Frei Lesen: Isegrimm

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Kapitelübersicht

Die Schwedenschanze | Die Blutsteine. | Der Quilitzer Knecht. | Die Querbelitzer Schenke. | Schemelbeine. | Isegrimms Haus. | Isegrimm. | Eine Rückfahrt. | Alte Geschichten. | Die erste Nacht in Haus Ilitz. | Eine Erscheinung im Walde. | Der Ball muß sein. | Zwei Anstands-Visiten. | Malchen. | Ein Wetterstrahl im Ratskeller. | Zum Ball oder nicht zum Ball? | Die Ouverture zur Ballmusik. | Die Ballnacht. | Vorm Scheunentor. | Im Schnee. | Jede Schlacht fordert Präparationen. | Schulze und Edelmann. | Die Einquartierung. | d'Espignac. | Der kleine Krieg. | Der Versucher im Hause. | Scheiden. | Ritter und Reiter. | Wendisch oder germanisch. | Das Schwert des Cid. | Der Beichtvater. | Chaotische Besuche. | Der unbegreifliche Brief. | Das Vaterland und bürgerlichen Offiziere. | Die Brücke in die Zukunft. | Eine deutsche Konversation. | Nachtgespenster. | Der Krieg ist nicht Zeit zu Hochzeiten. | Das Ahnenbild stürzt. | Ein verhängnisvoller Brief. | Die Katastrophe. | Ein Doppelgänger. | Eine dunkle Tat. | Ein politisches Geheimnis. | Ihr von Ilitz, Ihr von Ilitz, Solltet nimmermehr nach Quilitz! | Ein Gewitterschlag. | Ein ernstes Zwiegespräch. | Friede und Resignation. | Nach sechs Jahren. | Von Hochgezieten. | Gräfin Heilsberg. | Querl. | Schluß. |

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Willibald Alexis

Isegrimm

Ein politisches Geheimnis.

eingestellt: 25.7.2007

Vierundvierzigstes Kapitel.

Ein politisches Geheimnis.



Der Nacken war ihm »geduckt«, dem eisernen Manne. Hatten nicht alle für ihn gelogen, und davon lebte er, der Mann der Wahrheit! Aber es war nicht rostiges Eisen, es war Stahl, darum wollte er sich immer wieder heben und aufschnellen. War es schon ehedem nicht gut gewesen, mit Isegrimm umzugehen, jetzt wußten wenige, wie sie mit ihm dran waren; in dem Augenblick schien er weich, daß man ihn um den Finger wickeln mochte, und dann fuhr und schoß er auf, als hätte der Blitz in ein Pulverfaß geschlagen.

Es liegen Tage, Wochen, vielleicht Monate dazwischen, seit wir ihn heimkehren sahen ins Haus seiner Väter, und der Frühling hatte die winterliche Erde mit Knospen, Blättern und Blüten bekleidet, die nur für ihn nicht zu duften und zu blühen schienen. Im Hause aber war vieles anders geworden. Der verwundete Kolonel war genesen und längst zur Armee nach Ostpreußen abgereist. Karoline, die älteste Tochter, war auch fort; sie lebte in Berlin bei einer verwandten Familie, »um sich im Französischen zu perfektionieren.« Alle wußten, sie war die im stillen verlobte Braut des Kolonel Marquis dEspignac. Einige sagten, sie wäre auch schon in der Stille mit ihm kopuliert worden, der Vater aber wollte nichts davon gesprochen wissen, bis Friede sei. Er haßte die Franzosen nach wie vor, aber es gäbe doch Ausnahmen, hatte er einmal hingeworfen; der Liebe seines Kindes habe er nicht widerstehen können.

Das erzählte man den vertrauteren Besuchern; und hinzufügte man, der Herr von der Quarbitz habe darin gleichsam ein Zeichen des Himmels erblickt, daß beide Familien schon früher, wenn der Stammbaum richtig sage, durch ein Ehebündnis in Verbindung getreten waren. Aber jedesmal, wenn das Gespräch darauf kam, verließ der Major das Zimmer. Und doch hatte er nicht verboten darüber zu sprechen.

Karoline von der Quarbitz war wirklich durch einen katholischen Priester mit Raoul dEspignac, Kolonel und Kommandeur in der Armee des Kaisers der Franzosen, heimlich getraut worden. Gerade gegen diese Vertrauten ließ man es fallen; aber wann die Kopulation stattgefunden, ob nach Raouls Genesung oder schon weit früher, das ließ man im Ungewissen. Ebensowenig wußte man, ob der Major zugegen gewesen. Behaupteten doch einige, er hätte seine Tochter erst wiedergesehen, als sie nach Berlin fuhr. Da hätte er das Fenster heimlich geöffnet und der Abfahrenden einen Blick nachgeworfen, und dann wären ihm die Tränen aus den Augen gestürzt: »Das kann ein Vater um sein Kind.«

Ausgemacht ist, daß er nie mehr Aug in Aug mit dem Kolonel sich begegnete. Und doch wandte dEspignac jedes Mittel an, ihn zu versöhnen; er hatte aber eines, wo es dem Major Mühe kostete, der Versuchung zu widerstehen. Er brauchte nur sein Pferd zu besteigen und im Hofe Schule zu reiten. Von oben blinzelte dann der Major durch die Fenstergardine und sprach in sich: »s ist wahr, daran ist reines Vollblut!« Aber als es zum Scheiden kam – Karoline und dEspignac waren allein unten im Saal – schickte der Vater durch Hans einen Degen herab: der Herr Kolonel möge das kostbare Familienerbstück nicht vergessen! – Da entfärbte sich Raoul dEspignac und etwas Nasses perlte über seine Wimpern: »Das ist bitter, mehr als bitter. Der Vater ist unversöhnlich.« Als sie ihn fragen wollte, was es sei, schien er über ihren Scheitel die Frage fortstreichen zu wollen.

»Die Deutschen sind und bleiben rigorose Bären! Wir trennen doch die schlimme Vergangenheit mit einem scharfen Schnitt von der besseren Gegenwart, und wenn ein Mann, ein Weib, die gesündigt, es wieder gutmachen wollen, nehmen wir sie gern und froh wieder unter uns auf: sie aber, die mit der Ewigkeit vor sich immer zu tun haben, wollen auch die Schuld hinter sich zu einer ewigen erheben.«

Karoline soll erwidert haben: sie kenne kein Vaterland hinter sich; ihres sei das, wo die Liebe sie hinführe, die nur sei ewig.

Wie dem nun sei, es war aber auch sonst noch viel Heimliches in Haus Ilitz. Man sah den Vater seit letzt mit fremden Männern in den dunkelsten Stellen des Parkes auf und ab gehen; bisweilen, wenn die Nacht einbrach, verschloß er sich mit ihnen in seiner oder des Verwalters Stube. Dann bestieg er auch öfter das Pferd, als er zu tun pflegte, und trotzdem, daß das Podagra ihn wieder heftiger plagte, machte er weite Ritte in die Nachbarschaft, von denen er erst spät heimkehrte. Es seien Geschäfte wegen Kauf und Ankauf von Vieh, sagte er, aber weil er dabei sie nicht ansah, glaubte es die gute Frau von Ilitz nicht. Sie glaubte es noch weniger, weil Minchen eines Abends wieder den Fremden mit ihm in der Verwalterstube gesehen zu haben meinte, welcher zuerst als Viehhändler bei ihnen eingesprochen hatte.

Die Frauen aber hatten darauf weniger acht, als es zu anderer Zeit geschehen wäre. Sie hatten auch ihre Geheimnisse, und es war ein stiller Bund, wenn man nicht sagen will eine stille Verschwörung gegen den Vater. Wenn Frühling ist, welcher Tyrann, welcher Polizeimann, mit welchen Knebeln verschließen sie die Knospen! Was reif ist, bricht heraus. In Haus Ilitz war längst das süße Geheimnis herausgebrochen. Die Mägde im Stall flüsterten es nicht mehr, sie sprachen laut davon und lächelten, die gnädige Frau lächelte auch stillvergnügt, wenn sie den Kandidaten und Malchen in stillem Gespräch durch den Garten gehen sahen, und Minchen schwebte um sie bald wie ein neckischer Geist, der sie erschreckte, bald wie ein guter Schutzgeist, der den Mantel ausbreitet gegen den Sturmwind und Neugierige zurückschreckt.

Heraus war es, aber – was wird er dazu sagen? – »einen kleinen Sturm wird es geben, auch wohl einen recht heftigen, und dann wird er noch nachpusten, bis Windstille eintritt,« meinte Minchen. Alle meinten: Hat er einmal nachgegeben, so gibt er auch ein zweites Mal nach. Es gab aber noch eine zweite Frage: ob der Vater es schon gemerkt und nur so tue, als ob er nichts wissen und merken wolle? Oder – ob er allein mit Blindheit geschlagen war?

Darüber ward viel disputiert; nur die, welche es zunächst anging, waren die ruhigsten, Malchen und Herr Mauritz. Sie sprachen doch wenig miteinander, aber es schien, als verständigten sie sich in großen wie in kleinen Dingen schon durch Blicke; solche Eintracht war in Sinn und Gedanken. Merkwürdiger und schwieriger sei, hatte wohl Minchen gemeint: sie verbargen nichts, und verrieten doch auch nichts denen, die es nicht wissen wollten oder sollten.

Ein Sturm war beschlossen, oder sie hofften vielmehr durch eine geschickt geleitete Belagerung um den Sturm zu kommen, nämlich, daß die Festung sich ergeben werde, ehe die Leitern angelegt würden. Minchen und die Mutter mochten da noch manches Aparte haben, was Malchen nur halb, der Kandidat gar nicht wissen sollte. Malchen hoffte; sie war vergnügt wie die Lerchen, die in die Lüfte wirbelten, der Kandidat verriet den heiteren Ernst, der auf alles, also auch auf den Sturm gefaßt ist.

»Ist das nun recht vor Gott, daß man froh ist, wenn man weiß, daß andere um uns her traurig sind!« fragte Malchen, als sie vom Kandidaten in der Fliederallee überrascht ward. Vielleicht war es auch keine Ueberraschung.

»Gott gabs den Blumen, daß sie duften und blühen sollten, jede in ihrer Art und zu ihrer Zeit, unbekümmert darum, daß, wenn die Rose blüht, das Veilchen schon verwelkt ist, und wenn die Lilie ihre Pracht entfaltet, die Rose den Kopf hängt.«

»Das Veilchen war nicht die Schwester der Rose,« sagte Malchen. »Und wenn nun auch die stolze Lilie den Kopf hängen läßt –«

Des Kandidaten Antwort galt ihren Gedanken, nicht ihren Worten:

»Karoline ist glücklich. Es ist nicht unser Glück, aber gönnen wir doch der Verstoßenen ihres. Ist es kurz, genießt sies dafür mit vollen Zügen.«

»Damit sprichst Dus aus, Albert, sie wird unglücklich. Der Mann ist unwahr. Er konnte mir nie ins Auge sehen.«

»Wer berechnet die Ewigkeit der Gefühle! Aber dahin blicke ich ruhiger. Er ist Franzos. In denen kommen die Umschläge wie heftige Gewitter; plötzlich zerstören sie den Frieden der Seele, ebenso schnell reinigen sie die verderbte Luft. Der Sieg des Augenblicks entscheidet oft über ein Leben. Er ward ein anderer auf seinem Schmerzenslager, unter ihrer liebevollen Pflege. Mein Auge hat mich da nicht getäuscht; es war eine gewaltsame Umwandlung.«

»Und wenn er dann wieder ein anderer wird!«

»Ist Dir nicht gesagt, daß die Lilien auf dem Felde blühen, ohne daß ein Mensch darum sorgte – Und auch da sorge ich nicht,« setzte er nach einer Pause hinzu. »Ein fürchterlicher Ehrgeiz spornt den Mann, und Karoline, die sich von uns losgesagt, kann –« Er hielt wieder inne. »Ich glaube, daß sie zu einander gehören. Da sind Triebe, Leidenschaften, die auf unserem kalten, mageren Boden nicht gedeihen, und Gott schütze uns vor der Saat. Auch Karoline ward eine andere.«

Das Gespräch schien eine Weile ohne Worte fortgesetzt zu werden. Sie dachte dem Gesagten nach:

»Du hast recht, der Stolz ist es, der Karolinen von uns reißt und trennt. Ich merkte das schon, als Du zu uns kamst. Da lernte sie etwas anderes kennen, was höher, feiner war als unser Wesen. Sie mußte es anerkennen und konnte es doch nicht ertragen, da Du, wie sie meinte, unter ihr standest. Daher ward sie gegen Dich manchmal ungezogen und auffahrend. Ich danke es ihr, denn nun ward ich erst recht aufmerksam darauf. Da kam der Kolonel. – Sie gehörte nicht mehr in unser Haus. Aber wenn sie auch in ihrem neuen einmal einsam und verlassen stände, arm an Freuden und Trost!«

»Sie hat einen Trost dann, um den ich sie nicht beneide, ein Glück, das viele mit ihr teilen, sie wird von dem vergangenen Glücke zehren. Es ist nicht der schlechteste Rausch, den die Vorsehung unserer Schwachheit gönnte.«

»Aber sie ist die Tochter ihres Vaters. Sie wird nie klagen, nie mitteilen, was sie drückt, nie zu uns zurückkehren – aus Stolz! Für uns ist sie verloren.«

»Sie gehorcht dem Wort des Herrn, sie folgt dem Manne und ist eins mit ihm in Freude und Trübsal. Du wirst mich auch nicht verlassen, Geliebte, nicht aus Stolz und nicht aus Reue, wenn Du auch einmal bereuen solltest –«

Sie hielt ihm den Mund zu: »Auch scherzen sollst Du nicht so böse. Ich habe Dir noch nicht bewiesen, was ich für Dich kann, und Du hast mir den höchsten Beweis Deines Vertrauens geschenkt: was keiner Frau Ohr hören sollte, wie der Vater befohlen, hast Du mirmitgeteilt –«

Sie hielt plötzlich inne und zog den Freund tiefer hinter den Fliederbusch. Im Hauptgang des Parks näherte sich der Major. Er war den ganzen Tag ausgefahren gewesen und unerwartet früh zurückgekehrt. Den Wagen mußte er draußen abgegeben haben, um schneller oder kühler durch den Garten das Haus zu erreichen. Erhitzt, in sichtlicher Aufregung schritt er an ihnen vorüber und war verschwunden, ohne sie bemerkt zu haben.

»O weh!« rief Malchen. »Herr Gott, seine Zornader die ist schrecklich.« Auch der Kandidat hatte sie gesehen.

Sie bat ihn, jetzt nicht zu gehen.

»Du kennst den großen Sturm, der heraufzieht, soll ich da vor einem kleinen bangen, weil er mich treffen mag?«

»Aber nicht mutwillig ihm begegnen. Hast Du nur mich gelehrt, wie wir uns fügen sollen in Gottes Willen, und auf seine Winke achten, durch welche er so oft die Guten aufgespart hat, wenn sein Sturm vernichtend über die Völker rauscht.«

»Wenn er nur nicht losbräche!« sprach er in die Wolken blickend.

Er hatte ihr mitgeteilt, was kein nicht Eingeweihter wissen sollte. Es war gegen das Abkommen mit dem Major und seinem Bundesfreunde Asten. Er hatte es getan, weil er ihren Geist reif hielt, ihre Seele stark genug, weil er meinte, daß in so erschütternden Katastrophen auch das zarte Weib mit dem Manne für das Vaterland fühlen und leben müsse, um stark zu werden, mit ihm das Schlimmste zu ertragen – hatte er sich gesagt – wir sind erfinderisch, wenn wir uns selbst belügen. Vor sich im Beichtstuhl würde er bekannt haben: es sei ein schwacher Augenblick gewesen, wo es ihn überkommen, nichts auf der Seele zu behalten, was die Geliebte nicht mit ihm trüge. Aber er hatte nur in allgemeinen Umrissen das Geheimnis ihr mitgeteilt. Sie war stark geworden und doch ein Weib, ihre Neugier war durch jenen Ausruf gereizt, und sie forderte jetzt die ganze Wahrheit. die ganze Erwartung: »Ich muß doch wissen, ob Eure Hoffnung so schwach ist, daß ein Lüftchen sie fortträgt.«

»Stark und schwach. Sie sind endlich in Königsberg zum Entschluß gekommen, aus sich herauszugehen. Sie haben erkannt, daß gegen den außerordentlichen Geist Außerordentliches gewagt sein muß. Man hat seit Monaten Truppen, so viel man in Preußen erübrigen konnte, zur See nach Rügen gesandt. Der tapfere Reitergeneral Blücher hat das Kommando, tüchtige Offiziere stehen den einzelnen Truppenteilen vor, der Major von der Marwitz, ein resoluter Militär, hat eine Freischar geworben, und um Kolberg herum rechnet man auf erneute Kraftanstrengungen des kühnen und glücklichen Schill. Auch in Schweden ist der König endlich zum Kriege entschlossen und bereit, und täglich erwartet man eine englische Flotte, die durch den Sund nach Stralsund zusegelt, um Munition und Mannschaft zu bringen. Vereint wird man dann am entscheidenden Tage über die Grenze rücken. Bis jetzt sind alle Kombinationen glücklich. Wenn Bonaparte darum weiß, hat er es nicht beachtet, er verachtet uns, weil er uns Kühnheit und Glück nicht zutraut. Pommern, die Marken sind fast von Truppen entblößt. Sein General Brune, den er als Wächter hingestellt, kann mit seinen Brigaden nicht alle Wege nach der Hauptstadt verlegen, und wenn, so sind wir stärker als er. In forzierten Märschen, mit Wagen und Pferden, so viel man auftreibt; geht es auf Berlin los, und man kann es erreichen, wenn Brune geschlagen wird, ehe die französischen Korps aus Sachsen und Schlesien herbeigezogen sind. Ist der Feind so in seinem Rücken attackiert, von seinen Alliierten und von Frankreich abgeschnitten, dann wird auch, so hoffen wir, eine Stimme in dem anderen Deutschland sich erheben, und mehr als Worte, das Volk wird zu der Tat aufstehen, während die Unseren am Pregel und Niemen mit erneutem Mut seine Waffen fesseln, seine Wut brechen.«

Amaliens Gesicht strahlte: »Du jauchzest nicht, Du bist so ernst bei der Botschaft, die Dein Herz erheben muß. Sorgst Du um mich, um uns, weil der Sturm über unser Haus weht und es umwerfen kann? Die Schrecknisse, die einem Orte drohen, wo feindliche Heere sich begegnen, kenne ich ja schon. Ich bin nicht zur Heldin geboren, aber ich will Deiner und meines Vaters würdig sein.«

Er schüttelte den Kopf: »Das liegt in Gottes Hand; wer vom Sturm geknickt wird, wer ihn übersteht, ist sein Wille.«

»So besorgst Du, daß es doch verraten ward, oder daß unsere nicht stark genug sind?«

»Wenn Blücher, Schweden und Engländer Brune werfen und Berlin erreichen, ists ein glücklicher Handstreich, der unsere Lage bessern mag, aber nichts Entscheidendes in die große Wagschale wirft. Wir danken der fremden Hilfe im besten Falle das Beste, nicht uns selbst. Und das allein gilt es. Wenn nicht Pommern, die Marken, wenn das Volk nicht aufsteht, bleibt es ein so vereinzelter, verlorener, als jener in unserer unglücklichen Kreisstadt. Das ist die große Frage, die über uns schwebt, die mich bang stimmt: werden sie den Ruf an ihr Heiligstes verstehen, werden sie sich erheben aus ihrer Trägheit und Gleichgültigkeit, wird der heilige Zorn zur allmächtigen Flamme auflodern, werden sie fühlen, daß es jetzt oder nie gilt, ob sie ein Volk bleiben oder ausgelöscht werden aus der Reihe der Lebendigen? Das, Geliebte, entscheidet sich jetzt, die Glocken werden läuten, die Flammensäulen aufsteigen, die Trommeln wirbeln, die Herolde rufen. Kommen sie nicht, kommen sie sparsam, blickt einer nach dem andern, was er tun wird – dann – weg die trüben Gedanken!«

»Du Albert –«

»Ich,« sprach er aufstehend und die Brust schlug so heftig, daß sie die Worte erstickte.

»Du wirst dem Rufe des Vaterlandes folgen.«

»Dienen ihm, um Dich zu verdienen. So sind wir alle egoistisch; ich glaubte, es sei eine reine, heilige Flamme in mir, absichtslos und rücksichtslos, und aus dem freien Vaterlande, dem Ziele vor mir, strahlt mir ein Punkt entgegen und es ist mein eigen Glück. Ich will Dich nicht aus Gnaden geschenkt haben, ich will Dich erwerben.«

< Eine dunkle Tat.
Ihr von Ilitz, Ihr von Ilitz, Solltet nimmermehr nach Quilitz! >



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