Frei Lesen: Der Jäger von Fall

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Ludwig Ganghofer

Der Jäger von Fall

4

eingestellt: 17.6.2007





Eine Weile war Stille. Draußen ein leises Klirren. Modei sprang auf. In die Stube trat ein hochgewachsener, bildschöner Bursch und drehte auf der Schwelle lachend das Gesicht über die Schulter, um dem Jäger nachzuspähen. Nun sah er das Mädel an, mißtrauisch und dennoch heiter. »Lang hab ich stehn müssen da draußen, in der Finstern und in der Kält.«



»Heut? Und kalt?« fragte Modei tonlos.



»Schauern tuts mich wie an Hund, und müd bin ich wie a Mühlesel!« Er warf den Rucksack in den Winkel, Bergstock und Hut dazu, stieß mit dem Fuß die Tür ins Schloß, und während er zum Fenster ging und den Laden zuzog, lachte er: »Du hast freilich net Zeitlang ghabt. Was hast denn so Wichtigs verhandeln müssen mit dem jagerischen Windbeutel?«



Ein Zug von Zorn und Stolz legte sich über Modeis Stirn. Dennoch klang ihre Stimme ruhig. »Blasi? Meinst net, du hältst mir nach so langer Zeit an anders Grüßgott sagen müssen? Ich hätt mir denkt –«



»Ah, da schau!« wurde sie von Blasi unterbrochen. »Wie s Maderl aufputzt is! Wo hast denn du den Buschen her? Leicht vom Jager? So was verbitt ich mir!« Er riß ihr die Blumen vom Mieder und schleuderte sie ins Herdfeuer. »So! Jetzt möcht ich ebbes zessen haben. Und bald!«



»D Hauptsach kommt bei dir allweil zletzt!« höhnte Lenzl, der mit aufgezogenen Beinen auf dem Herd hockte.



In Modeis Augen hatte etwas aufgeleuchtet wie hoffende Freude. »Blasi? Tust eifern?« Wo Eifersucht brennt, ist immer noch Liebe.



Er hatte sich auf die Bank gesetzt und machte verdutzte Augen. »Ich? Und eifern? Geh, so ebbes Dumms!« Das Wort war lachend gesagt und wirkte doch wie ein Messerstoß. Das schien er zu merken, wollte ein Pflaster legen und gab seiner Stimme einen Klang von Zärtlichkeit. »Du bist du. Ich weiß doch, was ich hab an dir. Und wann ebbes mein ghört, bin ich noch allweil sicher gwesen, daß mir kein andrer net drantappt.«



Modei blieb stumm. Ihr Bruder, der mit einem Scheit in den Kohlen stocherte, sah zu ihr hinüber und sagte gallig: »Schwester! A bißl gar viel tust dir gfallen lassen!«



»Du?« Blasi erhob sich. »Fangst schon wieder zum hetzen an?«



»Sei halt du der Gscheiter!« sagte Modei mit erwürgtem Klang. »Vier Wochen lang hab ich dich nimmer gsehen. Und eini in d Hütten, und gleich muß der Unfried wieder da sein!«



»Hätt er net angfangt, der! Und was muß er denn allweil den Jager einizügeln in d Hütten?«



»Höi, höi!« kicherte Lenzl. »Wann net eifern tust, da kanns dir ja gleich sein, wer einikommt.«



»D Hütten kann ich ihm net verbieten«, sagte Modei müd, »er kommt halt, und a Hüttentür is allweil offen.«



»Noja, meintwegen!« brummte Blasi. »Schau, daß ich ebbes zessen krieg. Hungern tut mich, daß mir der Magen springt.«



Ein schrilles Lachen im Herdwinkel. »Gschwind, Schwester, tummel dich, der Herr Baron wills haben. Hungern tut ihn, da muß er essen. Dürsten tut ihn, da muß er trinken. A Fuierl mach auf, a warms! Und nacher spring eini ins Bett. So taugts ihm. Alle vier Wochen amal!« Wieder das grelle Lachen. »Schwester! Du bist gnügsam!«



»Himmel Herrgott Sakrament noch amal –« Wütend sprang Blasi auf den Alten zu.



Modei lief ihm den Weg ab. »Blasi! Um Gotts willen!«



Er wurde ruhig. »Hast recht!« Und lachte. »Was willst denn von so eim Narren?«



Lenzls Augen funkelten. Er warf das Scheit auf die qualmenden Kohlen. »Narr? So? Narr? Für dich bin ich allweil noch gscheiter, als dir lieb is.«



Modei, als sie den Burschen wehrend aus der Nähe des Bruders fortschob, fühlte, daß seine Kleider durchnäßt waren wie nach schwerem Regen. Erschrocken sagte sie: »Jesus, Bub, du bist ja tropfnaß am ganzen Leib! So zieh doch dJoppen aus und dSchuh! Und red a Wörtl! Es hat doch net gregnet. Wie kommst denn a so daher?«



Mißmutig zerrte Blasi die Joppe herunter und begann auf der Bank die Schuhriemen zu lösen. »No ja – weil mich doch keiner net ausspionieren soll – wann ich auffikomm zu dir.«



»Von mir aus kannst dich anschaun lassen vor jedem.« Sie stieg auf den Herd, um die nasse Joppe über die Stange zu hängen. »Dös wird nimmer offenbarer, als wies eh schon is.«



»Freilich, ja! Bei dir is schon a bißl ebbes an d Sonn kommen.« Blasi lachte über seinen Spaß. »Deswegen muß unsereiner allweil an Aug auf sein Leumund haben. Da such ich mir gern an Weg aus, wo mir keiner begegnet. Heut hab ich mir denkt, ich steig durchs Grottenbachklamml auffi.«



»A sichers Platzl!« höhnte der Alte im Herdwinkel. »Da därf kein Senn und kein Holzknecht einisteigen. Weils der beste Gamsstand is. Gelt ja?«



Mit rascher Bewegung wandte Modei das blasse Gesicht.



Der Zorn brannte in Blasis Augen. Ohne zu antworten, streifte er die Schuhe von den Füßen. »Hast keine Schlorpen, Madl? Ich kann net barfuß laufen.«



»Da hast die meinigen!« Lenzl schleuderte die Pantoffeln von seinen Füßen. »Du Prinz, du verzartelter!«



Noch immer schweigsam, Kummer und Sorge in den erweiterten Augen, stellte Modei hinter dem auflebenden Feuer die nassen Schuhe des Burschen zum Trocknen an die Wand. Sie wusch die Hände und begann den Teig zu einem Eierschmarren einzurühren.



In den klappernden Pantoffeln trat Blasi zum Herd und drehte sich vor dem Feuer hin und her, um trocken zu werden und sich zu wärmen. »No, und da bin ich halt so durchigstiegen durchs Klamml, wo s Wasser vom Grottenbach haushoch abifallt.« Das erzählte er gemütlich und heiter. »Aber grad, wie ich ums Eck ummi will, da scheppert a Bergstecken. Weißt, der Hies wars, der ander Jagdghilf. Fuß muß er haben wie an Olifant. Auf a halbe Stund weit hörst ihn schon allweil. Bis der amal an heimlichen Schützen derwischt, da springt noch leichter a Floh aufn Kirchturm auffi.« Ein munteres Lachen. »Ja, freilich, denk ich mir, du kommst mir lang schon zspat! Und mach an Satz übern Bach und stell mich eini untern Fall, daß s Wasser wie a Dach über mich hergschossen is. Da drin is fein schön gwesen. Hinterm Wasser hat d Welt ausgschaut wie a buckleter Regenbogen. A gute Stund bin ich so gstanden und hab allweil gschaut. Und bin auf und davon, wie d Luft wieder sauber war.« Er lachte wieder. »Und jetzt bin ich da, hab an damischen Hunger und krieg nix zessen.«



»Mußt halt Geduld haben an Schnaufer lang!« Modeis Stimme hatte einen fremden Klang. »Oder s nächstemal mußt an Fürreiter schicken, daß der Schmarren schon fertig auf der Bank steht, wann den Fuß einistellst in d Hütten.«



Verwundert sah Blasi auf und musterte das Mädel von oben bis unten, während er die Spitzen seines schwarzen Schnurrbarts drehte. Daß Modei ärgerlich wurde und diesem Ärger in Worten Luft machte, das war für ihn etwas Neues. Es erschien ihm so sonderbar, daß er nicht wußte, was er sagen sollte. Er behalf sich mit einem spöttischen Lächeln und folgte mit den Augen jeder Bewegung Modeis. Sie goß den Schmarrenteig in die eiserne Pfanne, in der das heiße Schmalz mit Gebrodel zischte.



Da klang es dünn aus dem Herdwinkel: »Du, Blasi? Hast ebba d Joppen um dei Büxen ummigwickelt? Oder hat ihrs Wasser an Schaden bracht?«



Blasi fuhr auf. »Gehts dich was an, du verrückter Tuifi?« Er warf einen scheuen Blick auf Modei. »Für was soll ich denn a Büxen bei mir ghabt haben?« Seine Stimme bekam einen zärtlichen Schmeichelton. »Wann ich zu meim Schatzel auffisteig, da bring ich a warms Herzl mit. Sonst nix.«

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