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William Shakespeare

Viel Lärm um nichts

Dritter Aufzug

eingestellt: 22.6.2007

Erste Szene



Es treten auf Hero, Margareta, Ursula

Hero.

Lauf, Margareta, in den Saal hinauf,

Dort findst du meine Muhme Beatrice

Mit Claudio und dem Prinzen im Gespräch:

Raun ihr ins Ohr, daß ich und Ursula

Im Garten sind und unsre Unterhaltung

Nur sie betrifft; sag, daß du uns behorcht.

Dann heiß sie schleichen in die dichte Laube,

Wo Geißblattranken, an der Sonn erblüht,

Der Sonne Zutritt wehren: - wie Günstlinge,

Von Fürsten stolz gemacht, mit Stolz verschatten

Die Kraft, die sie erschaffen. - Dort versteckt

Soll sie uns reden hören: dies besorge,

Mach deine Sachen gut und laß uns jetzt.

Margareta.

Ich schaffe gleich sie her, verlaßt Euch drauf. (Ab.)

Hero.

Nun, Ursula, wenn Beatrice kommt

Und wir im Baumgang auf- und niederwandeln,

Sei einzig nur vom Benedikt die Rede.

Wenn ich ihn nenne, sei es deine Rolle,

Ihn mehr, als je ein Mann verdient, zu loben.

Darauf erzähl ich dir, wie Benedikt

In Beatricen sterblich sei verliebt.

So schnitzt der kleine Gott die schlauen Pfeile,

Die schon durch Hören treffen. Jetz fang an:

Denn sieh nur, Beatrice, wie ein Kiebitz,

Schlüpft dicht am Boden hin, uns zu belauschen. (Beatrice schleicht in die Laube.)

Ursula.

Die Lust beim Angeln ist, sehn, wie der Fisch

Den Silberstrom mit goldnen Rudern teilt,

Den tückschen Haken gierig zu verschlingen.

So angeln wir nach jener, die sich eben

Geduckt dort in die Geißblatthülle birgt.

Sorgt nicht um meinen Anteil am Gespräch.

Hero.

Komm näher nun, daß nichts ihr Ohr verliere

Vom süßen Köder, den wir trüglich legen.

(Sie nähern sich der Laube.)

Nein, wahrlich, Ursula, sie ist zu stolz.

Ich kenn ihr Herz, es ist so spröd und wild

Wie ungezähmte Falken.

Ursula.

Ist's denn wahr?

Liebt Benedikt so einzig Beatricen?

Hero.

So sagt der Prinz und auch mein Bräutigam.

Ursula.

Und trugen sie Euch auf, es ihr zu sagen?

Hero.

Sie baten mich, ich mög es ihr entdecken.

Ich sprach, da Benedikt ihr Freund, sie möchten

Ihm raten, diese Neigung zu besiegen,

Daß Beatrice nie davon erfahre.

Ursula.

Warum, mein Fräulein? Sagt, verdienet er

So reiche, vollbeglückte Ehe nicht,

Als Beatrice je gewähren kann?

Hero.

Beim Liebesgott! Ich weiß es, er verdient

Soviel, als man dem Manne nur vergönnt.

Doch schuf Natur noch nie ein weiblich Herz

Von spröderm Stoff, als das der Beatrice;

Hohn und Verachtung sprüht ihr funkelnd Auge

Und schmäht, worauf sie blickt: so hoch im Preise

Stellt sie den eignen Witz, daß alles andre

Ihr nur gering erscheint; sie kann nicht lieben,

Noch Bild und Form der Neigung in sich prägen,

So ist sie in sich selbst vergafft.

Ursula.

Gewiß,

Und darum wär's nicht gut, erführe sie's,

Wie er sie liebt; sie würd ihn nur verspotten.

Hero.

Da sagst du wahr. Ich sah noch keinen Mann,

So klug, so jung und brav, so schön gebildet,

Sie münzt ihn um ins Gegenteil. Wenn blond,

So schwur sie, sollt er ihre Schwester heißen.

Wenn schwarz, hatt' Natur einen Harlekin,

Sich zeichnend, einen Tintenfleck gemacht;

Schlank, war's ein Lanzenschaft mit schlechtem Kopf,

Klein, ein Achatbild, ungeschickt geschnitzt:

Sprach er, ein Wetterhahn für alle Winde,

Schwieg er, ein Block, den keiner je bewegt.

So kehrt sie stets die falsche Seit hervor

Und gibt der Tugend und der Wahrheit nie,

Was Einfalt und Verdienst erwarten dürfen.

Ursula.

Gewiß, so scharfer Witz macht nicht beliebt.

Hero.

O nein! So schroff, so außer aller Form,

Wie's Beatrice liebt, empfiehlt wohl nie.

Wer aber darf ihr's sagen? Wollt ich reden,

Ich müßt an ihrem Spott vergehn; sie lachte

Mich aus mir selbst, erdrückte mich mit Witz.

Mag Benedikt drum wie verdecktes Feuer

In Seufzern sterben, innen sich verzehren:

Das ist ein beßrer Tod, als totgespottet,

Was schlimmer ist, als totgekitzelt werden.

Ursula.

Erzählt's Ihr doch, hört, was sie dazu sagt.

Hero.

Nein, lieber geh ich selbst zu Benedikt

Und rat ihm, seine Leidenschaft zu zähmen.

Und wahrlich, einge ehrliche Verleumdung

Auf meine Muhm ersinn ich. Niemand glaubt,

Wie leicht ein böses Wort die Gunst vergiftet.

Ursula.

Tut Eurer Muhme nicht so großes Unrecht,

Sie kann nicht alles Urteil so verleugnen,

Mit soviel schnellem, scharfem Witz begabt

(Als man sie dessen rühmt), zurückzuweisen

Solch seltnen Kavalier als Signor Benedikt.

Hero.

In ganz Italien sucht er seinesgleichen:

Versteht sich, meinen Claudio ausgenommen.

Ursula.

Ich bitt Euch, zürnt mir deshalb nicht, mein Fräulein:

Nach meiner Ansicht glaub ich, Signor Benedikt

Gilt nach Gestalt und Haltung, Geist und Mut

In unserm Welschland für den ersten Mann.

Hero.

Gewiß, er ist von hochbewährtem Ruf.

Ursula.

Den ihm sein Wert verdient, eh er ihn hatte.

Wann macht Ihr Hochzeit, Fräulein?

Hero.

Nun, allernächstens; morgen wohl. Jetzt komm,

Ich will dir Kleider zeigen, rate mir,

Was morgen mich am besten schmücken wird.

Ursula.

Die klebt am Leim: Ihr fingt sie, dafür steh ich.

Hero.

So bringt ein Zufall Amorn oft Gelingen:

Den trifft sein Pfeil, den fängt er sich mit Schlingen. (Beide ab.)

Beatrice (kommt hervor)

Welch Feur durchströmt mein Ohr! Ist's wirklich wahr?

Wollt ihr mir Spott und Hohn so scharf verweisen?

Leb wohl denn, Mädchenstolz, auf immerdar,

Mich lüstet nimmermehr nach solchen Preisen.

Und, Benedikt, lieb immer: so gewöhn ich

Mein wildes Herz an deine teure Hand:

Sei treu, und, Liebster, deine Treue krön ich,

Und unsre Herzen bind ein heilges Band.

Man sagt, du bist es wert, und ich kann schwören,

Ich wußt es schon, und besser als vom Hören. (Ab.)

Zweite Szene



Zimmer in Leonatos Hause

Don Pedro, Claudio, Benedikt und Leonato

Don Pedro.

Ich bleibe nur noch, bis Eure Hochzeit vorüber ist, und gehe dann nach Arragon zurück.

Claudio.

Ich will Euch dahin begleiten, mein Fürst, wenn Ihr mir's vergönnen wollt.

Don Pedro.

Nein, das hieße, den neuen Glanz Eures Ehestands ebenso verderben, als einem Kinde sein neues Kleid zeigen und ihm verbieten, es zu tragen. Ich will mir nur Benedikts Gesellschaft erbitten, denn der ist von der Spitze seines Scheitels bis zur Sohle seines Fußes lauter Fröhlichkeit. Er hat Cupidos Bogensehne zwei- oder dreimal durchschnitten, und der kleine Henker wagt seitdem nicht mehr, auf ihn zu schießen. Er hat ein Herz, so gesund und ganz wie eine Glocke, und seine Zunge ist der Klöpfel, denn was sein Herz denkt, spricht seine Zunge aus.

Benedikt.

Ihr Herrn, ich bin nicht mehr, der ich war.

Leonato.

Das sag ich auch, mir scheint, Ihr seid ernster.

Claudio.

Ich hoffe, er ist verliebt.

Don Pedro.

Fort mit dem unnützen Menschen! - Es ist kein so wahrer Blutstropfen in ihm, daß er durch eine Liebe wahrhaft gerührt werden könnte; ist er ernst, so fehlt's ihm an Geld.

Benedikt.

Mich schmerzt der Zahn.

Don Pedro.

Heraus damit! - Was! um Zahnweh seufzen?

Leonato.

Was doch nur ein Fluß oder ein Wurm ist?

Benedikt.

Gut, jeder kann den Schmerz bemeistern, nur der nicht, der ihn fühlt.

Claudio.

Ich bleibe doch dabei, er ist verliebt.

Don Pedro.

Es ist kein Zeichen verliebter Grillen an ihm, es müßte denn die Grille sein, mit der er in fremde Moden verliebt ist - also z. B. heut ein Holländer, morgen ein Franzos, oder in der Tracht zweier Länder zugleich, ein Deutscher, vom Gürtel abwärts ganz Pluderhosen, und ein Spanier drüber, ohne Wams. Hätte er also nicht eine verliebte Grille für diese Narrheit (wie er sie denn wirklich hat), so wäre er kein Narr aus Liebe, wie ihr ihn dazu machen wollt.

Claudio.

Wenn er nicht in irgendein Frauenzimmer verliebt ist, so traut keinem Wahrzeichen mehr. Er bürstet alle Morgen seinen Hut; was kann das sonst bedeuten?

Don Pedro.

Hat ihn jemand beim Barbier gesehn?

Claudio.

Nein, aber wohl den Barbiersdiener bei ihm, und die alte Zier seiner Wangen ist schon gebraucht, Bälle damit zu stopfen.

Leonato.

In der Tat, er sieht um einen Bart jünger aus.

Don Pedro.

Und was mehr ist, er reibt sich mit Bisam; merkt ihr nun, wo 's ihm fehlt?

Claudio.

Das heißt mit andern Worten, der holde Knabe liebt.

Don Pedro.

Der größte Beweis ist seine Schwermut.

Claudio.

Und wann pflegte er sonst sein Gesicht zu waschen?

Don Pedro.

Ja, oder sich zu schminken? Ich höre aber wohl, was man deswegen von ihm sagt.

Claudio.

Und sein sprudelnder Geist! der jetzt in eine Lautensaite gekrochen ist und durch Griffe regiert wird.

Don Pedro.

Freilich, das alles kündigt eine tragische Geschichte an. Summa summarum, er ist verliebt.

Claudio.

Ja, und ich weiß auch, wer in ihn verliebt ist.

Don Pedro.

Nun, das möchte ich auch wissen. Ich wette, es ist eine, die ihn nicht kennt.

Claudio.

O freilich! Ihn und alle seine Fehler; und die demungeachtet für ihn stirbt.

Don Pedro.

Die muß mit dem Gesicht aufwärts begraben werden.

Benedikt.

Das alles hilft aber nicht für mein Zahnweh. Alter Herr, kommt ein wenig mit mir auf die Seite; ich habe acht oder neun vernünftige Worte ausstudiert, die ich Euch sagen möchte, und die diese Steckenpferde nicht zu hören brauchen. (Benedikt und Leonato ab.)

Don Pedro.

Ich wette mein Leben, er hält bei ihm um Beatricen an.

Claudio.

Ganz gewiß. Hero und Margarete haben unterdes ihre Rolle mit Beatricen gespielt, und nun werden wohl diese Bären einander nicht beißen, wenn sie sich begegnen. Don Juan kommt.

Don Juan.

Mein Fürst und Bruder, grüß Euch Gott!

Don Pedro.

Guten Tag, Bruder.

Don Juan.

Wenn es Euch gelegen wäre, hätte ich mit Euch zu reden.

Don Pedro.

Allein?

Don Juan.

Wenn es Euch gefällt - doch Graf Claudio mag's immer hören; denn was ich zu sagen habe, betrifft ihn.

Don Pedro.

Wovon ist die Rede?

Don Juan.

Gedenkt Ihr Euch morgen zu vermählen, edler Herr?

Don Pedro.

Das wißt Ihr ja.

Don Juan.

Das weiß ich nicht, wenn er erst wissen wird, was ich weiß.

Claudio.

Wenn irgendein Hindernis stattfindet, so bitte ich Euch, entdeckt es.

Don Juan.

Ihr denkt vielleicht, ich sei Euer Freund nicht: das wird sich hernach ausweisen, und Ihr werdet mich besser würdigen, erfahrt Ihr, was ich Euch entdecken werde. Von meinem Bruder glaube ich, daß er Euch wohlwill und aus Herzensliebe Euch dazu verholfen hat, Eure baldige Heirat ins Werk zu richten. In Wahrheit, eine schlimm angebrachte Werbung! Eine schlimm verwandte Mühe! -

Don Pedro.

Nun? was wollt Ihr damit sagen?

Don Juan.

Ich kam hieher, es Euch mitzuteilen; und um die Sache kurz zu fassen - denn es ist schon zu lange die Rede davon gewesen - das Fräulein ist treulos.

Claudio.

Wer? Hero?

Don Juan.

Eben sie; Leonatos Hero, Eure Hero - jedermanns Hero.

Claudio.

Treulos?

Don Juan.

Das Wort ist zu gut, ihre Verderbtheit zu malen: ich könnte sie leicht schlimmer nennen. Denkt nur auf die schlimmste Benennung, ich werde sie rechtfertigen. Wundert Euch nicht, bis wir mehr Beweis haben: geht nur heut abend mit mir, dann sollt Ihr sehn, wie ihr Kammerfenster erstiegen wird, und zwar noch in der Nacht vor ihrem Hochzeitstage. Wenn Ihr sie dann noch liebt, so heiratet sie morgen; aber Eurer Ehre wird es freilich besser stehn, wenn Ihr Eure Gedanken ändert.

Claudio.

Wär es möglich?

Don Pedro.

Ich will es nicht glauben.

Don Juan.

Habt Ihr nicht Mut, zu glauben, was Ihr seht, so bekennt auch nicht, was Ihr wißt. Wollt Ihr mir folgen, so will ich Euch genug zeigen. Wenn Ihr erst mehr gehört und gesehn habt, so tut hernach, was Euch beliebt.

Claudio.

Sehe ich diese Nacht irgend etwas, weshalb ich sie morgen nicht heiraten könnte, so will ich sie vor der ganzen Versammlung, wo sie getraut werden sollte, beschimpfen.

Don Pedro.

Und so wie ich für dich warb, sie zu erlangen, so will ich mich nun mit dir vereinigen, sie zu beschämen.

Don Juan.

Ich will sie nicht weiter verunglimpfen, bis ihr meine Zeugen seid. Seid nur ruhig bis Mitternacht, dann mag der Ausgang sich offenbaren.

Don Pedro.

O Tag, verkehrt und leidig!

Claudio.

O Unglück, fremd und seltsam!

Don Juan.

O Schmach mit Glück verhütet:

So sollt ihr sagen, saht ihr erst den Ausgang. (Alle ab.)

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