Friedrich von Hagedorn
Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen
Axiochus und Alcibiades
eingestellt: 28.6.2007
Axiochus, ein Schalk von schmeichelhaften Sitten,
Und Alcibiades, der Stutzer von Athen,
Zween Freunde gleicher Art, bey Mädgen wol gelitten,
Schlau, feurig, jung, galant, beredt und wunderschön,
Verstärkten da die Treu, wo manche sie verscherzen;
Was beiden reizend schien hieß beiden auch gemein.
Fand einer keine Lust, den eignen Schatz zu herzen,
So stellte
sich dafür des andere Mädgen ein.
Wie artig iede war, dient wenig zur Geschichte:
Gnug, daß die eine drauf ein Töchtergen gebar,
Die in den Windeln schon liebreizend von Gesichte,
Und Helenen vielleicht an Zügen ähnlich war.
Flugs sieht man beiderseits zur kleinen Doris eilen,
Ein ieder nennet sie sein wahres Ebenbild,
Und will das Vaterrecht nicht mit dem Freunde theilen,
Das Recht, das sie zugleich mit Lust und Neid
erfüllt.
Jedoch, als Doris nur, der Mutter nachzuahmen
Und Küsse zu verstehe, sich alt genug befand,
Entsagten beiderseits dem ernsten Vaternamen,
Und suchten Gegengunst, die Pflicht und Furcht nicht band.
Der eine sprach: Du bist der Vater zu dem Kinde;
Dieß ist dein Aug und Mund. Was kann dir gleicher seyn?
Halt! rief der andre drauf, auf mich, auf mich die Sünde!
Herr Schwager, glaube mir, sie stammt von dir allein.1)
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