Friedrich von Hagedorn
Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen
Der Hirsch und der Weinstock
eingestellt: 28.6.2007
Ein Spießhirsch, dem die nahe Jagd
Die schlanken Läufte zitternd macht,
Flieht schnell zu Holz und thut sich nieder.
Der Leithund sucht durch Busch und Flur,
Verfolget Ferte, Schritt und Spur,
Und findet ihn im Prudel wieder.
Der Hirsch verändert seinen Stand
Und springt in ein verzäuntes Land,
Wo bald ein Weinberg ihn verstecket.
Des Hifthorns Ruf, das Jagdgeschrey,
Die muntern Jäger ziehn vorbey,
Sein Wiedergang bleibt unentdecket.
Da nichts ihn mehr verscheuchen kan,
Fängt er den Stock zu nagen an,
Bricht und entblättert Zweig und Reben.
Man hetzt auf dieß Geräusch zurück,
Er wird, beinah im Augenblick,
Erlegt, zerwürkt und Preis gegeben.
Er schreiet, als er zappelnd weint,
Als Hund und
Rach und Tod erscheint,
Und sich mit Schweiß die Ranken färben:
Ich sterbe, weil ich den verletzt,
Der mich in Sicherheit gesetzt.
So sollten, die ihm gleichen, sterben.
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