Frei Lesen: Löwe, Wolf und Fuchs

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Abraham a Sancta Clara

Löwe, Wolf und Fuchs

eingestellt: 13.7.2007





Es geht manchem wie jenem Wolf, der dem Fuchsen hat wollen eins verreiben und auswischen.

Der Löw als ein König der Tiere hat sich wegen hohen Alters auf eine Zeit sehr unpäßlich befunden, dahero eine lange Zeit müssen zu Haus bleiben in seiner finstern Höhl. Die andern Tier als gehorsamste Vasallen haben ihre gebührenden Visiten abgelegt und mit Ihro Majestät ein herzliches Mitleid getragen. Der Fuchs aber hat sich niemalen eingefunden, was dem Wolf, der ihm ohnedas nit gar wohl geneigt war, einen sattsamen Anlaß gegeben, den Fuchsen bei Hof ziemlich schwarz zu machen, trägt also dem Löwen in einer geheimen Audienz mit sehr beweglichen Worten vor: wie daß der Fuchs Ihro Majestät hohe Person nit allein wenig achte, sondern sie gar nit als seinen allergnädigsten Herrn erkenne, was ungezweifelt gar nit ungestraft solle bleiben, maßen es nit eine kleine Ärgernis gebe unter allen Tieren; was wolle denn soviel gelegen sein an einem so schlechten Hennendieb. Zu allem Glück kommt der Fuchs, so in der Ante-Camera und Vorzimmer solche Lästerwort des Wolfen vernommen, begehrt daher auch eine Audienz, die ihm bei so gestalteter Sach nit abgeschlagen worden. Es merkt aber der arge Fuchs gleich aus dem finstern Gesicht des Löwens, daß ihm der Wolf eins verrieben, fängt dennoch an, ganz demütig, doch frei anbei zu reden: Ihro Majestät wolle sich so stark nit befremden, noch weniger einen Unwillen fassen wider seine geringe Person, maßen seine bishero geweste Abwesenheit aus erheblichen Ursachen herrühre. »Allergnädigster Herr«, sagte er, »sobald mir Dero Unpäßlichkeit und übler Zustand zu Ohren kommen, so hab ich alsobald mit sondrer Sorgfältigkeit hin und her nachgefragt, wie doch Ihro Majestät übler Zustand möcht gewendet werden. Endlich hab ich mich mit des persischen Königs Leibarzt und Hofmedico dessenthalben beredet, der mich versicherte, daß Ihre Majestät kein heilsameres Mittel nit werden haben, als wenn Sie den Wolf lassen lebendig schinden; die Haut, aber ganz warm übergelegt, wird inner 24 Stund allen Schmerz und Wehtum vertreiben, auch zu völliger Genesung der Gesundheit führen.« – »Gut, gut!« sagt der Löw; »bedanke mich wegen so guten Rats.« Der Befehl ergeht alsbald: man solle den Wolf lebendig schinden – so auch schleunig vollzogen worden. Der Fuchs lachte sich unterdessen den Balg voll an, daß der Pelzfresser so eingebüßt und den Untergang, so er andern vermeinte, selbst hat erfahren müssen.

Ich laß dieses nun eine griechische Fabel sein, obzwar der gemeine Weltlauf darin bestens entworfen wird; aber es zeigt meistens die göttliche Vorsehung, daß das Übel, so jemand andern schmiedet, ihm selbst, dem Meister, auf den Rucken kommt.




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