Joachim Heinrich Campe
Robinson der Jüngere
22. Abend
eingestellt: 6.6.2007
Vater. Robinson und Freitag mogten kaum eine Stunde geschlafen haben, als der erste durch ein heftiges Gewitter, welches unterdeß entstanden war, plözlich wieder gewekt wurde. Der Sturmwind heulte fürchterlich, und der Donner krachte, daß die Erde davon erbitterte. »Hörst du, Freitag?« fragte Robinson, indem er seinen Schlafkammeraden anstieß.
»Au weh! antwortete dieser; wenn uns das auf dem Meere getroffen hätte!« Er hatte dieses kaum gesagt, als sie auf einmahl einen Knal hörten, der einem fernen Kanonenschusse ähnlich war.
Freitag meinte, es sei der Donner; Robinson hingegen glaubte steif und fest, einen Kanonenschuß gehört zu haben, und gerieth darüber in die freudigste Bestürzung. Er sprang eiligst vom Lager auf, lief nach
der Küche und befahl Freitag, ihm zu folgen. Hier ergrif er einen glühenden Feuerbrand, und kletterte damit die Strikleiter hinauf. Freitag that ein Gleiches, ohne zu wissen, was seines Herrn Absicht sei.
Auf dem Gipfel des Berges machte Robinson in größter Geschwindigkeit ein großes Feuer an, um den Nothleidenden ein Zeichen zu geben, daß sie hier bei ihm einen sichern Zufluchtsort finden könten. Er glaubte
nemlich, daß irgend ein Schif in der Nähe sei, welches in Gefahr wäre, und deswegen einen Nothschuß gethan habe. Aber kaum loderte die Flamme auf, als ein so entsezlicher Regenguß herabstürzte, daß das Feuer augenbliklich wieder ausgelöscht wurde. Robinson und Freitag mußten sich in ihre Höhle retten, um nicht fortgeschwemt zu werden.
Nun wüthete der Sturm, nun rasselte der Plazregen, nun
krachte der Donner mit unbeschreiblicher Heftigkeit. Es erfolgte Schlag auf Schlag, und ohngeachtet Robinson sich einbildete, unter durch von Zeit zu Zeit noch mehr Kanonenschüsse zu hören: so war er doch zulezt selbst zweifelhaft, obs nicht vielleicht blos der Donner gewesen sei? Dem ohngeachtet hing er die ganze Nacht hindurch dem süßen Gedanken nach, daß ein Schif zu seiner Erlösung in der Nähe sei; daß dieses vielleicht der Gefahr, worin
es sich jezt befinde, glüklich entkommen, und ihn, nebst seinem treuen Freitag, nach Europa führen würde. Zehnmahl versucht er, ein neues Feuer anzulegen, aber der unaufhörliche Regen löschte jedesmahl es wieder aus. Es blieb ihm also weiter nichts übrig, als für die Unglüklichen zu beten; und das that er mit der größten Innigkeit.
Gotlieb. Fürchtet er sich denn jezt nicht mehr so vor dem Gewitter, wie er
sonst that?
Vater. Du siehst, daß diese thörichte Furcht ihn jezt auch verlassen haben muß; und woher wohl das?
Johannes. Weil er jezt kein böses Gewissen mehr hat.
Vater. Richtig! und dan auch wohl deswegen, weil er jezt vollkommen überzeugt ist, daß Gott ein Gott der Liebe sei, und daß also denen, die from sind und recht thun, nichts begegnen kan, das nicht am Ende zu ihrem wahren Besten
gereichte. -
Erst mit Anbruch des Tages legte sich das Ungewitter; und Robinson rante, von Freitag begleitet, zwischen Furcht und Hofnung nach dem Strande, um zu sehen, ob er recht gehört habe, oder nicht? Aber das Erste, was sich ihnen daselbst zeigte, war für beide äusserst traurig, besonders für den armen Freitag. Der Sturm hatte nemlich ihren Kahn losgerissen, und in das weite Weltmeer fortgeschleudert. Es war recht
kläglich anzusehen, wie Freitag sich gebehrdete, da er die schöne Hofnung, mit seinem Vater vereinigt zu werden, so auf einmahl zernichtet sahe! Er ward todtenblaß, stand eine Zeitlang ganz sprachlos, die starren Blikke zur Erde geheftet und schien mit seiner ganzen Sele abwesend zu sein. Dan brach er in einen Strom von Tränen aus, rang die Hände, zerschlug sich die Brust, und zerraufte sich das Haar.
Robinson, der durch
eigenes Unglük gelernt hatte, einem Unglüklichen nach zu empfinden, hatte Mitleid mit seinem Jammer, und suchte durch sanfte freundschaftliche Vorstellungen ihn zur Vernunft wieder zurük zu bringen. »Wer weiß, sagt er unter andern zu ihm, wozu es uns gut sein mag, den Kahn verloren zu haben? Wer weiß, was der Sturm, der Schuld daran ist, uns oder andern Menschen für große Vortheile mag gestiftet haben?« - »Schöne Vortheile!
antwortete Freitag in einem etwas bittern Tone; den Kahn hat er uns genommen; das ist alles!« - »Also, erwiederte Robinson, weil du und ich mit unsern kurzsichtigen Augen keine andere Wirkung des Sturms, als die Wegführung des Kahns, wahrnehmen; so glaubst du, daß auch Gott, der Alweise, keine andere Ursache, ihn zuschikken, gehabt habe? Unverständiger, wie kanst du dich erkühnen, die Absichten des großen Gottes beurtheilen zu
wollen!«
»Ja, aber was könt er denn auch wohl für Nuzen für uns gehabt haben?« fragte Freitag. »Must du mich darum fragen? antworte Robinson. Bin ich allwissend, um die Absichten des Weltregenten verstehen zu können? Vermuthen kann ich freilich dies und das: aber wer sagt mir, ob ichs getroffen habe? Vielleicht hatten auf unserer Insel sich so viele ungesunde Dünste gesammelt, daß ein Sturmwind
nöthig war, um sie zu zerstreuen, wenn wir beide nicht krank werden, oder sterben solten! Vielleicht hätte der Kahn, wär er geblieben, uns ins Verderben geführt! Vielleicht - Doch wozu alle diese vielleichts, da es uns genug sein muß, zu wissen, daß Gott es sei, der dem Sturmwinde gebietet, und daß dieser Gott ein weiser, und gütiger Vater aller seiner Geschöpfe sei?«
Freitag ging in sich; er
bereuete seinen Unverstand, und ergab sich in den Willen der Vorsehung. Robinsons Blikke irreten unterdeß auf der weiten Fläche des Ozeans herum, ob er nicht vielleicht irgend wo ein Schif wahrnehmen mögte? Aber umsonst! Es war nirgends eins zu sehen. Er sahe also, daß er sich geirret haben müsse, und daß der gehörte wiederholte Knal, dem er für Kanonenschüsse gehalten hatte, nichts anders, als der Donner, könne gewesen sein.
Traurig über die Vereitelung einer so lieben Hofnung, ging er wieder zu Hause.
Aber zu Hause hatt er nicht Ruhe, nicht Rast, weil ihm immer ein Schif vor den Augen stand, das bei seiner Insel vor Anker lag. Er kletterte also wieder auf den Berg, von wannen er die westliche Küste übersehen konte. aber auch von da aus kont er nicht entdekken, was der süße Traum ihm vorgespiegelt hatte. Auch damit noch nicht zufrieden, und noch immer unruhig,
rant er nach einem andern Berge, der viel höher, als dieser, war, um von da nach der östlichen Küste der Insel hinzusehen. In einem Hui! hatt er ihn erstiegen; und da er nun oben war, und nach der Morgenseite hinblikte - Himmel! welch freudiges Erschrekken bemächtigte sich da plözlich seiner ganzen Sele, als er sahe - daß er sich doch nicht betrogen habe!
Alle. Oh!
Vater. Er sahe ein Schif, und zwar, der weiten Entfernung
ungeachtet, so deutlich, daß er gar nicht zweifeln konte, es sei wirklich eins, und noch dazu ein recht großes. Ueberhebet mich, Kinder, der vergeblichen Mühe, euch seine Freude, sein unaussprechliches Entzükken zu beschreiben. Athemlos rant er zurük nach seiner Burg; ergrif seine Waffen und konte zu Freitag, der ihn vol Verwunderung anstaunte, weiter nichts sagen, als: sie sind da! Geschwind! Geschwind! und so, wie der Wind, die Strikleiter wieder
hinauf und davon, als wenn er Flügel hätte.
Freitag schloß aus der Verwirrung, aus der Eilfertigkeit, und aus den abgebrochnen Worten seines Herrn, daß die Wilden da wären. Er ergrif also gleichfalls seine Waffen, und lief mit nicht geringerer Geschwindigkeit hinter ihm drein.
Ueber zwei starke Meilen musten sie laufen, bevor sie an die Stelle des Strandes kamen, der gegen über das Schif vor Anker zu
liegen schien. Und hier war es, wo Freitag erst erfuhr, wovon denn eigentlich die Rede sei. Robinson zeigte ihm das ferne Schif, worüber er denn gar große Augen machte, weil er der Entfernung ohngeachtet, wohl sehen konte, daß es hundert mahl größer sei, als das größte, welches er jemahls gesehen hatte.
Robinson wuste gar nicht, was er vor Freude alles angeben solte. Bald sprang er, bald jauchzt er, bald fiel er seinem Freitag in die Arme und bat ihn, mit hellen Freudentränen in den Augen, daß er sich doch auch freuen mögte! Nun ging es nach Europa; nun nach Hamburg! Da solt er einmahl sehen, wie man in Hamburg lebte! Was für Häuser da die Menschen bauen könten! Wie bequem, wie ruhig, wie angenehm man da sein
Leben hinbrächte! - Der Strom seiner Worte war unerschöpflich. Ich glaube, er würde bis Morgen ununterbrochen fortgeredet haben; wenn er sich nicht auf einmahl besonnen hätte, daß es thörigt wäre, die Zeit mit unnüzen Worten hinzubringen, und daß er vor allen Dingen suchen müsse, sich den Leuten auf dem Schiffe zu erkennen zu geben. - Aber wie nun? Das war die Frage.
Er versuchte seine Stimme ertönen zu lassen;
aber er merkte bald, daß das vergebliche Mühe sei, ohngeachtet der Wind sich schon während des Ungewitters gedrehet hatte, und jezt von der Insel nach dem Schiffe zu bließ. Er hieß also seinen Freund, so geschwind, als möglich, ein Feuer anmachen, welches von dem Schiffe her gesehen werden könte. Dieser kam auch bald damit zu Stande, und nun erregte Robinson eine Flamme, welche baumhoch empor loderte. Seine Augen waren darauf unverrükt nach
dem Schiffe gerichtet, weil er alle Augenblikke erwartete, daß ein Boot abstoßen und zu ihnen kommen würde. Aber kein Boot wolte sich sehen lassen.
Endlich, da das Feuer schon eine Stunde vergeblich gebrant hatte, that Freitag den Vorschlag, er wolle, so weit es auch immer wäre, hinschwimmen, und den Leuten sagen, daß sie herkommen solten. Robinson umarmte ihn dafür, und bat ihn, doch ja für die Erhaltung seines
Lebens dabei besorgt zu sein. Freitag warf darauf seine Mattenkleidung ab, brach einen grünen Zweig ab, den er in den Mund nahm, und sprang herzhaft ins Wasser. Robinsons wärmste Seegenswünsche begleiteten ihn.
Lotte. Was wolt er denn mit dem grünen Zweige machen?
Vater. Ein grüner Zweig ist bei den Wilden ein Zeichen des Friedens; und wer so sich ihnen nähert, dem pflegen sie nichts zu
Leide zu thun. Er nahm ihn also zu seiner Sicherheit mit.
Freitag langte glüklich bei dem Schiffe an, schwam einige mahl um dasselbe herum und rief: holla! Aber da war keiner, der ihm antwortete. Endlich bemerkt er die Schifsleiter, die an der Seite herab hing; er näherte sich ihr und stieg daran hinauf, den grünen Zweig in der Hand.
Als er so hoch gestiegen war, daß er auf das Verdek sehen konte, erschrekte ihn
der Anblik eines Thiers, welches ihm ganz fremd war. Es war schwarz und zottigt; und in dem Augenblikke, daß Freitag von ihm gesehen ward, erhob es eine Stimme, dergleichen dieser noch niemals gehört hatte. Gleich darauf ward es wieder stille, und bezeigte sich so freundlich, daß Freitag die Furcht, die es anfangs ihm eingeflöst hatte, wieder fahren ließ. Es kam in der demüthigsten Stellung herbei gekrochen, wedelte mit dem Schwanze und
winselte so beweglich, daß Freitag wohl merkte, es wolle Schuz bei ihm suchen. Er wagte es daher, da es bis zu seinen Füßen vorgekrochen war, es zu streicheln, und das Thier schien ausser sich vor Freude zu sein.
Freitag ging nun auf dem Verdekke herum und fuhr fort, sein Holla! mit lauter Stimme zu rufen; aber es wolte sich noch immer kein Mensch blikken lassen. Er stand jezt und staunte alle die wunderbaren Sachen an, die er auf dem
Verdekke erblikte, und hatte dabei den Rükken gegen die Treppe gekehrt, wodurch man vom Verdekke in das Innere des Schiffes hinab steigt; als er plözlich einen so unsanften und nachdrüklichen Stoß von hinten erhielt, daß er der Länge nach hinstürzte. Vol Schrekken richtete er sich wieder auf, sahe sich um und wäre beinahe versteinert worden, da er ein ziemlich großes Thier mit großen krummen Hörnern, und mit langem Barte erblikte,
welches sich eben wieder in eine drohende Stellung auf die Hinterfüße sezte, um ihm eine zweite Bewilkommung angedeien zu lassen. Freitag that einen lauten Schrei und sprang, ohne sich einen Augenblik zu besinnen, über Bord ins Meer hinab.
Das erstbeschriebene schwarze Thier, welches ihr an der Beschreibung vermuthlich wohl werdet erkant haben -
Johannes. O ja! ein Pudel!
Vater. Getroffen! - Dieser
Pudel, sage ich, folgte Freitags Beispiele und sprang gleichfalls über Bord, um Ihm nach zu schwimmen. Freitag, der das Plätschern desselben hinter sich hörte, bildete sich ein, daß das andere gehörnte Ungeheuer ihm nachgesprungen wäre, und gerieth darüber in solche Angst, daß er zum Schwimmen beinahe unfähig geworden, und in den Abgrund versunken wäre. Abermahls ein Beispiel, wie schädlich die Furchtsamkeit sei, und wie
sie uns immer Gefahren aussezt, die wir füglich vermeiden könten, wenn wir uns nicht von ihr regieren liessen!
Er getrauete sich nicht, sich umzusehen und schwam, da er sich erst ein wenig wieder erhohlt hatte, so eilig fort, daß der Pudel ihm kaum folgen konte. Endlich erreicht er den Strand und sank sprachlos und ohnmächtig zu Robinsons Füßen nieder. Der Pudel erreichte bald darauf gleichfalls das Land.
Robinson bemühete sich auf alle mögliche Weise den treuen Gefährten seines einsamen Lebens wieder zu sich selbst zu bringen. Er küßte, er streichelte, er rüttelte ihn und rief ihn laut bei Nahmen. Aber es verflossen erst verschiedene Minuten, ehe er die Freude hatte, daß Freitag die Augen wieder eröfnete und Zeichen des wiederkehrenden Lebens von sich gab. Endlich war er wieder im Stande zu reden, und da erzählt
er Ihm nun, was für ein entsezliches Abentheuer er ausgestanden habe; wie das Schif ein großer hölzerner Berg zu sein schiene, aus welchem drei hohe Bäume (er meinte die Mastbäume) hervorgewachsen wären; wie das schwarze Thier so freundlich gegen ihn gethan habe, und wie das gehörnte bärtige Ungeheuer ihn darauf habe umbringen wollen; und wie er endlich glaube, daß dieses Ungeheuer der Herr des schwimmenden hölzernen Berges sei, weil er
keinen einzigen Menschen darauf gesehen habe.
Robinson hörte ihm vol Verwunderung zu. Er merkte aus der Beschreibung, daß das gehörnte Ungeheuer nichts anders, als eine Ziege wäre, und er schloß aus allen übrigen Umständen, daß das Schif gestrandet sei, und daß die darauf befindliche Manschaft sich in die Böte gerettet und das Schif verlassen habe. Aber wo diese mögten geblieben sein, das war ihm
unerklärlich. Hätten sie auf seine Insel sich gerettet; so müsten sie ja, aller Wahrscheinlichkeit nach, an demselben Orte gelandet sein, wo er mit Freitag sich jezt selbst befand: aber da war nichts von ihnen zu hören oder zu sehen. Wären sie aber in den Böten verunglükt: so müste man ja wohl ihre Leichname und die Böte an den Strand getrieben finden. Endlich erinnerte er sich des Umstandes, daß der Wind während des Ungewitters
sich plözlich gedrehet und östlich geworden sei, da er anfangs westlich war. Dies schien ihm das ganze Geheimniß zu erklären.
Gewiß, dacht er, sind die Leute, da sie in die Böte gesprungen waren, durch den plözlich entstandenen Ostwind abgehalten worden, unsere Küste zu erreichen. Der Sturm hat sie nach Westen getrieben, und da sind sie entweder auf der Fahrt verunglükt - vielleicht auf den Meerstrom gerathen - oder an
irgend eine westliche Insel getrieben worden. Gott gebe das Lezte seufzt er; und theilte Freitag seine Muthmaßung mit, der sie gleichfalls wahrscheinlich fand.
Aber was ist nun zu thun? fragte Robinson. Die Leute mögen nun entweder todt oder noch lebendig und nur verschlagen sein: so können wir in beiden Fällen nichts Besseres thun, als daß wir von dem Schiffe so viel Sachen zu retten suchen, als uns möglich sein wird.
Aber wie? da wir keinen Kahn mehr haben! Hier empfand er selbst den Verlust des Kahns beinahe eben so schmerzlich, als Freitag es vorher gethan hatte. Er zerrieb sich die Stirn, um ein Mittel ausfindig zu machen, den Verlust desselben zu ersezen; aber er konte lange keins finden. Einen andern Kahn zu zimmern, würde zu viel Zeit gekostet haben. Hinzuschwimmen getraut er sich nicht, weil es viel zu weit war: und dan was hätt er im Schwimmen auch eben fortbringen können?
Johannes. Ich weiß wohl, was ich gemacht hätte?
Vater. Nun, was denn?
Johannes. Ein Flößholz.
Vater. Grade eben dasselbe fiel unserm Robinson zulezt auch ein! Ein Flößholz, dacht er, wird noch am geschwindesten gemacht werden können -
Frizchen. Was ist denn das ein Flößholz?
Johannes. Hast du nicht gesehen, da wir
neulich nach dem Jagdschiffe fuhren, da lagen ja da auf der Elbe bei dem Teichthore eine Menge solcher Flößhölzer?
Frizchen. Ach ja, so ein Haufen Balken, die an einander gebunden sind, daß man ordentlich darauf stehen und fahren kan, als wenns ein Schif wäre?
Vater. Ganz recht! Ein solches Flößholz also wolte Robinson machen, um damit nach dem großen Schiffe zu fahren und so viele Sachen daraus
abzuholen, als sie nur könten. Er beredete sich darauf mit Freitag, daß einer von ihnen nach Hause laufen solte, um auf einen ganzen Tag Speise, nebst allen vorräthigen Strikken und was sie von Handwerkszeuge hatten, herzuholen; und weil Freitag am hurtigsten auf den Füßen war: so wurde dieser hingesandt und Robinson blieb zurük, um unterdeß Bäume zu dem Flößholze zu fällen.
Es wurde beinahe Abend ehe Freitag zurük kam. Robinson hatte unterdeß seine herzliche Freude an dem Pudel, der ihm, als ein europäischer Landsman überaus lieb und werth war. Auch der Pudel schien sich über ihn zu freuen und machte ihm ungeheissen allerlei Künste vor, die er gelernt hatte. Robinson gab ihm bei Freitags Zurükkunft von dem herbei gebrachten Essen die erste Porzion, ohngeachtet er selbst den ganzen Tag über nichts genossen hatte.
Da es zum Glük eine mondhelle Nacht war; so arbeiteten beide unaufhörlich fort, bis nach Mitternacht. Dan stelte sich aber auch das Bedürfniß des Schlafes so dringend ein, daß sie ihm ohnmöglich länger widerstehen konten.
Nikolas. Das glaub ich, sie hatten auch die ganze vorige Nacht gewacht!
Diderich. Und waren heute so sehr gelaufen; besonders Freitag!
Vater. Sie strekten sich also ins Grüne und überliessen es dem Pudel, sie zu bewachen. Der Pudel legte sich zu ihren Füßen und so genossen sie der Wohlthat eines sanften und erquikkenden Schlummers, bis die Morgenröthe hervorbrach.