Frei Lesen: Der Chancellor

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Jules Verne

Der Chancellor

VIII.

eingestellt: 22.7.2007



Vom 15. bis 18. October. –

Die Fahrt geht ganz in derselben Weise weiter, der Wind hält sich aus Nordosten, und für Jeden nicht tiefer Blickenden hat es den Anschein, als ob an Bord Alles in bester Ordnung sei.

Indeß, »es liegt etwas in der Luft«. Die Matrosen stecken die Köpfe zusammen und murmeln unter einander, schweigen aber bei unserer Annäherung. Wiederholt habe ich das Wort »Luke« gehört, das schon Mr. Letourneur aufgefallen war. Was befindet sich nur im Kielraum des Chancellor, das so besondere Vorsicht nöthig machen kann? Warum sind die Luken so luftdicht verwahrt? Wahrlich, wenn eine empörte Schiffsmannschaft im Zwischendeck gefangen gehalten würde, könnte man strengere Maßregeln zu ihrer Bewachung nicht wohl ergreifen.

Am 15., als ich mich auf dem Vordercastell erging, hörte ich den Matrosen Owen zu seinen Kameraden sagen:

»Ihr Anderen wißt es also, ich warte nicht, bis es zu spät ist. Jeder ist sich selbst der Nächste.

– Was willst Du aber thun, Owen? fragte ihn Jynxtrop, der Koch.

– Ei nun! hat der Matrose geantwortet, die Schaluppen sind doch nicht für Meerschweinchen erfunden!«

Das Gespräch wurde plötzlich unterbrochen, und ich konnte nicht mehr vernehmen. Ist etwa eine Verschwörung gegen die Schiffsoberleitung im Entstehen? Hat Robert Kurtis Vorzeichen einer Empörung bemerkt? Den bösen Willen mancher Matrosen hat man stets zu fürchten, und muß Jenen eine eiserne Disciplin entgegen setzen.

Drei Tage sind verflossen, ohne daß mir etwas Bemerkenswerthes aufgefallen wäre. An Robert Kurtis erkenne ich jedoch Zeichen von Ungeduld, was mich bei einem Manne, der seiner so sehr Herr ist, wie er, desto mehr verwundert; dennoch scheint mir Kapitän Huntly in Folge wiederholter Einsprache seiner Officiere nur noch hartnäckiger auf seinem Willen zu beharren. Uebrigens muß er an einer Ueberreizung leiden, deren Ursache mir noch dunkel ist.

Während der Mahlzeiten haben wir, Mr. Letourneur und ich, die Schweigsamkeit des Kapitäns und die Unruhe des zweiten Officiers wiederholt beobachtet. Dann und wann versucht Robert Kurtis eine Conversation zu unterhalten, doch schweigt sie meist sofort wieder, und weder der Ingenieur Falsten noch Mr. Kear sind die Leute dazu, eine solche zu führen.

Ruby natürlich ebenso wenig. Inzwischen fangen die Passagiere, und das nicht ohne Grund, an, sich über die lange Dauer der Fahrt zu beklagen. Mr. Kear, ein Mann, vor dem sich selbst die Elemente beugen müssen, scheint Kapitän Huntly für diese Verzögerung verantwortlich machen zu wollen und sagt ihm das ins Gesicht.

Im Verlaufe des 17. und von da ab auch später wird das Verdeck auf Anordnung des zweiten Officiers wiederholt begossen. Gewöhnlich geschieht das nur am Morgen, jetzt mag die öftere Wiederholung dieses Verfahrens durch die hohe Temperatur veranlaßt sein, in der wir uns befinden, da wir so weit nach Süden herab getrieben sind. Die Pfortsegel über den Luken werden sogar stets ganz naß erhalten, und ihr dadurch eingelaufenes Gewebe bildet eine ganz undurchdringliche Decke. Der Chancellor besitzt Pumpen, welche das Ueberfluthen mit Wasser sehr bequem ausführen lassen. Ich glaube kaum, daß das Verdeck der luxuriösesten Goëletten peinlicher rein gehalten wird. Die Mannschaft des Schiffes hätte eigentlich Ursache, sich über die ihr mehr aufgebürdete Arbeit zu beklagen, aber »sie beklagt sich nicht«.

Während der Nacht vom 23. zum 24. erscheint mir die Temperatur in den Cabinen wahrhaft erstickend. Trotz des starken Meerganges habe ich die kleine Lichtpforte meiner Cabine in der Steuerbordwand des Schiffes offen lassen müssen.

Man kann nicht im Zweifel sein, daß wir uns in den Tropen befinden.

Mit Tagesgrauen bin ich nach dem Verdeck gegangen. In meiner Verwunderung habe ich die Lufttemperatur nicht entsprechend der im Inneren des Fahrzeuges gefunden. Der Morgen ist sogar recht kühl, denn die Sonne ist kaum über dem Horizont herauf, und doch habe ich mich nicht getäuscht, es war gewiß sehr warm im Schiffe.

Eben sind die Matrosen mit dem unvermeidlichen Abwaschen des Verdecks beschäftigt; die Pumpen speien Wasser, das je nach der Lage des Schiffes durch die Schanzenkleidung der Backbord- oder Steuerbordseite abläuft.

Die Seeleute laufen in dem Wasser mit bloßen Füßen umher. Ich weiß nicht, warum mich die Lust anwandelt, es ihnen nachzuthun. Ich entledige mich also der Stiefeln und der Strümpfe und pläntschere in dem frischen Seewasser herum.

Zu meinem größten Erstaunen fühle ich, daß das Verdeck des Chancellor sehr warm ist, und kann einen Ausruf darüber nicht zurückhalten.

Robert Kurtis hört mich, wendet sich um, kommt auf mich zu und beantwortet mir eine Frage, die ich noch gar nicht an ihn gestellt habe:

»Nun ja, sagt er, es ist Feuer an Bord!«


 

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