Friedrich von Hagedorn
Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen
Der arme Kranke und der Tod
eingestellt: 28.6.2007
Ein Greis, den Alter, Frost und Gram
Und Gicht und Krampf und Hunger krümmten,
Dem oft sein bittres Weh die Lust zum Leben nahm,
Das Zeit und Schicksal ihm bestimmten,
Rief voller Ungeduld und Noth:
Ach! komme bald, gewünschter Tod!
Der Tod erschien, die Qual zu heben,
Da fleht er, aus verzagtem Sinn:
Freund, geht zu meinem Nachbar hin,
Und lasst mich armen Alten
leben.
*
So weibisch ist der meisten Herz;
Auch brechend wünscht es kaum zu sterben.
Verfolgung, Drangsal, Schimpf, Noth, Armuth,
Krankheit, Schmerz,
Nichts wird dem Tode Gunst erwerben.
Ihn hält ein zärtlicher Maecen
Auch auf der Folter nicht für schön;1)
Vielleicht starb Cato nicht gelassen.2)
Oft scheut, den Krebs und Aussatz frisst,
Der sein und andrer Scheusal ist,
Mehr, als dieß alles, sein Erblassen.
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