Frei Lesen: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch

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Kapitelübersicht

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Washington Irving

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch

Sage von der Rose der Alhambra, oder der Page und der Geierfalke

eingestellt: 28.6.2007





Nachdem die Mauren Granada übergeben hatten, war diese herrliche Stadt eine Zeitlang der Lieblingsaufenthalt der spanischen Könige, bis sie durch aufeinander folgende Erdbeben, welche viele Häuser niederstürzten und die alten moslemitischen Thürme bis in ihre Tiefe erschütterten, von hier verscheucht wurden.

Viele, viele Jahre vergingen nun, während welchen Granada selten von einem königlichen Gaste beehrt wurde. Die Paläste des Adels standen leer und verschlossen; und die Alhambra saß, wie eine vernachlässigte Schönheit, traurig und verlassen in den der Pflege beraubten Gärten. Der Thurm der Prinzessinnen, einst der Aufenthalt der drei schönen maurischen Königstöchter theilte die allgemeine Verwüstung; und die Spinne spann ihr Gewebe über die vergoldete Decke und Fledermäuse und Eulen nisteten in den Gemächern, welche die Gegenwart Zaydas, Zoraydas und Zorahaydas verschönert hatte. Die Vernachlässigung dieses Thurmes mag zum Theil den abergläubischen Ansichten der Bewohner zugeschrieben seyn. Das Gerücht ging, der Geist der jungen Zorahayda, welche in diesem Thurm starb, werde oft beim Mondschein gesehen, wie er neben den Brunnen in dem Saale sitze oder trauernd um die Zinnen wandle und die Klänge ihrer Silberlaute hätten Wanderer, die durch die Schlucht kamen, oft um Mitternacht gehört.

Endlich erhielt Granada wieder königlichen Besuch. Es ist allbekannt, daß Philipp V. der erste Bourbon war, der den spanischen Scepter führte. Es ist allbekannt, daß er Elisabetha oder Isabella (denn es ist dasselbe) die schöne Prinzessin von Parma in zweiter Ehe heirathete; und es ist allbekannt, daß durch diese Kette von Begebnissen ein französischer Prinz und eine italienische Prinzessin sich zusammen auf den spanischen Thron setzten. Zum Empfange dieses hohen Paares wurde die Alhambra eingerichtet und in aller Eile ausgeschmückt. Die Ankunft des Hofes änderte das ganze Aussehen des kürzlich noch öden Palastes. Der Klang der Trommeln und Trompeten, das Stampfen der Rosse in den Zugängen und äußern Höfen, der Glanz der Waffen, das Flattern der Fahnen um Warte und Zinnen rief den alten und kriegerischen Ruhm der Veste zurück. Ein milderer Geist herrschte jedoch in dem königlichen Palaste. Hier rauschten seidne Gewänder und klang der vorsichtige Tritt und die leise Stimme der ehrerbietigen Höflinge in den Vorzimmern; in den Gärten wandelten Pagen und Staatsfräulein und aus offenen Fenstern stahl sich der Klang der Musik.

In dem Gefolge der Monarchen befand sich ein Lieblingspage der Königin, Namens Ruyz de Alarcon. Wenn man ihn den Lieblingspagen der Königin nennt, so heißt dies ihm eine Lobrede halten, denn Alle im Gefolge der schönen Elisabeth waren durch Anmuth, äußern Reiz und geistige Gaben ausgezeichnet. Er hatte eben sein achtzehntes Jahr erreicht, war leichten, geschmeidigen Wuchses und anmuthig wie ein junger Antinous. Gegen die Königin war er ganz Ehrerbietung und Unterwürfigkeit, in seinem Herzen aber war er ein spitzbübischer Gelbschnabel, eigensinnig und von den Damen am Hofe verwöhnt und wußte mit den Frauen weit besser umzugehen, als seine Jahre erwarten ließen.

Dieser Page streifte eines Morgens in den Lustwäldchen des Generalife, welche das Gebiet der Alhambra überschauen, müßig umher. Er hatte zu seiner Unterhaltung einen Lieblings-Geierfalken der Königin mit sich genommen. Bei seinem Umherschlendern sah er einen Vogel aus dem Gebüsch aufstiegen, nahm dem Falken die Haube ab und ließ ihn fliegen. Der Falke schwang sich hoch in die Luft, stieß auf seinen Raub, und schoß, da er ihn verfehlte, taub gegen den Ruf des Pagen, davon. Der letztere folgte dem flüchtigen Vogel auf seinem launenhaften Fluge mit den Augen, bis er sah, daß er auf den Zinnen eines einsamen und entfernten Thurms in den äußern Mauern der Alhambra, an dem Rand eines Abhangs erbaut, der die königliche Veste von dem Gebiete des Generalife trennte, sich niederließ. Es war in der That der »Thurm der Prinzessinnen.«

Der Page stieg in die Schlucht hinab und näherte sich dem Thurm, aber dieser hatte keinen Eingang von dem Thälchen und seine große Höhe machte jeden Versuch, ihn zu ersteigen, vergeblich. Er machte daher, indem er eines der Thore der Veste suchte, einen weiten Umweg gegen die innerhalb der Mauern gelegene Seite des Thurms.

Vor dem Thurm lag ein Garten, von einem Zaun von Schilf umschlossen, der mit Myrthen überhangen war. Der Page öffnete ein Pförtchen und ging durch Blumenbeete und Rosengebüsch zu der Thüre. Sie war verschlossen und verriegelt. Eine Ritze in der Thüre ließ ihn in das Innere blicken und er sah einen kleinen maurischen Sal mit Wänden in Stuccoarbeit, leichten Marmorsäulen und einem Alabasterbrunnen, den Blumen umgaben. In der Mitte hing ein vergoldeter Käfig mit einem Singvogel, darunter lag auf einem Stuhle eine gesprenkelte Katze, darneben eine Seidenwinde und andere Gegenstände weiblicher Arbeit, und eine Guitarre, mit Bändern geziert, war an den Brunnen gelehnt.

Ruyz de Alarcon staunte über diese Spuren weiblicher Zierlichkeit und Anmuth in einem einsamen und wie er geglaubt hatte, verlassenen Thurm. Sie erinnerten ihn an die in der Alhambra gängen Märchen von bezauberten Sälen und die gesprengelte Katze sollte wohl eine bezauberte Prinzessin seyn.

Er klopfte leise an der Thüre. Ein schönes Gesicht schaute oben aus einem kleinen Fenster, zog sich schnell aber wieder zurück. Er wartete in der Hoffnung, die Thüre würde geöffnet werden; aber sein Harren war umsonst; kein Fußtritt war drinnen zu hören – alles war stumm. Hatten ihn seine Augen getäuscht oder war die holde Erscheinung die Fee des Thurms? Er klopfte wieder und härter. Nach einer kleinen Weile blickte das strahlende Gesichtchen wieder heraus; es war das eines blühenden fünfzehnjährigen Mädchens.

Der Page nahm augenblicklich seine mit Federn geschmückte Mütze ab und bat in dem höflichsten Tone um die Erlaubniß, den Thurm besteigen zu dürfen, um seinen Falken zu holen.

»Ich darf die Thüre nicht öffnen, Sennor,« erwiederte das kleine Mädchen erröthend, »meine Tante hat es verboten.«

»Ich bitte Euch, schöne Maid – es ist der Lieblingsfalke der Königin: ich darf ohne ihn nicht in den Palast zurückkehren.«

»Ihr seyd also einer der Hofkavaliere?«

»So ists, schöne Maid; allein ich werde um die Gunst der Königin und um meine Stelle kommen, wenn ich den Falken verliere.«

»Santa Maria! vor euch Hofkavalieren hat mir meine Taute ganz absonderlich befohlen die Thüre zu verriegeln.«

»Ohne Zweifel vor schlechten Kavalieren; aber ich bin kein solcher, sondern ein einfacher, harmloser Page, der unglücklich und elend seyn wird, wenn ihr die kleine Bitte nicht gewährt.«

Das Unglück des Pagen rührte das Herz des kleinen Mädchens. Es wäre doch gar zu Schade gewesen, wenn er durch die Verweigerung einer so unbedeutenden Bitte um seine Stelle gekommen wäre. Er konnte auch gewiß keines jener gefährlichen Wesen seyn, welche ihre Tante als eine Art Kannibalen, stets bereit, gedankenlose Mädchen zu ihrem Raub zu machen, geschildert hatte; er war sanft und bescheiden und stand so bittend da, die Mütze in der Hand, und sah so schön aus.

Der schlaue Page sah, daß die Besatzung zu wanken anfing und verdoppelte seine Bitten in so rührenden Ausdrücken, daß es nicht in der Natur sterblicher Mädchen gewesen wäre, ihn abzuweisen; so kam denn die kleine erröthende Wächterin des Thurmes herab und öffnete die Thüre mit bebender Hand; und wenn der Page bei dem flüchtigen Anschaun ihres Gesichtes vom Fenster herab entzückt war, so wurde er, als die ganze Gestalt sich ihm darstellte, bezaubert, hingerissen.

Ihr andalusisches Leibchen und die hübsche Basquinna hoben das volle aber zarte Ebenmaß ihrer Gestalt hervor, die ihre jungfräuliche Ausbildung kaum erreicht hatte. Ihr glänzendes Haar war auf der Stirn mit gewissenhafter Genauigkeit getheilt und, dem allgemeinen Gebrauch des Landes zufolge, mit einer frisch gepflückten Rose geschmückt. Es ist wahr, ihr Gesicht war von der Glut einer südlichen Sonne etwas gebräunt, aber dies diente nur, die reiche Blüthe ihrer Wangen zu zeigen und den Glanz ihrer schmelzenden Augen zu erhöhen.

Ruyz de Alarcon sah alles dies auf einen Blick, denn es kam ihm nicht zu, zu zögern; er murmelte nun seinen Dank und sprang leicht die Wendeltreppe hinauf, um nach seinem Falken zu sehen.

Bald kam er, den flüchtigen Vogel auf seiner Faust, zurück. Das Mädchen hatte sich indessen an den Brunnen im Saal gesetzt und wand Seide; aber in ihrer Erregung ließ sie die Winde auf die Erde fallen. Der Page sprang herzu und hob sie auf, ließ sich anmuthig auf die Knie nieder und bot sie ihr dar; aber er faßte die darnach langende Hand und drückte einen glühenderen und inbrünstigeren Kuß darauf, als er je der schönen Hand seiner Gebieterin aufgedrückt hatte.

»Ave Maria, Sennor!« rief das Mädchen, vor Verwirrung und Ueberraschung noch höher erröthend, denn sie war nie auf diese Weise begrüßt worden.

Der bescheidene Page entschuldigte sich tausendmal und versicherte sie, dies sey bei Hofe die Weise, die tiefste Ehrfurcht und Achtung auszudrücken.

Ihr Zorn, wenn sie ja zornig war, wurde leicht besänftigt; allein ihre Erregung und Verlegenheit blieb und sie saß da, höher und höher erröthend, die Augen auf ihre Arbeit niedergeschlagen und den Seidenfaden, den sie aufwinden wollte, verwirrend.

Der listige Page sah die Verwirrung in dem feindlichen Lager und hätte gern davon Gewinn gezogen, aber die schönen Reden, die er hören lassen wollte, starben ihm auf den Lippen und seine Artigkeitsversuche waren linkisch und ohne Erfolg; und zu seinem Befremden fand sich der gewandte Page, der mit solcher Anmuth und Ungezwungenheit mit den klügsten und erfahrendsten Hofdamen verkehrt hatte, vor einem einfachen fünfzehnjährigen Mädchen beschämt und verblüfft.

Das kunstlose Mädchen hatte in der That in ihrer Bescheidenheit und Unschuld einen bessern Schirm, als in den Riegeln und Schlössern, welche ihre sorgsame Tante vorgeschrieben hatte. Aber wo ist die weibliche Brust, die gegen das erste Flüstern der Liebe gestählt ist? Das kleine Mädchen verstand bei aller ihrer Kunstlosigkeit alles, was die stotternde Zunge des Pagen nicht auszudrücken im Stande war und ihr Herz zitterte, als sie zum ersten Mal einen Liebhaber – und einen solchen Liebhaber, zu ihren Füßen sah.

Die Schüchternheit des Pagen war zwar ungeheuchelt, aber nur kurz, und er erlangte seine gewöhnliche Ruhe und sein Selbstbewußtseyn wieder, als in der Ferne eine gellende Stimme gehört ward.

»Meine Tante kömmt aus der Messe zurück,« rief das Mädchen erschreckt: »Ich bitte Sennor, entfernt Euch!«

»Nicht eher, als bis Ihr mir die Rose in eurem Haar als Andenken gebt.«

Sie machte die Rose hastig aus ihrem Rabenhaare los. »Nehmt,« sagte sie, verwirrt und erröthend, »aber geht, ich bitte.«

Der Page nahm die Rose und bedeckte zu gleicher Zeit die schöne Hand, welche sie gab, mit Küssen. Dann steckte er die Blume auf seine Mütze, nahm den Falken auf seine Faust und sprang durch den Garten fort, das Herz der holden Jacinta mit sich nehmend.

Als die wachsame Tante in den Thurm kam, bemerkte sie die Bewegung ihrer Nichte und eine Art Unordnung in dem Saal; allein ein erklärendes Wort genügte. »Ein Geierfalke hatte seinen Raub bis in den Saal verfolgt.«

»Gott sey uns gnädig! Ein Falke, der in den Thurm fliegt! hat man je von einem so frechen Thiere gehört! Ei, unser Vogel im Käfig ist nicht mehr sicher.«

Die wachsame Fredegonda war eine der vorsichtigsten alten Jungfern. Sie hatte einen gehörigen Schrecken und passendes Mißtrauen in das, was sie »das entgegengesetzte Geschlecht« nannte, Gefühle, die durch ein langes unverheirathetes Leben noch gesteigert worden waren. Nicht als wenn die gute Frau je durch die Tücken der Männer gelitten hätte, die Natur hatte ihr eine Schutzwehr in das Gesicht geprägt, welches jedes Eindringen in ihr Gebiet abhielt; aber die Frauen, die am wenigsten Grund haben, für sich besorgt zu seyn, sind am ersten bereit, reizendere Bekanntinnen streng zu bewachen.

Die Nichte war die Waise eines Offiziers, der im Kriege gefallen war. Sie war in einem Kloster erzogen und neulich aus ihrem heiligen Asyl geholt und unter die unmittelbare Aufsicht ihrer Tante gegeben worden, unter deren schirmender Pflege sie in der Einsamkeit aufwuchs, wie die sich öffnende Rose unter einem Dornbusch erblüht. Diese Vergleichung ist nicht ganz zufällig; denn, die Wahrheit zu sagen, ihre Frische und sich entfaltende Schönheit hatte selbst in dieser Abgeschlossenheit das öffentliche Auge auf sich gezogen und das umwohnende Landvolk hatte ihr mit der dem Andalusier eignen poetischen Ausdrucksweise den Namen »die Rose der Alhambra« gegeben.

Die bedächtige Tante fuhr fort, über die verführerische kleine Nichte so lange die treueste Wache zu halten, als der Hof zu Granada weilte, und sie schmeichelte sich, daß ihre Wachsamkeit erfolgreich sey. Es ist wahr, die gute Frau wurde dann und wann über das Klimpern von Guitarren und das Singen von Liedchen, die leise aus dem mondbeglänzten Gebüsch unten am Thurme heraufklangen, mürsch und ärgerlich; aber sie ermahnte dann stets ihre Nichte, das Ohr gegen solche eitle Singerei zu schließen, indem sie sie versicherte, dies sey einer der Kunstgriffe des »entgegengesetzten Geschlechtes,« durch welche einfache Mädchen oft in ihr Verderben gelockt würden. Ach! was vermag bei einem einfachen Mädchen eine trockne Predigt gegen ein Mondschein-Ständchen.

Endlich hob König Philipp seinen Aufenthalt zu Granada auf und reiste plötzlich mit seinem ganzen Gefolge ab. Die wachsame Fredegonda gab auf den königlichen Zug acht, wie er aus dem Thor der Gerechtigkeit herauskam und den großen Weg, der in die Stadt führt, hinabging. Als die letzte Fahne aus ihrem Auge entschwand, wendete sie sich freudig zu dem Thurm, denn alle ihre Sorgen waren vorüber. Zu ihrem Staunen scharrte ein leichtes arabisches Pferd den Boden am Gartenpförtchen: – zu ihrem Schrecken sah sie durch das Rosengebüsch einen Jüngling in buntschmuckem Kleid zu den Füßen ihrer Nichte. Bei dem Schall von Fußtritten bot er ihr ein zärtliches Lebewohl, sprang leicht über den Myrthen- und Schilfzaun, schwang sich auf sein Roß und war augenblicklich verschwunden.

Die zärtliche Jacinta verlor in der Heftigkeit ihres Kummers jeden Gedanken an den Unwillen ihrer Tante. Sie stürzte sich in ihre Arme und brach in Seufzer und Thränen aus.

»Ay de mi!« rief sie: »er ist fort! – er ist fort! – er ist fort! – und ich werde ihn nie wieder sehen!«

»Fort? – Wer ist fort? Was war dies für ein Jüngling, den ich zu deinen Füßen sah?«

»Ein Page der Königin, Tante, der mir Lebewohl gesagt hat.«

»Ein Page der Königin, Kind!« wiederholte die wachsame Fredegonda schwach: »Und wann wurdest du mit einem Pagen der Königin bekannt?«

»Am Morgen, an welchem der Geierfalke in den Thurm kam. Es war der Königin Geierfalke – er suchte ihn bei uns.«

»O albernes, albernes Mädchen! wisse, daß es keine Geierfalken gibt, die halb so gefährlich sind, wie diese jungen windigen Pagen, und grade so einfältige Vögel, wie du einer bist, fassen sie am ersten mit ihren Krallen.«

Die Tante war anfangs unwillig, als sie erfuhr, daß, trotz ihrer gerühmten Wachsamkeit, ein zärtlicher Verkehr von dem jungen Liebespaar fast unter ihren Augen unterhalten worden war; als sie aber fand, daß ihre arglose Nichte, obgleich sie so, ohne den Schutz von Riegel und Schloß, den Ränken des entgegengesetzten Geschlechtes ausgesetzt war, die Feuerprobe unversengt bestanden hatte, tröstete sie sich mit der Ueberzeugung, daß solches nur den keuschen und vorsichtigen Grundsätzen zuzuschreiben sey, in welche sie sich so zu sagen bis an die Lippen getaucht hatte.

Während die Tante diese lindernde Salbe auf ihren Stolz legte, erinnerte sich die Nichte der oft wiederholten Schwüre der Treue des Pagen. Aber was ist die Liebe des rastlosen, umstreifenden Mannes? Ein irrer Strom, der eine Zeitlang mit jeder Blume an seinem Ufer tändelt, dann dahinfließt und sie alle in Thränen zurückläßt.

Tage, Wochen, Monden vergingen und keine Kunde kam von dem Pagen. Die Granate reifte, die Rebe bot ihre Frucht, die Herbstregen stürzten in Strömen von den Bergen nieder; die Sierra Nevada umkleidete sich mit ihrem schneeigen Mantel und die Winterstürme heulten durch die Säle der Alhambra – immer kam er nicht. Der Winter verging. Wieder brach der muntere Frühling hervor, von Gesang, Blüthen und duftigen Zephyren begleitet; der Schnee schmolz auf den Bergen, bis keiner mehr blieb als der auf dem luftigen Gipfel der Nevada, der durch die warme Sommerluft glänzte. Aber immer ließ sich nichts von dem vergeßlichen Pagen hören.

Unterdessen wurde die arme kleine Jacinta blaß und gedankenvoll. Sie gab ihre früheren Beschäftigungen und Vergnügen auf, ihre Seide lag verwirrt da, die Guitarre unbezogen, ihre Blumen wurden vergessen, die Töne ihres Vogels überhört und ihre, sonst so glänzenden Augen waren von heimlichem Weinen getrübt. Wenn irgend eine Einsamkeit geeignet ist, die Leidenschaft eines liebessiechen Mädchens zu nähren, so ist es ein Ort wie die Alhambra, wo alles dazu beiträgt, zärtliche und romantische Träumereien zu erzeugen. Sie ist ein wahres Paradies für Liebende: wie traurig daher, in einem solchen Paradies allein zu seyn – und nicht nur allein, sondern verlassen.

»Ach, albernes Kind,« – sagte wohl die gesetzte und unbefleckte Fredegonda, wenn sie ihre Nichte in ihrer trüben Laune sah: »habe ich dich nicht vor den Listen und Tücken dieser Männer gewarnt? was konntest du aber auch von dem Abkömmling einer stolzen und ehrgeizigen Familie erwarten? – du, eine Waise, der Sprößling eines gesunkenen und verarmten Geschlechtes? Sei überzeugt, wenn der Jüngling auch treu wäre, würde sein Vater, einer der stolzesten Edeln am Hofe, seine Verbindung mit einem so niedrigen und armen Wesen, wie du bist, untersagen. Fasse daher Muth und scheuche diese eiteln Gedanken aus deinem Kopfe.«

Die Worte der unbefleckten Fredegonda dienten nur, die Schwermuth ihrer Nichte zu vermehren, aber sie suchte ihr im stillen nachzuhängen. Als sich einst spät in einer Sommernacht ihre Tante zur Ruhe begeben hatte, blieb sie allein in dem Saale des Thurms an dem Alabaster-Brunnen sitzen. Hier hatte der treulose Page zuerst geknieet und ihre Hand geküßt; hier hatte er ihr so oft ewige Treue geschworen. Des armen kleinen Mädchens Herz war übervoll von traurigen und zärtlichen Erinnerungen, ihre Thränen begannen zu fließen und fielen langsam, Tropfen um Tropfen, in den Brunnen. Allmählig bewegte sich das Wasser, sprudelte auf, wogte hin und her, bis eine weibliche Gestalt, reich in maurische Gewänder gekleidet, sich langsam emporhob.

Jacinta erschrack so, daß sie aus dem Saal floh und nicht mehr zurückzukehren wagte. Am nächsten Morgen erzählte sie ihrer Tante, was sie gesehen hatte, aber die gute Frau betrachtete es für ein Schattenbild ihres beunruhigten Geistes oder dachte, sie sey eingeschlafen und habe an dem Brunnen geträumt. »Du hast an die Geschichte der drei maurischen Prinzessinnen gedacht, welche einst in diesem Thurme wohnten,« fuhr sie fort, »und dies ging in deine Träume über.«

»Welche Geschichte, Tante? ich weiß nichts davon.«

»Du hast gewiß von den drei Prinzessinnen, Zayda, Zorayda und Zorahayda gehört, welche von dem König ihrem Vater in diesen Thurm gesperrt wurden und mit drei christlichen Rittern zu fliehen beschlossen. Die zwei erstern flohen auch wirklich, aber die dritte verließ der Muth und man sagt, sie sey in diesem Thurme gestorben.«

»Ich erinnere mich jetzt davon gehört zu haben,« sagte Jacinta; »ja, ich habe über das Schicksal der holden Zorahayda oft geweint.«

»Wohl magst du über ihr Schicksal weinen,« fuhr die Tante fort; »denn Zorahaydas Geliebter war dein Vorfahr. Er trauerte lange um seine maurische Liebe, aber die Zeit heilte ihn von seinem Gram und er heirathete eine spanische Dame, von welcher du abstammst.«

Jacinta dachte über diese Worte nach. »Was ich gesehen habe, ist kein Hirngespinnst,« sagte sie zu sich, »ich weiß es gewiß. Wenn es in der That der Geist der holden Zorahayda ist, der, wie ich höre, in diesem Thurme wandert, – wovor sollte mir bangen? Ich will heute Nacht am Brunnen bleiben – vielleicht zeigt sie sich mir noch einmal.«

Gegen Mitternacht, als alles ruhig war, setzte sie sich wieder in den Saal. Wie die Glocke in dem fernen Wartthurm der Alhambra die Stunde der Mitternacht verkündete, bewegte sich das Wasser des Brunnens wieder, es sprudelte und wogte, bis das Maurische Weib wieder empor stieg. Sie war jung und schön; ihr Kleid war reich an Juwelen und in der Hand hielt sie eine silberne Laute; Jacinta zitterte und war einer Ohnmacht nahe; aber die sanfte und klagende Stimme der Erscheinung und der liebliche Ausdruck ihres blassen schwermüthigen Gesichts beruhigten sie.

»Tochter der Sterblichen,« sagte sie, »was fehlt dir? Warum trüben deine Thränen meinen Brunnen und stören deine Seufzer und Klagen die friedlichen Wachen der Nacht?«

»Ich weine über die Treulosigkeit eines Mannes und klage um mein einsames und verlassenes Loos.«

»Tröste dich; deine Sorgen können noch ein Ende finden. Du siehst eine Maurische Prinzessin vor dir, welche, wie du, in ihrer Liebe unglücklich war. Ein christlicher Ritter, dein Ahnherr, gewann mein Herz und würde mich in sein Heimathland und in den Schooß seiner Kirche gebracht haben. In meinem Herzen war ich eine Bekehrte, aber mir fehlte ein Muth, der meinem Glauben gleich gewesen wäre, und ich zauderte, bis es zu spät war. Deswegen haben die bösen Geister Gewalt über mich und ich bleibe in diesen Thurme gebannt, bis ein reiner Christ den Zauber bricht. Willst du dies unternehmen?«

»Ich will,« antwortete das Mädchen zitternd.

«So komm hierher und fürchte nichts; tauche deine Hand in den Brunnen, besprenge mich mit dem Wasser und taufe mich nach der Sitte deines Glaubens; so wird der Zauber vernichtet werden und mein irrer Geist Ruhe finden.«

Das Mädchen näherte sich wankenden Schrittes, tauchte ihre Hand in den Brunnen, nahm Wasser in die hohle Hand und sprengte es über das blasse Antlitz der Erscheinung.

Diese lächelte mit unaussprechlicher Milde. Sie ließ ihre Silberlaute zu Jacintas Füßen fallen, faltete ihre weißen Arme über ihrem Busen und verschwand; es war blos, als wenn ein Schauer von Thautropfen in den Brunnen gefallen wäre.

Voll Staunen und Schrecken verließ Jacinta den Saal. Sie schloß diese Nacht kaum ein Auge und als sie mit Tagesanbruch aus einem beunruhigten Schlaf erwachte, schien ihr das Ganze einem Fiebertraum ähnlich. Als sie aber in den Saal hinabging, zeigte sich die Wahrheit der Erscheinung, denn sie sah neben dem Brunnen die Silberlaute im Morgensonnenschein glänzen.

Sie eilte zu ihrer Tante, um ihr alles zu erzählen, was ihr begegnet war, und forderte sie auf, die Laute als Beweis der Wirklichkeit ihrer Erzählung zu betrachten. Wenn die gute Frau ja noch einige Zweifel hatte, so wurden diese zerstreut, als Jacinta das Instrument berührte, denn sie entlockte demselben so hinreißende Töne, daß selbst die eisige Brust der unbefleckten Fredegonda, diese Region ewigen Winters, aufthaute und sich freudig erschloß. Nur eine übernatürliche Musik konnte eine solche Wirkung hervorbringen.

Die außerordentliche Macht der Laute wurde täglich bemerkbarer. Der Wanderer, der an dem Thurme vorbeikam, blieb in athemlosem Entzücken sozusagen festgezaubert. Selbst die Vögel sammelten sich auf den benachbarten Bäumen, und lauschten, ihrer eignen Lieder vergessend, in stummem Entzücken.

Das Gerücht verbreitete die Neuigkeit bald weiter. Die Bewohner Granadas strömten zu der Alhambra, um einige Töne der herrlichen Musik zu erhaschen, die um den Thurm der Prinzessinnen erscholl.

Die liebliche kleine Künstlerin wurde endlich ihrer Einsamkeit entrückt. Die Reichen und Mächtigen des Landes stritten sich, sie zu bewirthen und mit Ehren zu überhäufen, oder vielmehr sich den Zauber ihrer Laute zu sichern, um die Modewelt in Schaaren in ihre Säle zu locken. Wohin sie ging, hielt ihre sorgsame Tante die Wache eines Drachen an ihrer Seite und schreckte den Strom verliebter Bewunderer, die entzückt an ihrem Gesange hingen, zurück. Die Sage von ihrer wundervollen Gabe ging von Stadt zu Stadt. Malaga, Sevilla, Cordova – alle wurden nach und nach in den Strudel hineingerissen und man sprach in ganz Andalusien von nichts mehr, als von der schönen Künstlerin der Alhambra. Wie konnte es auch bei einem so musikalischen und verliebten Volke, wie die Andalusier, anders kommen, – da die Macht der Laute magisch und die Künstlerin von Liebe begeistert war? –

Während ganz Andalusien so musiktoll war, herrschte an dem spanischen Hofe eine ganz andere Stimmung. Philipp V. war, wie wohl bekannt ist, ein unglücklicher Hypochondrist und allen Arten von Grillen unterworfen. Manchmal blieb er wochenlang im Bette und ächzte in eingebildeten Schmerzen. Ein anderes Mal bestand er darauf, dem Thron entsagen zu wollen: zum großen Aerger seiner königlichen Gemalin, die für den Glanz des Hofes und die Glorie einer Krone eine ziemliche Neigung hatte und den Scepter ihres kindischen Gemals mit kluger und fester Hand führte.

Nichts zeigte sich wirksamer, die königlichen Schwindel zu verscheuchen, als die Macht der Musik; der König sorgte daher, die besten Sänger und Tonkünstler zur Hand zu haben, und behielt den berühmten italienischen Sänger Farinelli als eine Art königlichen Leibarztes bei Hofe.

In dem Augenblicke jedoch, von welchem wir sprechen, hatte sich in dem Kopf dieses weisen und erlauchten Bourbons eine Grille festgesetzt, welche alle frühere Einfälle übertraf. Nach einer langen eingebildeten Krankheit, die allen Arien Farinellis und den Berathungen eines ganzen Orchesters von Hofgeigern Trotz bot, gab der Monarch in Gedanken den Geist auf und hielt sich für maustodt.

Dies wäre ziemlich harmlos, ja, selbst der Königin und den Höflingen ganz gelegen gewesen, wenn er sich bequemt hätte, in der für einen Todten passenden Ruhe zu bleiben. Zu ihrer Qual bestand er aber darauf, die Leichenzeremonien mit sich vorgenommen sehen zu wollen und begann zu ihrer unaussprechlichen Verwirrung, ungeduldig zu werden und über ihre Nachlässigkeit und Geringschätzung, ihn so lange unbegraben zu lassen, bitter zu schelten. Was war zu thun? Den bestimmten Befehlen des Königs nicht zu gehorchen, war in den Augen der dienstwilligen Höflinge eines pünktlichen Hofes scheuslich – aber ihnen zu gehorchen und ihn lebendig zu begraben, wäre offenbarer Königsmord gewesen.

Mitten in dieser fürchterlichen Verlegenheit erreichte das Gerücht von einer Künstlerin, die ganz Andalusien den Kopf verdrehte, den Hof. Die Königin sandte in aller Eile Boten ab, sie nach Sanct Ildefonso zu bescheiden, wo damals der Hof residirte.

Als einige Tage darauf die Königin mit ihren Staatsdamen in jenen prächtigen Gärten lustwandelte, welche mit ihren Gängen, Terrassen und Brunnen den Ruhm von Versailles auszustechen bestimmt waren, wurde die weitberühmte Künstlerin vor sie geführt. Die königliche Elisabeth blickte erstaunt auf das jugendliche und anspruchslose Aeußere des kleinen Wesens, welches der Welt den Kopf verrückte. Sie war in ihrer malerischen andalusischen Tracht, hielt ihre Silberlaute in der Hand und stand mit bescheiden gesenkten Augen, aber in einer Einfachheit und Frische der Schönheit da, welche in ihr stets noch »die Rose der Alhambra« ankündigte.

Wie gewöhnlich war sie von der immer wachsamen Fredegonda begleitet, welche der wißbegierigen Königin die ganze Geschichte ihrer Abstammung und Herkunft erzählte. Wenn die hohe Elisabeth von Jacintas Aeusserem freundlich angesprochen worden war, so freute sie sich noch mehr, als sie erfuhr, daß sie aus einem verdienten obgleich herabgekommenen Geschlechte stammte und daß ihr Vater im Dienste der Krone als braver Krieger gefallen war. »Wenn dein Talent deinem Rufe gleich kömmt,« sagte sie, »und du diesen bösen Geist bannen kannst, der in deinem Könige wohnt, so soll fortan dein Glück meine Sorge seyn und Ehren und Reichthum werden dich erwarten.«

Ungeduldig, ihre Geschicklichkeit zu erproben, begab sie sich alsbald in das Gemach ihres launenvollen Gemals.

Durch Reihen von Wachen und Schaaren von Höflingen folgte Jacinta mit gesenktem Auge. Sie kamen endlich in ein großes Gemach, das schwarz ausgelegt war. Die Fenster waren geschlossen, um kein Taglicht eindringen zu lassen: eine Anzahl gelber Wachskerzen auf silbernen Leuchtern verbreiteten ein düsteres Licht und zeigten schwach die Gestalten von Dienern in Trauerkleidern, und von Höflingen, die mit geräuschlosem Schritt und verzweifeltem Gesicht umher schlichen. In der Mitte lag auf einem Paradebett, die Hände auf der Brust gefaltet, und bis zur Spitze der Nase verhüllt, der gern-begraben-seyn-wollende Monarch ausgestreckt.

Die Königin trat schweigend in das Gemach, zeigte auf einen Schemel in einem dunkeln Winkel und winkte Jacinta, sich niederzulassen und anzufangen.

Anfangs rührte sie die Laute mit bebender Hand, dann aber faßte sie Muth, und wurde während des Spiels erregt und ließ eine so himmlische Musik hören, daß alle Anwesenden vor Staunen und Entzücken außer sich waren. Der Monarch aber, der sich bereits in der Welt der Geister glaubte, dachte die Musik der Engel oder der Sphären zu hören. Allmählig wechselte der Vortrag und die Stimme der Künstlerin begleitete das Instrument. Sie sang eine der alten Balladen von dem ehemaligen Ruhm der Alhambra und den Thaten der Mauren. Ihre ganze Seele ging in den Vortrag ein, denn mit den Erinnerungen an die Alhambra war die Geschichte ihrer Liebe verwebt. Dies Todtengemach hallte von dem belebenden Gesange wieder. Er fand den Weg in das düstere Herz des Königs. Er hob sein Hand und schaute rund um: er richtete sich in seinem Bette auf, sein Auge begann zu glänzen – endlich sprang er auf den Boden und rief nach Schild und Schwert.

Der Triumph der Musik, oder vielmehr der bezauberten Laute, war vollkommen; der Geist der Schwermuth war verscheucht und gewissermaßen ein Todter in das Leben zurückgerufen worden. Die Fenster des Gemaches wurden geöffnet; der glorreiche Glanz spanischen Sonnenscheins drang in die gewesene Todtenkammer; alle Augen suchten die holde Zauberin; aber die Laute war aus ihrer Hand gefallen, sie war niedergesunken und wurde im nächsten Augenblick an die Brust von Ruyz de Alarcon gepreßt.

Die Hochzeit des glücklichen Paares wurde bald darauf mit großem Glanze gefeiert; doch still – ich höre den Leser fragen, wie Ruyz de Alarcon sein langes Schweigen entschuldigte? O, daran war allein der Widerstand eines stolzen, eigensinnigen alten Vaters Schuld; überdies kommen junge Leute, die wirklich einander gern haben, bald zu einem freundlichen Einverständniß und begraben alle früheren Beschwerden, wenn sie sich wiedersehen.

Aber wie kam es, daß der stolze eigensinnige Vater in die Heirath willigte?

O, ein oder zwei Worte der Königin verscheuchten bald alle seine Bedenklichkeiten, besonders da es Würden und Belohnungen auf den blühenden Liebling der Königin regnete. Ueberdies besaß, wie Ihr wißt, Jacintas Laute eine Zaubermacht, welche über den eigensinnigsten Kopf und die härteste Brust gebieten konnte.

Und was wurde aus der bezauberten Laute?

O, dies ist das allermerkwürdigste bei der Sache und beweist offenbar die Wahrheit der ganzen Geschichte. Diese Laute blieb eine Zeitlang in der Familie, wurde aber von dem großen Sänger Farinelli, wie man glaubte, aus bloßer Eifersucht, entwendet und weggebracht. Nach seinem Tode kam sie in Italien an andere Besitzer, welche mit ihrer geheimnißvollen Macht unbekannt waren, das Silber einschmolzen und mit den Saiten eine alte Cremoneser Geige bezogen. Die Saiten haben noch etwas von ihrer magischen Kraft. Ein Wort in des Lesers Ohr, aber erzählt es nicht weiter – diese Geige bezaubert jetzt die ganze Welt – es ist die Geige Paganinis.

< Sage von des Mauren Vermächtniß
Der Veteran >



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