Frei Lesen: Bracebridge Hall oder die Charaktere

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Washington Irving

Bracebridge Hall oder die Charaktere

Liebesanzeichen

eingestellt: 28.7.2007





Ich würde mich gar nicht wundern, wenn wir noch ein Paar Turteltauben auf der Halle bekämen, denn Meister Simon hat mir in tiefem Vertrauen gemeldet, er vermuthe, der General habe eine Art Plan auf das empfängliche Herz der Lady Lillycraft. In der That habe ich bei dem Veteran eine zunehmende Aufmerksamkeit und Zuvorkommenheit gegen Ihre Herrlichkeit bemerkt; er wird in ihrer Gesellschaft ungleich milder, sitzt neben ihr bei Tische, und unterhält sie mit langen Geschichten von Seringapatam und schönen Anekdoten aus dem Mulligatawney-Klub. Ich habe sogar gesehen, wie er ihr im Style der verbindlichsten Galanterie eine aufgeblühte Rose aus dem Treibhause überreichte, die sie mit großer Anmuth und Leutseligkeit annahm, denn Ihre Herrlichkeit nimmt mit Vergnügen die Huldigungen des andern Geschlechts an.

Der General war allerdings einer der frühesten Bewunderer, die während der kurzen Herrschaft ihrer Schönheit in ihrem Gefolge sich befanden; und sie hatten vor dreißig oder vierzig Jahren in London, eine halbe Jahreszeit lang, ein zärtliches Verständniß. Sie erinnerte ihn neulich, im Verfolg einer Unterhaltung über vergangene Tage, an die Zeit, wo er einen Schimmel zu reiten pflegte und so galant neben ihrem Wagen in Hyde-Park herritt; darauf habe ich bemerkt, daß der Veteran sie seitdem regelmäßig begleitet hat, wenn sie einen Spazierritt machte; und ich vermuthe, er bildet sich ein, daß er noch eben so einnehmend aussehe, als in seinen Jugendtagen.

Es würde ein anziehender, merkwürdiger Umstand in den Jahrbüchern Cupidos sein, wenn dieser Funke der zärtlichen Neigung, nachdem er so lange geschlafen, auf einmal mitten aus der Asche zweier ausgebrannten Herzen in Flammen aufschlüge. Er würde ein Beispiel dauernder Treue gewähren, würdig, einen Platz neben den in einem der Lieblingsbücher des Squire verzeichnet zu finden, worin die Beständigkeit der alten Zeiten gerühmt wird, als, wie man uns erzählt, »Männer und Frauen sieben Jahre sich liebten und keine unreinen Triebe zwischen ihnen walteten, und wo es Liebe, Aufrichtigkeit und Treue gab: und, ha, gleicher Weise ward die Liebe zu König Arthurs Zeiten gepflogen.«1)

Dieß mag indeß nichts, als ein wenig ehrwürdige Galanterie sein, da der General ein alter Galan und die gute Lady an diese Art Aufmerksamkeit gewöhnt ist. Meister Simon glaubt dagegen, der General blicke mit dem scharfen Auge eines alten Kriegshelden um sich; und da er nun auf dem Rückzuge befindlich sei, sehe er sich eifrig nach einem guten, warmen Winterquartiere um.

Viel muß aber auch auf des Meister Simons Unruhe in dieser Beziehung gerechnet werden, denn er betrachtet Lady Lillycrafts Haus wie einen seiner festen Plätze, wo er Herr und Meister ist; und ich zweifle sehr, ob es ihm, bei aller seiner Bewunderung für den General, ganz gelegen sein würde, ihn im Besitze der Dame sowohl als des Hauses zu sehen.

Einige andere Kennzeichen möchten, demungeachtet, Meister Simons Andeutungen wohl einen Anstrich von Wahrscheinlichkeit geben. So habe ich zum Beispiel bemerkt, daß der General die Hunde Ihrer Herrlichkeit mit ungemeiner Aufmerksamkeit behandelt, und mehrere Male, bei einem Versuche, Beautys Kopf zu streicheln, seine Finger augenscheinlich in Gefahr gebracht hat. Es steht zu hoffen, daß seine Bestrebungen um die Gebieterin eine günstigere Aufnahme finden mögen, da alle seine Annäherungen zu einer Liebkosung, von dem verteufelten kleinen Hunde mit argwöhnisch rollendem Auge und einem giftigen Brummen bewillkommt werden.

Er ist ferner gegen die Kammerfrau der Lady, die unbefleckte Mrs. Hannah, von der er sonst in einer Art zu sprechen pflegte, die ich gar nicht weiter erwähnen mag, sehr gefällig geworden. Ob sie denselben Verdacht hegt, wie Meister Simon, kann ich nicht sagen; aber sie nimmt seine Höflichkeiten ungefähr eben so auf, wie die unversöhnliche Beauty, zieht ihren Mund zu einem höchst sauern Lächeln zusammen, und macht ein Gesicht, als ob sie ein Stück aus ihm herausbeißen wollte. Kurz, der arme General scheint eben so gefährliche Feinde zu bekämpfen zu haben, als ein Held in einem alten Feenmährchen, der sich durch furchtbare Ungeheuer aller Art einen Weg zu seiner Prinzessin brechen und den Schwefel-Schrecknissen eines feurigen Drachen Trotz bieten mußte.

Noch gibt es einen Umstand, der mich geneigt macht, Meister Simons Verdacht beträchtlich Glauben beizumessen. Lady Lillycraft führt sehr gern Gedichte an, und die Unterhaltung wendet sich oft darauf, bei welchen Gelegenheiten der General gänzlich auf dem Trocknen ist. Neulich ward Spensers Feenkönigin zufällig den größern Theil des Morgens der Gegenstand des Gesprächs, und der arme General saß ganz still da. Nicht lange nachher fand ich ihn in der Bibliothek, mit der Brille auf der Nase, einem Buche in der Hand, und fest eingeschlafen. Als ich mich näherte, erwachte er, schob hastig die Brille in die Tasche, und fing an mit großer Aufmerksamkeit zu lesen. Nach einer kleinen Weile legte er ein Papier in das Buch, und stellte den Band weg; es war die Feenkönigin. Ich habe die Neugier gehabt, nachzusehen, wie weit er in seinen poetischen Studien gekommen sei; allein, obgleich ich ihn häufig mit dem Buche in der Hand gefunden habe, finde ich doch, daß das Zeichen nicht weiter, als etwa drei oder vier Seiten vorgerückt ist, da der General überaus leicht einschläft, wenn er liest.

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