Frei Lesen: Gedichte

Kostenlose Bücher und freie Werke

Kapitelübersicht

Abendwolken | Abreise | Am 18. Oktober 1816 | Bertran de Born | Das Glück von Edenhall | Das Schifflein | Das Schloß am Meere | Das alte, gute Recht | Das versunkene Kloster | Der Überfall im Wildbad | Der Königssohn | Der Schmied | Der Student | Der Ungenannten | Der gute Kamerad | Der nächtliche Ritter | Der wackere Schwabe | Der weiße Hirsch | Des Knaben Berglied | Des Sängers Fluch | Die Abgeschiedenen | Die Geisterkelter | Die Kapelle | Die Malve | Die Zufriedenen | Die neue Muse | Die sanften Tage | Einkehr | Entschluß | Fräuleins Wache | Frühlingsglaube | Graf Eberstein | Graf Richard Ohnefurcht | Heimkehr | Hirsau | In ein Stammbuch | Inschrift | Lauf der Welt | Legende | Mailied | Nächtlicher Himmel | Nachruf | Neujahrswunsch 1817 | Reisen | Ritter Paris | Romanze vom kleinen Däumling | Schäfers Sonntagslied | Schwere Träume | Seliger Tod | Sonnenwende | Taillefer | Tells Tod | Trinklied | Verborgenes Leid | Von den sieben Zechbrüdern | Württemberg | Wein und Brot | Wintermorgen |

Weitere Werke von Ludwig Uhland

Alle Werke von Ludwig Uhland
Diese Seite bookmarken bei ...
del.icio.us Digg Furl Blinklist Technorati Yahoo My Web Google Bookmarks Spurl Mr.Wong Yigg


Dieses Werk (Gedichte) ausdrucken 'Gedichte' als PDF herunterladen

Ludwig Uhland

Gedichte

Legende

eingestellt: 10.6.2007





                Es ist ne Kirche wohlbekannt,
Sankt Michael vom Berg genannt;
Am Ende vom Normannenlande
Auf eines hohen Felsen Rande,
Umschlossen überall vom Meer,
Nur daß von einer Seite her,
Sowie die Flut zurücke trat,
Sich öffnet ein gebahnter Pfad.
Es kommt die Flut zweimal im Tage
Mit schnell und starkem Wellenschlage,
Daß mancher zu derselben Frist
Mit großer Not entronnen ist.
Viel Waller zu der Kirche kommen,
Zu ihres ewgen Erbes Frommen.
Einmal, an einem hohen Feste,
Beeilten sich die frommen Gäste,
Zur heilgen Messe hinzuwallen;
Doch hat die Flut sie überfallen.
Sie flohen auf des Pfades Enge
Mit Hast und mächtigem Gedränge.
Nur einer armen Schwangern war
Die Kraft geschwunden ganz und gar,
Gehemmt ihr Lauf von herben Schmerzen,
Die sich ihr regten unterm Herzen.
Sie ward gestoßen von der Menge
Und fiel zu Boden im Gedränge.
So blieb sie liegen, unbeachtet,
Weil jeder sich zu retten trachtet.
Die andern waren all entronnen
Und hatten schon den Berg gewonnen,
Doch wie sie nach der Frau hinsahen,
So tät sich schon die Flut ihr nahen;
Wohl jede Hülfe war zu spät,
Drum wandten sie sich zum Gebet.
Auch jene, die, dem Tode nah,
Nicht Menschenhülfe möglich sah,
Sie hat zu Jesus und Marien
Und zum Erzengel laut geschrieen.
Die Pilger habens nicht vernommen,
Zum Himmel ist der Ruf gekommen.
Die süße Gottesmutter oben
Hat sich von ihrem Thron erhoben.
Die heilge Herrin voll Erbarmen
Wirft einen Schleier hin der Armen,
Die unter solcher Decke Schutz
Bewahrt ist vor der Wellen Trutz;
Denn mitten in der Wasser Braus
Ist ihr gebaut ein trocknes Haus.
Die Ebbezeit nicht ferne war,
Nun stund am Strand die ganze Schar.
Die Frau man längst verloren gab;
Da wich die Flut vom Land hinab,
Und trat aus all der Wellen Grund
Die Frau, ganz freudig und gesund,
Und in den Armen hielt sie lind
Ein lieblich neugeboren Kind.
Da täten Geistliche und Laien
Des schönen Wunders hoch sich freuen,
Mit Staunen auf die Frau sie wiesen,
Den Herrn und seine Mutter priesen.


< Lauf der Welt
Mailied >
< Das Auge der Schlange.



Die Inhalte dieser Seite sind Eigentum der Öffentlichkeit.
Sollten trotzdem Urheberrechte entgegen unserem Wissen verletzt worden sein, bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen.