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Friedrich Wilhelm Hackländer

Der Augenblick des Glücks

Kapitel 7

eingestellt: 15.7.2007






Dies letzte Wort durchzuckte den jungen Offizier, als hätte ihn ein Blitzstrahl getroffen. Er biß sich die Lippen fast blutig, zog den Atem mühsam an sich und that einen raschen Schritt vorwärts gegen den Mann, der es wagte, an einem Ort, wie der, wo sie sich befanden, ihn so grausam zu beleidigen. - Glücklicherweise aber war es der Oberstjägermeister, der ihn durch eine hastige Bewegung rückwärts ebenso schnell wieder kalmierte, als er den flammenden Zorn des Majors erregt hatte. Ja, Seine Exzellenz trat fast hinter die Fenstervorhänge, streckte die rechte Hand von sich und rief erschreckt aus:



»Ich bin wehrlos und Sie bewaffnet. Vergessen Sie aber nicht, daß wir im Schlosse sind!«



Wie gesagt, diese hastige Bewegung des Oberstjägermeisters ließ allen Zorn des jungen Mannes plötzlich verschwinden, seine Muskeln spannten sich ab, und indem er in einem verächtlichen Tone sagte: »In der That, ich werde es nicht vergessen, wo wir sind, und wen ich vor mir habe!« wandte er sich ohne Verbeugung, ohne Gruß um und verließ mit raschen Schritten den Audienzsaal. Trotz alledem aber pochte ihm das Herz doch gewaltig, als er über den Korridor ging und die Treppen hinabstieg, die zur Wohnung des Regenten führten. Es war gut, daß der Weg, den er zu machen hatte, ziemlich lang war, und daß er sich deshalb so weit beruhigen konnte, um ganz gefaßt in das Zimmer des Herrn Kindermann einzutreten. Mit einem aufgeregten verstimmten Wesen hätte der junge Offizier auch durchaus nicht in die Nähe des alten Kammerdieners gepaßt; denn dieser saß in der rosenfarbigsten Laune in seinem Lehnstuhle und sprang beim Anblick des Adjutanten mit einer gar possierlichen Tanzbewegung in die Höhe.



»Herr von Fernow,« sagte er, indem er freudig die Hände zusammenschlug, »ich glaube, wir haben heute einen ganz vortrefflichen Tag. Ich habe etwas erlebt, was seit langen Jahren nicht mehr geschehen ist. Seine Hoheit haben mich vorhin an diesem meinem rechten Ohrläppchen gezupft und dazu gesagt: Kindermann, wenn wir nicht so ein altes schwatzhaftes Weib wären, so sollten wir erfahren, daß wir heute eine Augenblick des Glücks gehabt haben. Nun wissen Sie, Herr von Fernow, der Regent das sagen und ich meine Schleusen aufziehen, das war eine Sache des Handumdrehens. Vor Ihnen habe ich keine Geheimnisse. Sie gehören von jetzt ab zum innern Haushalte; wissen Sie also - «



Der Ton der Klingel aus dem Kabinett des Regenten unterbrach den redseligen Kammerdiener. Er hüpfte hinter die Vorhänge, und als er wieder zurückkam, machte er eine bezeichnende Handbewegung nach der Thür des Kabinetts, wobei er flüsternd sagte:



»Morgen mehr. Ich habe ein paar Ausgänge zu machen. Seine Hoheit ist so vortrefflich gelaunt, daß, wenn Sie sich heute eine Gnade ausbitten, er Ihnen nichts abschlagen wird.«



In der That saß auch seine Hoheit in sehr froher Stimmung, die auf seinem Gesichte widerstrahlte, vor seinem Schreibtische. Beim Eintritt des Offiziers streckte er ihm die Hand entgegen, was er bisher nie gethan, und sagte verbindlich:



»Ich danke Ihnen, lieber Fernow, für Ihre guten und getreuen Dienste. Ich denke eifrig an eine Belohnung für Sie und werde suchen, die Hindernisse, welche sich noch entgegenstellen, auf die Seite zu räumen. - Wenn Sie nach Hause fahren, so thun Sie mir die Liebe und passieren bei Wenden. Ich will ihn vor der Tafel sprechen. - Apropos, erinnern Sie sich noch des Abends neulich, als Sie ungerufen in mein Kabinett kamen. Ich glaube, das war für uns zwei eine gute Begegnung.«



»Für mich wenigstens war es ein Augenblick des Glücks,« sprach der junge Mann mit einer ehrerbietigen Verbeugung, »denn das Vertrauen, welches mir Eure Hoheit bewiesen, hat mich zum glücklichsten Menschen gemacht.«



»Zum glücklichsten vielleicht noch nicht,« entgegnete lächelnd der Regent; »aber was nicht ist, kann noch werden. Wenn Sie es nur in ihrer wichtigsten Angelegenheit mit einem anderen Charakter, als mit dem des Baron Rigoll, zu thun hätten! - Doch hoffen Sie auf die Zukunft, wir wollen sehen.«



Der Regent wandte sich nach einer freundlichen Handbewegung wieder zum Schreiben um, und der junge Offizier verließ das Kabinett und gleich darauf das Schloß. Als er an einer Nebenthür in seinen Wagen stieg, fuhr eben die Equipage Seiner Exzellenz des Oberstjägermeisters davon.



»Kein Licht ohne Schatten,« sprach der Major achselzuckend zu sich selber; »keine Rose ohne Dornen; aber was auch kommen mag, für heute soll mir nichts die Erinnerung trüben, an den da oben genossenen wunderbaren Augenblick des Glücks.«



Sechzehntes Kapitel.



Rosa.



Herr Krimpf bewohnte eine Dachstube, die ziemlich einfach möbliert war. Dieselbe lag in stiller Einsamkeit im vierten Stock des uns wohlbekannten Hauses in der Pfahlgasse, weshalb der Bewohner von Besuchen nicht sehr gestört wurde; ja, die beinahe einzigen lebenden Wesen, die sich hier oben sehen ließen, war der Vater einer gegenüber wohnenden Sperlingsfamilie oder ein paar Katzen aus der Nachbarschaft. Diese Stille und Ruhe neben dem etwas starken Bordeaux, den der kleine Maler an jenem Abend zu sich genommen, war denn auch wohl schuld daran, daß er am darauffolgenden Morgen länger als gewöhnlich schlief. Herr Krimpf war sonst, namentlich während des Sommers und Herbstes, sehr frühzeitig auf und liebte es, die ersten Strahlen der aufsteigenden Sonne zu begrüßen. Daß er dies aber, wie unzählige andere Menschen, mit freudigen Gefühlen that, können wir gerade nicht behaupten; vielmehr blickte er mürrisch auf die schattenerfüllten Straßen, und wenn sich droben am Kirchturmdach das erste Sonnengold zeigte, so zuckte er mißmutig mit den Achseln und konnte sagen: »Das heißt nun gelebt! des Morgens zieh ich mich an, des Abends zieh ich mich aus. Wenn nur einmal was Anständiges dazwischen fahren wollte! So eine tüchtige Revolution oder ein ordentliches Erdbeben!«



Als der Herr Krimpf an dem Morgen nach jenem denkwürdigen Souper erwachte, erstaunte er, da er die Sonne bereits in seinem Zimmer sah, dann zuckte er mit den Händen nach seinem Gesichte, faßte seine Nase und indem er sie bedächtig abwärts zog, haschte er in seinem Kopfe nach hin und wider blitzenden Erinnerungen; doch mußte er einen tüchtigen Anlauf nehmen, das heißt, er mußte sich in Gedanken auf die Terrasse des Schlosses versetzen, dann die Straßen wandeln, die er gestern durchgangen, endlich vor der Restauration stehen bleiben; ja, er mußte sich den kleinen Spazierstock mit dem goldenen Knopfe vor sein inneres Auge rufen, ehe es ihm möglich wurde, eine Art von System in die Erlebnisse des gestrigen Abends zu bringen. Daß er mit einem fremden Herrn soupiert, wurde ihm bald wieder klar, auch daß er gut gegessen und viel Wein getrunken. Dann aber kam eine schleierhafte, traumartige Zeit; jetzt noch, in der Erinnerung, brannten die Lichter trübe, und es war ihm, als sei die Stube voller Staub gewesen.



Herr Krimpf erhob sich von seinem Bette in die Höhe und war augenscheinlich nicht ganz zufrieden mit den bei sich selber angestellten Nachforschungen. Etwas war noch vorgefallen, das wußte er. Er mußte mehrmals rückwärts gehen; er mußte sozusagen wieder mit dem ersten Glase Bordeaux beginnen. Ah! jetzt fing er an, einen Faden in die Hand zu bekommen. Der andere, der Offizier, hatte gewußt, wer er sei, daß er Krimpf heiße. Ja, so wars. Der kleine Maler mußte selbst lächeln, als er fühlte, wie der Nebel in seinem Kopfe zu weichen anfing, und als der gestrige Abend immer klarer vor ihn trat. Er bildete sich überhaupt gern etwas auf seine geistigen Fähigkeiten, namentlich auf sein Gedächtnis ein, und dies Gedächtnis war in der That für Sachen, die Herr Krimpf behalten wollte, nicht schlecht. - Der Offizier hatte also gewußt, daß er in der Pfahlgasse wohne, und dann hatte er von der Rosa gesprochen. - Richtig, die Rosa! - An diese sollte er einen Brief besorgen, den der andere ihm gegeben. - - Den er ihm gegeben? Nein, nein, er hatte ihm nichts gegeben. - Den er ihm erst geben wollte, und zu dem Zweck sollte er, der Maler, den Offizier besuchen. - Aber wo? - - Teufel! das hatte er vergessen, und das war recht ungeschickt. So viel erinnerte er sich wohl noch, daß dessen Wohnung auf einem der Plätze der Stadt gelegen war. Aber weiter. »Es fällt mir schon ein,« dachte er. »Damit jedoch war unsere Unterredung noch nicht zu Ende,« sprach er nach einer Pause zu sich selber, während welcher er sich heftig die Stirn gerieben hatte. »Ist es mir doch gerade, als seien wir in Streit zusammengeraten, der junge Offizier und ich. Geschimpft und geflucht wenigstens hab ich. - Dann meine ich auch, ich hätte etwas, das mir ziemlich wichtig gewesen, auf den Boden geworfen. Holla! so wird es sein. Alle Donnerwetter!«

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