewisses. Die schöne Marchesina bewilligte mir ein paar Küsse; diese sind eine Kost für Rekonvaleszenten: es ist weder Saft noch Kraft darin. Ich brauchte Besseres. Allerdings hatte ich mich noch nicht erkühnt, sie um ein Stelldichein zu bitten. Ich mußte dies aber doch schließlich tun; denn wenn ich bei meiner respektvollen Zurückhaltung verblieb, lief ich Gefahr, an Entkräftung zu sterben. Daher fragte ich sie drei Tage vor dem Ball, ob ich hoffen könnte, sie mit ihren beiden Freundinnen, ihrem Bruder und dem Marchese zum Abendessen einladen zu dürfen.
»Mein Bruder«, antwortete sie mir, »wird Sie morgen aufsuchen, um mit Ihnen das Nötige zu verabreden.«
Dies war ein gutes Zeichen. Der Leutnant kam wirklich. Ich hatte gerade die herausgekommene Lotterienummer erhalten, und man denke sich meine Freude, als ich die drei und die vierzig sah. Ich war himmelhoch erfreut über diesen Erfolg! Dem jungen Marchese sagte ich nichts, weil seine Schwester mir dies verboten hatte; aber ich sah voraus, daß diese Fügung des Zufalls meiner Liebe günstig sein würde.
»Marchese F.«, sagte der liebenswürdige Botschafter zu mir, »ladet Sie nebst der ganzen Bettlergesellschaft für den Ballabend zum Abendessen in Ihrer Wohnung ein; da er uns jedoch eine Überraschung bereiten will, so bedarf er Ihrer Wohnung, um die Maskenkleider anfertigen zu lassen. Da er sicher sein möchte, daß die Sache geheim bleibt, bittet er Sie auch, dieselbe Kammerfrau zu bestellen, die Sie neulich hatten.«
»Gern, sehr gern, mein junger Freund! Sagen Sie dem liebenswürdigen Marchese, ihm stehe alles zu Diensten.«
»Sorgen Sie dafür, daß das Mädchen heute um drei Uhr dort ist, und sagen Sie dem Pastetenbäcker Bescheid, daß Sie dem Marchese freie Verfügung gegeben haben.«
»Alles soll nach den Wünschen Ihres Freundes geschehen.«
Es war mir nicht schwer, zu erraten, daß der Marchese Lust hatte, Zenobia zu besitzen; aber ich fand dies so natürlich, daß ich mich durchaus nicht darüber ärgerte, sondern im Gegenteil geneigt war, seine zärtlichen Gefühle zu begünstigen. »Leben und leben lassen« war stets mein Wahlspruch und wird bis zu meinem Tode mein Wahlspruch sein, obgleich augenblicklich unglücklicherweise der Genuß für mich nur noch in meinen Erinnerungen besteht.
Sobald ich mich angezogen hatte, ging ich aus; ich sagte dem Pastetenbäcker Bescheid und ging dann zu dem Schneider, der sich sehr freute, daß ich seiner Frau Arbeit verschaffte. Er wußte aus Erfahrung, daß seiner Kasse ihre Abwesenheiten gut zustatten kamen.
»Ihrer selbst bedarf ich nicht,« sagte ich zu ihm, »weil es sich nur um Frauenkleider handelt; ich habe nur meine Gevatterin nötig.«
»Punkt drei werde ich ihr für drei Tage Urlaub geben.«
Nachdem ich zu Mittag gegessen hatte, machte ich mich auf den gewohnten Weg; ich fand meine liebenswürdige Marchesina Q. überglücklich. Ihre Ambe hatte ihr fünfhundert Zechinen eingebracht.
»Dies macht Sie glücklich?« fragte ich sie.
»Es macht mir Vergnügen; aber obwohl ich nicht reich bin, so freue ich mich doch nicht über den Gewinn, sondern über den herrlichen Einfall, den ich mir zu eigen machte; das Vergnügen, das ich empfinde, beruht in dem Gedanken, daß ich dieses Glück Ihnen verdanke. Diese Fügung des Zufalls spricht gebieterisch zu Ihren Gunsten.«
»Was sagt sie Ihnen?«
»Sie sagt mir: Sie verdienen, daß ich Sie liebe.«
»Sagt sie Ihnen auch, daß Sie mich wirklich lieben?«
»Nein; dies sagt mir mein Herz.«
»Sie machen mich überglücklich; aber sagt Ihr Herz Ihnen auch, daß Sie es mir beweisen müssen?«
»Lieber Freund! Können Sie daran zweifeln?«
Mit diesen Worten streckte sie mir ihre Hand hin. Es war das erste Mal. Ich preßte meine Lippen darauf.
»Anfangs«, sagte sie, »dachte ich daran, die ganzen vierzig Zechinen auf die Ambe zu setzen.«
»Hatten Sie nicht den Mut dazu?«
»Das war es nicht; ich schämte mich. Ich fürchtete, Sie möchten etwas denken, was Sie mir gewiß nicht gesagt haben würden. Ich fürchtete nämlich, wenn ich Ihnen die vierzig Zechinen gäbe, um sie für mich in die Lotterie zu stecken, könnten Sie sich vielleicht einbilden, ich wollte Ihnen dadurch andeuten, daß ich dies Geschenk verachtete. Dies hätte Ihnen eine schlechte Meinung von mir gegeben; aber wenn Sie mir zugeredet hätten, wäre ich sofort bereit gewesen.«
»Ich bin in Verzweiflung, nicht daran gedacht zu haben. Sie würden jetzt zehntausend Zechinen besitzen, und dies würde mich glücklich machen.«
»Sprechen wir nicht mehr davon.«
»Wie Ihr Bruder mir gesagt hat, werden wir unter der Leitung des Marchese den Maskenball besuchen. Sie können sich wohl denken, wie sehr mich die Aussicht freut, daß ich eine ganze Nacht mit Ihnen verbringen werde. Nur eins beunruhigt mich.«
»Was denn?«
»Ich fürchte, es wird nicht so gut gehen, wie das erste Mal.«
»Seien Sie unbesorgt: der Marchese ist ein sehr kluger Mann. Er liebt meine Schwester ebenso wie seine eigene Ehre. Ganz gewiß wird man uns nicht erkennen.«
»Er kann nichts Besseres tun, als es ebenso zu machen wie Sie.«
Am Abend des Balles ging ich schon sehr früh zu meinem Pastetenbäcker, wo ich den Marchese fand. Er war sehr befriedigt, daß alles nach seinem Wunsche ging. Das Zimmer mit den Maskenanzügen war verschlossen. Ich fragte ihn mit zweideutiger Betonung, ob er mit Zenobia zufrieden gewesen sei.
»Ich kann nur mit ihrer Arbeit zufrieden sein,« antwortete er mir, »denn ich habe weiter nichts von ihr verlangt.«
»Ich will dies gerne glauben; aber ich befürchte, Ihre schöne Freundin wird in dieser Hinsicht nicht eben so leichtgläubig sein.«
»Sie weiß, daß ich nur sie lieben kann.«
»Sprechen wir nicht mehr davon.«
Nachdem die Gäste gekommen waren, sagte der Marchese zu uns, die Verkleidung werde uns in Heiterkeit versetzen und es sei daher zu empfehlen, wenn wir uns vor dem Abendessen umzögen.
Wir folgten ihm in die Kammer, wo wir zwei große Pakete sahen.
»Meine Damen,« sagte er zu den drei Schönen, »dieses Paket ist für Sie. Die Signora wird Sie ankleiden; wir werden dasselbe in einem anderen Zimmer tun.«
Er nahm das größere Paket. Als wir in unserem Zimmer eingeschlossen waren, öffnete er es und gab mir sowie dem Leutnant die für uns bestimmten Sachen, indem er ausrief: »Vorwärts, meine Freunde, beeilen wir uns!«
Wir lachten laut auf, als wir Frauenkleider sahen. Nichts fehlte: Hemden, mit Flitter bestickte Schuhe mit Absätzen, die uns zwei Zoll größer machten, prachtvolle Strumpfbänder und kostbare Nachthäubchen, um uns die Mühe des Frisierens zu ersparen; die herrlichen Spitzen, mit denen sie benäht waren, fielen uns über die Augen. Ich war überrascht, daß die Schuhe, die er für mich bestimmt hatte, mir wie angegossen paßten; wie ich jedoch später erfuhr, hatte ich denselben Schuster wie er. Mieder, Unterröcke, Kleid, Busentuch, Fächer, Arbeitstasche, Schminkdöschen, Masken, Handschuhe – alles war von tadelloser Beschaffenheit. Wir halfen uns gegenseitig die Hauben aufsetzen; als wir jedoch angezogen waren, sahen wir aus wie Vogelscheuchen, mit Ausnahme des jungen Offiziers, den man wohl für eine sehr hübsche Frau hätte halten können; denn ein falscher Busen und ein cul de Paris ersetzten die Schönheiten, die er als Mann nicht haben konnte.
Ohne uns verabredet zu haben, zogen wir alle drei keine Hosen an.
»Ihre schönen Strumpfbänder«, sagte ich zum Marchese, »zeigen mir, daß Sie die Hosen für überflüssig halten.«
»Der Gedanke ist sehr gut,« sagte er; »leider aber wird es niemandem einfallen, sich von der Sache zu überzeugen, denn zwei Fräuleins von fünf Fuß zehn Zoll werden keine sehr lebhaften Begierden einflößen.«
Ich hatte mir gedacht, daß unsere reizenden Freundinnen als Männer erscheinen würden, und ich hatte mich nicht getäuscht. Da sie vor uns fertig geworden waren, so sahen wir sie beim Eintreten vor dem Kaminfeuer stehen.
Sie sahen wie drei junge Pagen aus, aber ohne deren Unverschämtheit; denn sie fühlten sich in ihrer Kleidung offenbar ein wenig verlegen, obgleich sie so taten, wie wenn sie sich sehr wohl darin befänden.
Wir stellten uns ihnen vor, indem wir die Bescheidenheit des schönen Geschlechts mit einer schamhaften Zurückhaltung nachäfften, die zu unseren Rollen paßte. Sie hielten sich infolgedessen für verpflichtet, das Benehmen von Männern nachzuahmen; ihr Anzug war aber nicht von der Art, wie er für junge Leute paßt, bei denen man ein ehrfurchtsvolles Benehmen gegen Damen voraussetzt. Sie waren als Läufer gekleidet, trugen enge Hosen, kurze, festanliegende Westen, offene Jäckchen, Strumpfbänder mit silbernen Franzen, Tressengürtel und hübsche, silberbestickte Mützen mit vergoldetem Wappen. Ihre Batisthemden waren mit sehr großen Brustkrausen von Alençonspitzen geschmückt. In dieser Kleidung, worin sie notwendigerweise ihre schönen Formen durch einen fast durchsichtigen Schleier zeigten, hätten sie die Sinne eines an allen Gliedern Gelähmten aufregen können; wir aber waren nichts weniger als das. Indessen liebten wir sie zu sehr, um sie scheu zu machen.
Nach den ersten gezierten Redensarten, wie sie bei solchen Gelegenheiten üblich sind, begannen wir auf unsere gewöhnliche Art zu plaudern, bis man das Abendessen auftragen würde. Sie sagten uns: da sie zum erstenmal in ihrem Leben Männerkleidung trügen, so wären sie nicht ohne Furcht wegen der Gefahren, denen sie sich aussetzten, wenn sie auf den Ball zu gehen wagten. »Wenn uns unglücklicherweise jemand erkennen sollte, so wären wir verloren«, rief die Base. Sie hatten recht, unsere Aufgabe erforderte jedoch, sie zu beruhigen, obwohl wir, besonders ich, gerne in unserem kleinen Kreise geblieben wären.
Wir gingen zu Tisch, jeder saß neben seinem Liebchen, und gegen meine Erwartung war die Geliebte des Leutnants die erste, die einen fröhlichen Ton anschlug. Sie glaubte ihre Männerrolle nur richtig spielen zu können, wenn sie sich kühn zeigte; infolgedessen ging sie dem weiblichen Leutnant zu Leibe, der sich wie ein sprödes Mädchen verteidigte. Die beiden Basen schämten sich, weniger tapfer zu sein als ihre Freundin, und erwiesen uns einige Liebkosungen, die schon ziemlich ausgelassen waren. Zenobia, die uns bei Tisch bediente, konnte sich des Lachens nicht enthalten, als meine angebetete Q. ihr vorwarf, sie hätte mein Kleid zu eng über die Brust gemacht. Als sie ihre hübsche Hand ausstreckte, wie wenn sie mir Gewalt antun wollte, gab ich ihr eine leichte Ohrfeige; sie dagegen ergriff mit der Höflichkeit eines reuigen Kavaliers meine Hand und küßte sie, indem sie mich um Verzeihung bat. Ich konnte es kaum noch aushalten!
Als der Marchese sagte, ihn fröre, fragte die Base ihn, ob er seine Hose anhabe. Sie streckte ihre Hand aus, um sich zu vergewissern, zog sie aber sofort errötend zurück. Wir brachen hierauf in ein lautes Gelächter aus, in das sie klugerweise mit einstimmte, indem sie ihre Rolle eines unverzagten Liebhabers mit entzückendem Geist weiterspielte.
Das Abendessen hatte nichts zu wünschen übrig gelassen; es war lecker, abwechslungsvoll und reichlich. Von Liebe und Wein erhitzt, standen wir auf, nachdem wir mehr als zwei Stunden bei Tisch verbracht hatten. Als wir aufstanden, malte sich Traurigkeit auf den Zügen der beiden schönen Basen. Sie wußten nicht, wie sie auf den Ball gehen könnten, wo ihre Kleidung ihnen alle ausgelassenen Masken auf den Hals hetzen müßte. Der Marchese begriff dies ebensogut wie wir und fand ihr Widerstreben sehr natürlich.
»Wir müssen aber doch zu einer Entscheidung kommen,« rief der Leutnant; »entweder fahren wir auf den Ball oder nach Hause.«
»Keins von beiden!« sagte der Marchese; »tanzen wir hier!«
»Wo sind die Geiger?« sagte seine Geliebte. »Heute Nacht sind um alles Gold der Welt keine aufzutreiben.«
»Ei, so behelfen wir uns ohne sie!« rief ich. »Wir machen Punsch, spielen allerlei kleine Spiele, plaudern und sind glücklich; werden wir müde, so schlafen wir. Wir haben drei Betten.«
»Zwei genügen«, sagte die Base.
»Allerdings; aber zuviel des Guten schadet nie.«
Zenobia war zur Frau des Pastetenbackers gegangen, um zu Abend zu essen; sie sollte erst wieder heraufkommen, wenn wir sie riefen.
Nachdem wir zwei Stunden lang allerlei Scherzchen getrieben hatten, die für die Liebe nicht verloren waren, ging die Geliebte des Leutnants, die ein bißchen beschwipst war, in ein anderes Zimmer und warf sich auf das Bett. Ihr Geliebter folgte ihr bald.
Fräulein von Q. befand sich in derselben Lage; sie sagte mir, sie wünsche sich einen Augenblick auszuruhen. Ich führte sie in ein Zimmer, worin sie sich einschließen konnte, und schlug ihr vor, dies zu tun.
»Ich glaube nicht, daß ich mich vor jemandem in acht zu nehmen brauche«, antwortete sie mir.
»Dann lassen wir also den Marchese mit Ihrer liebenswürdigen Base allein; sie können sich ebenfalls ausruhen, und ich werde bei Ihnen Wache halten.«
»Nein, lieber Freund, Sie müssen ebenfalls schlafen.«
Mit diesen Worten ging sie in das Ankleidezimmer, indem sie mich bat, ihr ihren Unterrock zu holen. Als sie wieder eintrat, rief sie: »Ah, ich atme wieder auf. Diese verdammte Hose ist zu eng: sie rieb mich wund.«
Nur mit ihrem Unterrock bekleidet, legte sie sich auf das Bett.
»Wo tat Ihnen denn die abscheuliche Hose weh, liebes Herz?«
»Das mag ich Ihnen nicht sagen, aber mir scheint, dieses Kleidungsstück muß Ihnen doch sehr unbequem sein?«
»Aber, mein Engel, wir sind doch ganz anders gebaut; die Hose kann uns an der Stelle, wo sie Sie gedrückt hat, nicht wund reiben.«
Während ich dies sagte, hielt ich sie an meine Brust gepreßt in den Armen. Ich ließ mich sanft an ihre Seite gleiten. Eine volle Viertelstunde blieben wir so, ohne ein Wort zu sprechen; wir hielten uns umschlungen, und unser Lippen verschmolzen in einem langen Kuß. Um sie ungestört zu lassen, ging ich einen Augenblick in das Ankleidezimmer. Als ich wieder hereinkam, fand ich sie unter der Bettdecke. Sie sagte nur, sie habe sich ausgezogen, um besser schlafen zu können; dann schloß sie die Augen und drehte sich um. Ich begriff, daß die Schäferstunde geschlagen hatte; im Handumdrehen warf ich meine Frauenkleider ab und schlüpfte leise neben sie, denn die ersterbende Scham muß man schonen. Ich umschlang sie mit meinen Armen; bald brachte ein gewisser Druck ihre Sinne in Aufregung, sie wandte sich zu mir und überließ mir den Genuß aller ihrer Reize.
Nach dem ersten Opfer schlug ich eine Abwaschung vor, die notwendig war; denn wenn ich mir auch nicht gerade schmeicheln konnte, das Schloß erbrochen zu haben, so hatte doch das Opfer ehrenvolle Spuren auf dem Altar gelassen. Mein Vorschlag wurde freudig angenommen, und als wir uns gegenseitig diesen Dienst erwiesen hatten, erlaubte sie mir, mich am Anblick aller ihrer Schönheiten zu weiden und diese mit meinen Küssen zu bedecken. Durch meine Liebkosungen ermutigt, nahm sie für sich das Vorrecht der Gleichheit in Anspruch.
»Welch ein Abstand«, rief sie, »zwischen Bild und Wirklichkeit!«
»Aber der Vergleich, mein Engel, fällt wohl zu Gunsten des Bildes aus?«
»Was sagst du da! Kann man der Kunst den Vorzug vor der Natur geben?«
»Die Natur kann doch Unvollkommenheiten haben.«
»Ich weiß nicht, ob an dem, was ich sehe, irgend etwas unvollkommen ist; jedenfalls habe ich niemals etwas Schöneres gesehen.«
Allerdings bot ich ihr in diesem Augenblick das Werkzeug der Liebe in seiner ganzen Schönheit dar und ließ sie seine ganze Macht verspüren. Sie blieb nicht hinter mir zurück, und ich habe selten bei einer Frau mehr Feuer, Schmiegsamkeit und Reziprozität gefunden.
»Wenn wir vernünftig sind,« sagte sie, »so gehen wir auf gar keinen Ball mehr, sondern kehren an diesen Ort zurück, wo so süße Genüsse unser harren.«
Ich küßte liebeglühend den Mund, der mir so bestimmt mein Glück versprach, und überzeugte sie durch meine Entzückungen, daß niemals ein Mann sie glühender lieben könnte als ich. Es kostete mir keine Mühe, sie vom Schlafen abzuhalten; denn ihre schönen Augen machten nicht ein einzigesmal Miene, sich zu schließen. Wir waren beständig in Tätigkeit oder in wonnigen gegenseitigen Betrachtungen, die wir mit verliebten Reden begleiteten. Zuweilen täuschte ich sie, aber nur zu ihrem Vorteil, denn das Temperament eines jungen Weibes ist stets feuriger als das eines jungen Mannes. Wir hörten erst auf, als der Tag zu dämmern begann. Wir brauchten uns nicht voreinander zu verbergen, denn alle hatten in Freuden genossen, und nur eine gegenseitige Bescheidenheit hielt uns ab, uns zu beglückwünschen. Wir sprachen nicht von unserem Glück, aber indem wir schwiegen, leugneten wir es auch nicht.
Als wir angezogen waren, dankte ich dem Marchese und lud ihn, ohne daß von Maskerade die Rede gewesen wäre, für die Nacht des nächsten Balles zum Abendessen ein, wenn es den Damen recht wäre. Der Leutnant sagte in ihrem Namen zu, und seine Geliebte fiel ihm vor Freude um den Hals, dankte ihm und warf ihm zugleich vor, daß er die ganze Nacht geschlafen hatte. Der Marchese sagte, er habe dasselbe getan; ich wiederholte diese Worte wie einen Glaubensartikel, und die Damen umarmten uns, indem sie uns für unser anständiges Verhalten dankten. Wir trennten uns wie das erstemal; nur der Marchese blieb allein bei Zenobia.
Ich begab mich nach Hause und ging sofort zu Bett; da ich erst um drei Uhr aufstand, so fand ich keinen Menschen im Hause. Ich ging also allein zu meinem Pastetenbäcker, um dort zu Mittag zu essen, und fand Zenobia mit ihrem Mann, der sich eingefunden hatte, um sich an den Resten unseres Abendessens gütlich zu tun. Er sagte mir, ich hätte sein Glück gemacht; denn der Marchese hätte seiner Frau vierundzwanzig Zechinen und seine Weiberkleider geschenkt. Ich gab ihr auch die meinigen. Als ich meiner Gevatterin sagte, sie solle mir etwas zu essen besorgen, entfernte sich der Schneider, mit überschwenglichen Versicherungen seiner Dankbarkeit.
Als ich mit der schönen Zenobia allein war, bat ich sie, mir zu sagen, ob sie mit dem Marchese zufrieden gewesen sei.
»Er hat mich reichlich belohnt«, sagte sie, indem sie leicht errötete.
»Mehr will ich nicht wissen, meine liebe Zenobia, denn es ist unmöglich, dich zu sehen, ohne dich zu lieben, und wenn man dich liebt, wünscht man dich zu besitzen.«
»Der Marchese hat nur das nicht bewiesen.«
»Das ist möglich, aber sehr zu verwundern.«
Sobald ich gegessen hatte, eilte ich zu meiner schönen Marchesina, die ich jetzt viel mehr liebte als vor der köstlichen Nacht, die ich mit ihr verbracht hatte; ich konnte es kaum erwarten, sie zu sehen, um zu erfahren, welchen Eindruck sie auf mich machen würde, nachdem sie mich so rückhaltslos beglückt hatte. Ich fand sie noch schöner. Sie empfing mich mit dem Ton und dem Benehmen einer Geliebten, die glücklich ist, ein Recht auf das Herz ihres Geliebten erworben zu haben. Die Schöne sagte mir, sie sei sicher gewesen, daß ich sie besuchen werde; trotz der Anwesenheit ihrer Base empfing und gab sie tausend feurige Küsse, die keinen Zweifel mehr darüber ließen, wie wir uns unter vier Augen beschäftigt hatten. Ich verbrachte mit ihnen fünf Stunden, die mir sehr kurz vorkamen; so sehr verkürzt das Vergnügen die Zeit. Wenn man von Liebe spricht und sich von den eigenen Angelegenheiten unterhält, machen Eigenliebe und Gefühl dieses Thema unerschöpflich. Dieser fünfstündige Besuch am Tage nach der Hochzeit bewies mir, daß ich in meine neue Eroberung heftig verliebt war, und ich mußte zugleich meine schöne Marchesina überzeugen, daß ich ihrer Zärtlichkeit würdig war.
Gräfin A. B. hatte mich brieflich eingeladen, mit ihr, ihrem Gatten und dem Marchese Triulzi zu Abend zu speisen; der Marchese hatte alle Freunde des Hauses eingeladen. Infolgedessen ging ich nicht zu Canano, der seit meinem Siege als Pierrot etwa tausend Zechinen von mir gewonnen hatte. Ich wußte, daß er sich rühmte, mich fest zu haben; ich nahm mir aber im geheimen das Gegenteil vor und womöglich noch etwas Besseres. Beim Abendessen setzte die Spanierin mir heftig zu: ich schlafe außer dem Hause, man sehe mich nur selten. Man gab sich alle Mühe, mir mein Geheimnis zu entreißen; man behauptete, meine Liebesabenteuer zu kennen. Man wußte, daß ich zuweilen bei Teresa mit Greppi speiste; über diesen machte man sich lustig, weil er die geckenhafte Äußerung getan hatte, ich hätte nichts zu bedeuten. Um meine Gedanken besser zu verbergen, sagte ich, er habe vollkommen recht und ich führe das glücklichste Leben.
Am nächsten Morgen besuchte mich Barbaro, der ehrlich war wie alle Falschspieler. Er gab mir meine zweihundert Zechinen mit einer gleichen Summe als Gewinnanteil zurück, und sagte mir, er habe einen kleinen Streit mit dem Leutnant gehabt und werde deshalb nicht mehr spielen. Ich dankte ihm, daß er mich mit der schönen Marchesina bekannt gemacht habe, und sagte ihm, ich sei ganz verliebt in sie und hoffe ihre strenge Tugend noch zu besiegen. Er lächelte, lobte meine Verschwiegenheit und gab mir zu verstehen, daß er sich nicht täuschen lasse. Mir kam es aber nur darauf an, nichts einzugestehen.
Gegen drei Uhr suchte ich das reizende Weib auf; ich verbrachte bei ihr, wie am Tage vorher, fünf höchst angenehme Stunden. Da Barbaro nicht mehr spielte, hatte man der Dienerschaft Befehl gegeben, zu sagen, daß niemand zu Hause sei. Da ich erklärter Liebhaber der schönen Marchesina war, sprach die Base zu mir wie zu einem Freund. Sie bat mich, so lange wie möglich in Mailand zu bleiben; dies würde nicht nur das Glück der Base verlängern, sondern auch ihr eigenes; denn ohne mich würde es ihr unmöglich sein, stundenlang mit ihrem geliebten Marchese zusammen zu sein, der sie niemals ungestört besuchen könnte, so lange sein Vater noch am Leben wäre. Sie glaubte bestimmt, daß sie seine Frau werden würde, sobald der alte Herr im Grabe läge. Ihre Hoffnungen waren eitel; denn der junge Marchese beging bald darauf Torheiten, die ihn zugrunde richteten.
Am nächsten Abend kamen die fünf liebenswürdigen Menschen, statt auf den Ball zu gehen, zum Abendessen zu mir. Nach einem köstlichen Mahle überließen wir uns ohne Umstände den Freuden der Liebe. Es war eine reizende Nacht, doch wurden unsere Freuden durch den traurigen Gedanken gestört, daß mit dem Ende des Karnevals auch die Möglichkeit einer Fortsetzung aufhörte.
Da am Rosenmontag kein Ball stattfand, so spielte ich; da ich nicht ein einzigesmal drei Gewinnkarten traf, so verlor ich alles Gold, das ich bei mir hatte. Ich wäre wie gewöhnlich fortgegangen, wenn nicht eine als Mann verkleidete Frau mir eine Karte gegeben und mich durch Zeichen aufgefordert hätte, auf diese zu setzen. Ich legte sie vor den Bankier und hielt hundert Zechinen auf mein Wort. Ich verlor, und um meine Schuld zurückzugewinnen, verlor ich tausend Zechinen, die ich am nächsten Tage bezahlen ließ.
Als ich hinausgehen wollte, um mich bei meiner schönen Marchesina zu trösten, sah ich die Unglücksmaske in Begleitung eines anderen maskierten Mannes. Dieser trat auf mich zu, gab mir die Hand und bat mich flüsternd, ich möchte ihn um zehn Uhr in den Drei Königen in Nummer soundso aufsuchen, wenn mir die Ehre eines alten Freundes am Herzen läge.
»Wer ist dieser Freund?«
»Ich selber.«
»Wer sind Sie?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Ich bitte Sie, nicht auf mich zu warten; denn wenn Sie mein Freund sind, so kann nichts Sie abhalten, mir Ihren Namen zu nennen.«
Ich ging hinaus, und er folgte mir, indem er mich bat, bis an das Ende der Arkaden zu gehen. Dort nahm er seine Maske ab, und ich sah jenen Croce, dessen meine Leser sich vielleicht noch erinnern.
Ich wußte, daß er aus Mailand verbannt war, und ich begriff seine Gründe, warum er nicht vor anderen Leuten seinen Namen nennen wollte; aber ich wünschte mir Glück, daß ich seine Bitte, ihn in seinem Gasthof aufzusuchen, ihm abgeschlagen hatte.
»Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen«, sagte ich ihm.
»Das glaube ich. Ich bin hierhergekommen, weil ich in dieser Jahreszeit maskiert ausgehen kann. Ich will meine Verwandten zur Herausgabe meines Eigentums nötigen; sie halten mich aber hin, um mir nichts geben zu müssen; denn sie sind überzeugt, daß ich aus Furcht vor dem Erkanntwerden mich entfernen muß, sobald die Fastenzeit angebrochen ist.«
»Aber willst du denn in der Fastenzeit unter allen Umständen abreisen, selbst wenn du das erwartete Geld noch nicht erhalten hast?«
»Ich werde wohl müssen. Da du mich nicht aufsuchen willst, so bitte ich dich, mich zu retten, indem du mir zwanzig Zechinen gibst. Dies wird mich instand setzen, Sonntag früh abzureisen, selbst wenn mein Vetter, der mir zehntausend Lire schuldet, mir den zehnten Teil, um den ich ihn gebeten habe, verweigern sollte. Aber bevor ich abreise, töte ich ihn.«
»Ich habe keinen Soldo, und deine Maske da kostet mir tausend Zechinen; ich weiß noch gar nicht, wovon ich die bezahlen soll.«
»Ich weiß, ich bin ein Unglücklicher, der allen seinen Freunden Unglück bringt. Ich habe ihr gesagt, sie solle dir eine Karte geben, weil ich hoffte, dadurch würde das Glück umschlagen.«
»Ist das Mädchen aus Mailand?«
»Nein, aus Marseille; sie ist die Tochter eines reichen Maklers. Ich habe mich in sie verliebt, habe sie verführt und zu ihrem Unglück auch entführt. Ich hatte damals viel Geld; aber ich Unglücksmensch habe in Genua alles verloren. Ich mußte dort alles verkaufen, was ich hatte, um nach Mailand zu gelangen, wo ich seit acht Tagen bin. Ich bitte dich, gib mir die Mittel, mich durch die Flucht retten zu können.«
Von Mitleid gerührt, kehrte ich um und bat Canano um zwanzig Zechinen, die ich dem Unglücklichen gab, zugleich bat ich ihn, mir zu schreiben.
Dieses Almosen tat mir gut; denn dadurch verschwand meine üble Laune wegen meines Verlustes, und ich konnte bei meiner schönen Marchesa einen köstlichen Abend verbringen.
Am nächsten Tage speisten wir bei mir zu Abend; dann verbrachten wir den Rest der Nacht in den Armen der Liebe. Dies war am Samstag, dem letzten Tage des Mailänder Karneval. Sonntag, den ersten Fastensonntag, verbrachte ich in meinem Bett; denn ich hatte bei der Marchesa meine Kräfte völlig erschöpft und wußte, daß ein langer Schlaf mich wieder herstellen würde.
Am Sonntag Morgen zu sehr früher Stunde überbrachte Clairmont mir einen Brief, den ein Lohndiener abgegeben hatte. Dieser Brief ohne Unterschrift lautete folgendermaßen:
»Mein Herr, haben Sie Mitleid mit dem unglücklichsten Geschöpf unter dem Himmel. Herr de la Croix ist ganz gewiß in Verzweiflung davongegangen. Er hat mich in diesem Gasthof zurückgelassen, wo er nichts bezahlt hat. Mein Gott, was soll aus mir werden! Kommen Sie, mein Herr, ich beschwöre Sie, wäre es auch nur, um mir einen Rat zu geben.«
Ich besann mich einen Augenblick. Es war weder Liebe noch Sinnlichkeit, was mich bewog, dem unglücklichen Mädchen zu Hilfe zu eilen; mich trieb nur ein Gefühl von Menschlichkeit und Tugend. Ich zog meinen Überrock an und eilte in die Drei Könige. In demselben Zimmer, wo ich Irene gesehen hatte, fand ich ein junges, schönes Mädchen mit edelsten und interessantesten Zügen. Ich glaubte auf diesen Schamhaftigkeit, Aufrichtigkeit und leidende Unschuld zu lesen. Als sie mich erblickte, ging sie mir mit bescheidenster Miene entgegen und bat mich um Verzeihung, daß sie es gewagt habe, mich zu belästigen. »Ich bitte Sie, sagen Sie der Frau, die hier im Zimmer steht, auf italienisch, daß sie gehen möge. Seit einer Stunde belästigt sie mich. Ich verstehe ihre Sprache nicht, doch habe ich verstanden, daß sie mir nützlich zu sein wünscht. Ich fühle mich jedoch nicht geneigt, ihre Hilfe anzunehmen.«
»Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie zu diesem Fräulein kommen sollen?« fragte ich das Weib.
»Ein Lohndiener hat mir mitgeteilt, daß eine fremde junge Dame hier ganz allein zurückgeblieben und daß sie sehr zu bedauern sei. Die Menschlichkeit hat mich veranlaßt, sie aufzusuchen, um zu sehen, ob ich ihr irgendwie nützlich sein könnte. Ich freue mich, daß mein guter Wille überflüssig war. Ich kann nun gehen, denn ich lasse sie in guten Händen und wünsche ihr Glück dazu.«
Ich sah, daß das Weib eine Kupplerin war, und antwortete ihr nur durch ein verächtliches Lächeln.
Die arme Verlassene erzählte mir nun in wenigen Worten, was ich bereits wußte; sodann fügte sie noch hinzu: »Croce, der sich de Ste.- Croix nennen ließ, ging mit den zwanzig Zechinen sofort an die Spielbank; dann führte er mich nach dem Gasthof zurück und verbrachte hier in einem Zustande der Verzweiflung den ganzen nächsten Tag, weil er bei Tage nicht auszugehen wagte. Am Abend ging er mit einem maskierten Herrn aus und kehrte erst am nächsten Morgen zurück. Einige Augenblicke darauf hüllte er sich in seinen Mantel und ging aus, indem er mir sagte: wenn er nicht wiederkäme, würde er mir durch Sie Bescheid geben; zugleich gab er mir Ihre Adresse, von der ich mir erlaubte, Gebrauch zu machen. Er ist nicht wiedergekommen«, setzte sie mit einem Seufzer hinzu, »und wenn Sie ihn nicht gesehen haben, bin ich überzeugt, er ist zu Fuß und ohne einen Heller in der Tasche fortgegangen. Der Wirt verlangt Bezahlung. Wenn ich alles verkaufe, kann ich ihn befriedigen, aber großer Gott, was soll dann aus mir werden!«
»Würden Sie es wagen, zü Ihrem Vater zurückzukehren?«
»Ja. Gewiß werde ich dies wagen. Mein Vater wird mir verzeihen, wenn ich auf den Knien und unter Tränen ihm sage, daß ich bereit bin, mich lebendig in einem Kloster zu begraben.«
»Gut! Ich werde Sie selber nach Marseille bringen; einstweilen werde ich Ihnen hier in Mailand ein Zimmer bei anständigen Leuten verschaffen. Bis zur Abreise schließen Sie sich in diesem Zimmer ein und empfangen Sie keinen Menschen; dann werde ich für Sie sorgen.«
Ich rief den Wirt, der nur die sehr unbedeutende Rechnung brachte, und bezahlte, indem ich Befehl gab, man solle Madame alles liefern, was sie bis zu meiner Rückkehr etwa verlangen würde. Das arme Mädchen war stumm vor Überraschung und Dankbarkeit. Ich verließ sie, indem ich sie herzlich grüßte, ohne auch nur ihre Hand zu berühren. Nicht etwa, als ob der Teufel Eremit geworden wäre, aber ich habe stets Ehrfurcht vor dem Unglück gehabt.
Ich hatte bereits an Zenobia gedacht und ging sofort zu ihr. Ich sagte ihr in Gegenwart ihres Mannes, welchen Dienst ich von ihr erhoffte, wenn sie meinem Schützling ein Eckchen geben könnte.
»Ich werde ihr meinen Platz abtreten,« rief der gutmütige Schneider, »wenn sie bei meiner Frau schlafen will. Ich nehme ein kleines Zimmer hier ganz in der Nähe und bleibe dort so lange, wie das Fräulein mich bei Zenobia vertritt.«
»Das ist sehr anständig von Euch, Gevatter; aber Eure Frau wird bei dem Tausch verlieren.«
»Sehr wenig!« sagte Zenobia. Der Schneider lachte laut heraus und sagte: »Wegen des Essens mag sie sich einrichten, wie sie Lust hat.«
»Das ist das leichteste,« sagte ich; »Zenobia wird dafür sorgen, und ich bezahle.«
Ich schrieb dem jungen Mädchen zwei Zeilen, teilte ihr die getroffene Anordnung mit und beauftragte Zenobia, ihr das Briefchen zu bringen. Am nächsten Tage fand ich sie bei den guten Leuten heimisch; sie war zwar schlecht untergebracht, aber zufrieden und entzückend hübsch. Ich fühlte mich ganz vernünftig, aber ich seufzte bei dem Gedanken, wie schwer es mir fallen würde, dies auch auf der Reise zu bleiben.
Ich hatte in Mailand nichts mehr zu tun, aber ich hatte mich dem Grafen gegenüber verpflichtet, vierzehn Tage mit ihm in Sant Angelo zu verbringen. Dies war ein Lehen, das seinem Hause gehörte; es lag fünfzehn Miglien von Mailand, und der liebe Graf sprach mit Begeisterung davon. Ich hätte ihn zu sehr gekränkt, wenn ich abgereist wäre, ohne ihn dorthin zu begleiten. Er hatte einen verheirateten Bruder, der in dem Schloß wohnte, und er sagte mir unaufhörlich, wie sehr dieser Bruder sich freuen würde, meine Bekanntschaft zu machen. Sobald wir wieder in Mailand wären, möchte ich nach meinem Belieben abreisen; er würde mir für meine Gefälligkeit dankbar sein und mir gute Reise wünschen.
Um die Gastfreundschaft des guten Grafen durch diese Gefälligkeit anzuerkennen, stimmte ich ihm zu. Am vierten Tage der Fastenzeit verabschiedete ich mich auf zwei Wochen von Teresa, Greppi, der zärtlichen Marchesa, und wir reisten ab.
Die Gräfin hatte zu meiner großen Freude keine Lust, mitzukommen. Sie blieb viel lieber in Mailand bei Triulzi, der es ihr an nichts fehlen ließ.
In drei Stunden waren wir in Sant Angelo, wo man uns zum Mittagessen erwartet hatte.
- Seite:
- 1
- 2
- 3
- 4
- 5
- 6
- 7
- 8
- 9
- 10
- 11
Die Inhalte dieser Seite sind Eigentum der Öffentlichkeit.
Sollten trotzdem Urheberrechte entgegen unserem Wissen verletzt worden sein, bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen.