Frei Lesen: Robinson der Jüngere

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Joachim Heinrich Campe

Robinson der Jüngere

8. Abend

eingestellt: 6.6.2007





Frizchen. Mutter! Mutter!

Mutter. Was wilst du, Frizchen?

Frizchen. Mögtest Johannes ein ander Hemde schikken!

Mutter. Warum ein ander Hemde?

Frizchen. Ja, er kan sonst nicht aus dem Bade kommen.

Mutter. Warum nicht? Kan er denn sein heutiges Hemde nicht wieder anziehen?

Frizchen. Nein, das hat er gewaschen; und nun ist es noch ganz naß. Er wolt es wie Robinson machen!

Mutter. Auch gut! - Nun, ich wil dir eins geben. - Da lauf und macht daß ihr bald hier seid; Vater wil uns wieder was erzählen!
 

Mutter (zu Johannes, der mit den übrigen komt.) Nun, Freund Robinson, wie bekömt dir das Bad?

Johannes. Recht gut! Aber das Hemde wolte nicht wieder trokken werden.

Vater. Du hast nicht bedacht, daß es hier zu Lande nicht so warm ist, als es auf Robinsons Insel war. - Aber wo blieben wir denn gestern?

Diderich. Da Robinson zu Bette ging und den andern Morgen -

Vater. Ah! nun weiß ich schon! - Am andern Morgen also stand Robinson frühzeitig auf und röstete sich zur Jagd. Seine Jägertasche stopfte er mit gebratenen Kartoffeln und mit einem derben Stükke Schildkrötenbraten aus, welches er in Kokusblätter gewikkelt hatte. Dan stekte er sein Beil an die Seite, wand das Strik, welches er gestern zum Lamafang gedreht hatte, um den Leib, nahm seinen Sonnenschirm in die Hand und machte sich auf den Weg.

Es war noch sehr früh am Tage. Er beschloß daher, diesmahl einen Umweg zu nehmen, um zugleich noch einige andere Gegenden seiner Insel kennen zu lernen. Unter der Menge von Vögeln, wovon die Bäume wimmelten, sahe er auch viele Papegaien von wunderschönen Farben. Wie gern hätte er einen davon gehabt, um ihn zahm und zu seinem Geselschafter zu machen! Aber die Alten waren zu klug, um sich greifen zu lassen, und ein Nest mit Jungen sah er nirgends. Er mußte also die Befriedigung dieses Wunsches für dasmahl aufschieben.

Dafür aber entdekte er auf diesem Wege etwas, welches ihm nöthiger, als ein Papegai war. Indem er nemlich einen Hügel nahe am Meere bestieg und von da herab zwischen Felsenklüften hinblikte, sahe er daselbst etwas liegen, welches seine Neubegierde reizte. Er kletterte also hinab und fand zu seinem grossen Vergnügen, daß es - was meint ihr?

Diderich. - Perlen waren!

Johannes. Ja darüber wurde er sich gefreut haben! - Es war wohl Eisen?

Nikolas. I, weißt du nicht mehr, daß in den heissen Ländern kein Eisen gefunden wird? - Es mogte wohl wieder ein Klumpen Gold sein!

Lotte. Ich dachte gar! Würde er sich denn darüber wohl gefreut haben? Das Gold kont er ja nicht brauchen!

Vater. Ich sehe wohl, ihr werdet es doch nicht rathen; ich wils also nur selbst sagen. Was er fand, war - Salz.

Zwar hatte er den Mangel desselben bisher durch Seewasser einigermassen ersezt: aber es war doch das nicht. Das Seewasser hat auch zugleich einen bittern Geschmak, der sehr unangenehm ist, und daß sein Bökelfleisch sich darin halten würde, war ein Irthum; weil dieses Seewasser, eben so wie Brunnen- oder Flußwässer, faul wird, so bald es stil steht. Es that ihm also recht wohl, daß er hier wirkliches Salz fand. Auch fülte er seine beiden Roktaschen damit an, um sogleich etwas davon mitzunehmen.

Gotlieb. Wie war denn das Salz dahin gekommen?

Vater. Du erinnerst dich wohl nicht mehr an das, was ich von dem Ursprunge des Salzes euch einmahl erzählt habe?

Johannes. O ja, ich weiß noch! Sie graben welches aus der Erde; und dan so kochen sie auch was aus salzigem Wasser, welches aus der Erde hervorquilt, und dan so ist auch was in dem Meerwasser!

Vater. Ganz recht. Nun aus dem Meerwasser kochen, so wohl die Menschen, als auch die Sonne, Salz.

Gotlieb. Die Sonne?

Vater. Ja; indem nemlich nach einer hohen Fluth, oder nach einer Ueberschwemmung Seewasser auf dem Lande zurük bleibt, so troknet die Sonne nach und nach dies Wasser aus und was denn an dem Orte übrig bleibt, das ist Salz.

Lotte. I, das ist ja närrisch!

Vater. So gütig hat der liebe Gott für uns gesorgt, daß dasjenige, was uns am unentbehrlichsten ist, die wenigste Zubereitung durch Kunst erfodert, und am häufigsten da ist.

Robinson ging nun vergnügt nach dem Orte hin, wo er ein Lama zu erhaschen hofte. Da er ankam, war keins derselben da; aber es war auch noch nicht ganz Mittag. Er lagerte sich also unter einem Baume, um sich unterdeß von seinem Braten und von seinen Kartoffeln gütlich zu thun! O wie viel kräftiger schmekte ihm jezt beides, da er es mit etwas Salz geniessen konte!

Eben da er mit seiner Mahlzeit fertig war, zeigten sich in der Ferne die herbei hüpfenden Lamas. Robinson stelte sich geschwind in Positur, und wartete mit aufgehobener Schlinge, bis eins derselben sich ihm nähern würde. Jezt waren schon verschiedene von ihnen vorüber gegangen, ohne daß er sie erreichen konte: aber plözlich kam ihm eins so nahe, daß er nur seine Hände durfte fallen lassen, um es in der Schlinge zu haben. Er thats und in dem Augenblikke war das Lama sein!

Es wolte blöken; aber aus Besorgniß, daß die Andern dadurch scheu werden mögten, zog er die Schlinge so fest zu, daß dem Thiere das Schreien wohl vergehen muste. Dan zog er es, so geschwind er nur konte, ins Gebüsch, um den Uebrigen aus den Augen zu kommen.

Das gefangene Lama war eine Mutter zweier Lämmer. Zu Robinsons grosser Freude folgten diese ihr auf dem Fusse nach, und schienen sich gar nicht vor ihm zu fürchten. Er streichelte die kleinen lieben Dinger, und sie - recht als wenn sie ihn bitten wolten, daß er doch ihre Mutter mögte gehen lassen - lekten ihm die Hand.

Gotlieb. O da hätte er sie doch auch müssen gehen lassen!

Vater. Da wär er wohl ein grosser Nar gewesen, wenn er das gethan hätte!

Gotlieb. Ja, aber das arme Thier hatte ihm ja nichts gethan!

Vater. Er aber brauchte seiner; und du weißt ja, lieber Gotlieb, daß es uns erlaubt ist, die Thiere zu brauchen, wozu sie gut sind, wenn wir sie nur nicht misbrauchen! -

Nun, Robinson war hoch erfreut, daß er seinen Wunsch so glüklich erreicht hatte. Er zog das gefangene Thier, so sehr es sich sträubte, aus allen seinen Kräften mit sich fort, und die beiden Lämmerchen folgten ihm. Der kürzeste Weg war ihm jezt der liebste; und auf diesem langte er endlich glüklich bei seiner Wohnung an.

Aber nun war die Frage, wie er das Lama auf seinen Hofraum bringen solte, den er, wie wir wissen, auf allen Seiten fest zugemacht hatte. Es oben von dem Felsen am Strik hinab zu lassen, war wohl nicht thunlich, weil er besorgen muste, daß es unterwegens erstikken werde. Er beschloß also, vor der Hand einen kleinen Stal neben seinem Hofplaze zu machen, und das Lama mit seinen Jungen so lange darin zu verwahren, bis er irgend eine bessere Anstalt würde getroffen haben.

Bis dieser Stal fertig wäre, band er es an einen Baum und fing so gleich die Arbeit an. Er hieb nemlich mit seinem steinernen Beil eine Anzahl junger Bäume ab, und pflanzte sie so dicht neben einander in die Erde, daß sie eine ziemlich feste Wand machten. Das Lama hatte sich unterdeß vor Müdigkeit nieder gelegt, und die Lämmer, die nichts davon wußten, daß sie Gefangene wären, lagen sorglos an ihren Zizen und liessen sichs wohl schmekken.

Was das für ein erfreulicher Anblik für unsern Robinson war! Zehnmahl stand er stil, um den lieben Thierchen zuzusehen, und sich glüklich zu schäzen, daß er doch nun wenigstens einige lebendige Geschöpfe zu seiner Geselschaft habe! Von diesem Augenblikke an, schien sein Leben ihm nicht mehr ganz einsam zu sein, und die Freude darüber gab ihm so viel Kraft und Munterkeit, daß er in kurzer Zeit mit der Anlegung des Stals zu Stande kam. Dan führte er das Lama mit seinen Jungen hinein und verzäunte die lezte Oefnung mit dichten Zweigen.

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