Frei Lesen: Erinnerungen, Band 4

Kostenlose Bücher und freie Werke

Kapitelübersicht

Erstes Kapitel Meine Abenteuer in Air in Savoyen. – Meine zweite M. ... | Zweites Kapitel Ende meines Abenteuers mit der Nonne von Chambéry. – ... | Drittes Kapitel Die Mädchen des Hausmeisters. – Das Horoskop. – ... | Viertes Kapitel Meine Abreise von Grenoble. – Avignon. – Der Quell ... | Fünftes Kapitel Rosalie. - Toulon. - Nizza. - Meine Ankunft in ... | Sechstes Kapitel Die Komödie. - Der Russe. - Petri. - Rosalie im ... | Siebentes Kapitel Ich verliebe mich in Veronika. – Ihre Schwester. – ... | Achtes Kapitel Geschickte Gaunerei. – Passano in Livorno. – Pisa und ... | Neuntes Kapitel Die Corticelli. – Der jüdische Theaterdirektor ... | Zehntes Kapitel Kardinal Passionei. – Der Papst. – Mariuccia. – ... | Elftes Kapitel Mein kurzer, aber glücklicher Aufenthalt in Neapel. – ... | Zwölftes Kapitel Mein Wagen zerbricht. – Mariuccias Heirat. - Flucht ... | Dreizehntes Kapitel Ankunft in Bologna. –- Meine Ausweisung aus ... | Vierzehntes Kapitel Mein Sieg über den Polizeivikar. – Meine ... | Fünfzehntes Kapitel Mein Aufenthalt in Paris und meine Abreise nach ... | Sechzehntes Kapitel Die Komödianten und die Komödie. – Bassi. – Die ... | Siebzehntes Kapitel Ich kehre mit der zur Gräfin Lascaris gemachten ... | Achtzehntes Kapitel Ich schicke die Corticelli nach Turin. –- ... | Neunzehntes Kapitel Meine alten Bekannten.–-Dame ... | Zwanzigstes Kapitel Ich trete Agata dem Lord Percy ab. – Abreise ... | Einundzwanzigstes Kapitel Demütigung der Gräfin. – Zenobias Hochzeit ... |

Weitere Werke von Giacomo Casanova

Erinnerungen, Band 3 |

Alle Werke von Giacomo Casanova
Diese Seite bookmarken bei ...
del.icio.us Digg Furl Blinklist Technorati Yahoo My Web Google Bookmarks Spurl Mr.Wong Yigg


Dieses Werk (Erinnerungen, Band 4) ausdrucken 'Erinnerungen, Band 4' als PDF herunterladen

Giacomo Casanova

Erinnerungen, Band 4

Zwanzigstes Kapitel Ich trete Agata dem Lord Percy ab. – Abreise nach Mailand. – Die Pilgerin in Pavia. – Gräfin A. B. – Enttäuschung. – Marchese Triulzi. – Zenobia. – Die beiden schönen Marchesinnen Q. – Der Venetianer Barbaro.

eingestellt: 1.8.2007





Indem Graf dAglié die Corticelli bei der Matrone unterbrachte, in deren Haus Redegonda wohnte, hatte er sie keineswegs bestraft, sondern im Gegenteil allem Anschein nach ihr eine Aufmunterungsprämie gegeben. Ich, ärgerte mich jedoch keineswegs darüber; denn ich beneidete sie nicht um ihr Glück, wenn ich nur nichts mehr mit ihr zu tun hatte. Sie war Redegondas vertraute Freundin geworden und tat was sie wollte; denn ihre Duenna war viel nachsichtiger als die Pazienza.



Niemand wußte etwas von dem argen Streich, den Percy mir gespielt hatte, und ich sagte natürlich keinem Menschen etwas davon. Der Lord gab jedoch seinen Plan, Agata in seinen Besitz zu bringen, keineswegs auf; er war zu heftig in sie verliebt. Um nun seinen Zweck zu erreichen, machte er folgendes: wie ich bereits gesagt habe, war Percy sehr reich und gab sein Geld auf wahnsinnige Weise aus; wenn er seine Leidenschaften befriedigen wollte, kannte er kein Sparen. Ich gestehe, daß ich in dieser Beziehung ihm nichts vorzuwerfen hatte; natürlich öffneten in einem Lande, wo das Geld immer selten ist, seine Guineen ihm alle Türen.



Vier oder fünf Tage nach jenem Ballabend kam Agata zu mir und sagte mir, der Theaterdirektor von Alessandria sei bei ihr gewesen und habe ihr vorgeschlagen, sie für die ganze Zeit der Messe als zweite Tänzerin zu engagieren. »Er hat mir sechzig Zechinen geboten, und ich habe ihm eine Antwort für morgen früh versprochen. Rätst du mir, sein Anerbieten anzunehmen?«



»Wenn du mich liebst, liebe Agata, wirst du mir dies beweisen, indem du ein Jahr lang keinen Vertrag irgend welcher Art annimmst. Du bist doch überzeugt, daß ich es dir an nichts werde fehlen lassen. Ich werde den besten Lehrer bezahlen, um dich in deiner Kunst zu vervollkommnen, so daß du mit Recht eine Stellung als erste Tänzerin mit einem Jahresgehalt von fünfhundert Zechinen wirst beanspruchen können.«



»Mama meint, wenn ich den Vorschlag annehme, so wird der Tanz auf der Bühne meine Fähigkeiten weiter ausbilden; dieses hindert ja nicht, daß ich bei einem guten Lehrer weiter studiere, übrigens glaube auch ich, daß das Auftreten vor dem Publikum mich vorwärts bringen würde.«



»Was du da sagst, liebe Freundin, ist ganz richtig, aber du hast keine sechzig Zechinen nötig. Wenn du dieses geringe Gehalt annimmst, entehrst du mich; außerdem schadest du dir selber für deine Zukunft; denn du wirst nicht wagen können, viel zu verlangen, nachdem du so wenig angenommen hast.«



»Aber sechzig Zechinen sind gar nicht so wenig für einen kurzen Karneval.«



»Du kannst sagen, was du willst; aber die sechzig Zechinen kannst du bekommen, ohne zu tanzen. Kurz und gut, wenn du mich lieb hast, sagst du dem Direktor, du wollest ein Jahr lang nicht tanzen.«



»Es soll geschehen wie du willst, lieber Freund, aber mich dünkt, ich täte besser, ihn abzuschrecken, indem ich eine übertriebene Summe von ihm verlangte.«



»Du hast recht. Dein Vorschlag gefällt mir. Sage ihm also, du wollest erste Tänzerin sein, und verlange fünfhundert Zechinen.«



»Dein Wunsch soll morgen erfüllt werden; ich bin überglücklich, dir gehorchen zu können und dadurch dir zu beweisen, daß ich dich von ganzem Herzen liebe.«



Agata hatte viel natürlichen Geist und ein gesundes Urteil, das nur durch Belehrung und Weltkenntnis entwickelt zu werden brauchte. Mit diesen Gaben und mit der Schönheit, die der Himmel ihr verliehen hatte, mußte sie unter allen Umständen das Glück fesseln. Man wird sehen, daß sie glücklich wurde, und gewiß, sie verdiente es!



Der Abrede gemäß kam sie am nächsten Morgen. Sie sagte mit lautem Lachen: »Der Direktor war allem Anschein nach über meine Ansprüche gar nicht erstaunt. Nachdem er zwei Minuten sich besonnen hatte, sagte er zu mir, er müsse sich die Sache überlegen und werde mich wiedersehen. Es wäre spaßhaft, lieber Freund, wenn der gute Mann mich beim Worte nähme.«



»Allerdings! Aber dann müßte man sich erkundigen, ob er nicht etwa verrückt oder ein Lump ist, der die Absicht hat, Bankerott zu machen.«



»Du hast vollkommen recht. Wenn er nun aber im Gegenteil ein solider Mann ist?«



»Dann wirst du annehmen müssen.«



»Das ist bald gesagt und bald getan; wenn ich nun aber den Antrag annehme, werde ich dann auch Talent genug haben, um meine Stellung auszufüllen? Kein Tänzer wird mit mir tanzen wollen.«



»Der Tänzer wird im Gegenteil nicht schwer zu finden sein, dies nehme ich auf mich. Talent hast du mit deiner Figur und mit deiner Anmut mehr als nötig sein wird, um das Publikum zufrieden zu stellen; aber du wirst sehen, aus der Sache wird nichts.«



Eine gewisse Ahnung sagte mir, daß ich mich täuschte, und so war es auch. Der Direktor kam am nächsten Tage zu ihr und bot ihr den Vertrag an. Sie erschrak darüber und ließ mich holen. Ich hatte sofort den wohlbegründeten Verdacht, daß das Engagement der Person Agatas gelte und nicht ihrem Talent. Ich ging zu ihr und fragte den Unternehmer, den ich bei ihr fand, welche Kaution er als Sicherheit für den Vertrag anbiete.



Er antwortete, der mir bekannte Bankier Martin würde den Vertrag unterzeichnen und sein Bürge sein. Ich konnte hiergegen keinen Einwand erheben. Der Vertrag wurde in aller Form doppelt ausgefertigt.



Das Herz ein wenig traurig, verließ ich Agata und ging zum Chevalier Raiberti, um ihm die Geschichte zu erzählen. Er war ebenso erstaunt wie ich, daß Herr Martin für diesen Unternehmer bürgte, den er kannte und der keine sehr guten Geschäfte machte. Aber am nächsten Tage fand sich des Rätsels Lösung; denn obwohl Percy Geheimhaltung verlangt hatte, erfuhren wir, daß der Unternehmer auf seine Veranlassung gehandelt hatte. Ich konnte dem Engländer sein Glück zerstören, indem ich mit Agata weiterlebte, trotz den fünfhundert Zechinen, die er zahlen mußte. Ich war jedoch genötigt, gleich nach Ostern wieder nach Frankreich zu reisen, wo Frau von Urfé mich erwartete; außerdem wollte ich mir den Friedensschluß zunutze machen, um England zu besuchen. Ich beschloß also Agata frei zu geben und ihr von ihrem neuen Liebhaber eine beträchtliche Summe aussetzen zu lassen. Ich gewann mir die Freundschaft des Lords, indem ich ihn in meine Gesellschaft zog. Übrigens war ich auch neugierig, wie er es anfangen würde, um die Huld des jungen Mädchens zu gewinnen, das ihn nicht liebte; denn er war nicht von verführerischem Aussehen.



In weniger als acht Tagen waren wir sehr gute Freunde; wir speisten jeden Abend zusammen entweder bei ihm oder bei mir, und stets waren Agata und ihre Mutter bei uns. Ich erkannte bald, daß Percys Aufmerksamkeiten Agata endlich rühren würden und daß auch sie ihn schließlich lieben würde, wenn sie sich geliebt und glücklich sähe. Dies war für mich genug, um nicht dem Glücke des einen und dem Vorteil der anderen in den Weg zu treten, und ich entschloß mich, viel früher, als ich eigentlich beabsichtigt hatte, nach Mailand zu reisen. Infolgedessen sagte ich dem Lord, als ich eines Tages mit ihm allein frühstückte: »Wie Sie wissen, Mylord, liebe ich Agata zärtlich und mache sie glücklich; ich bin jedoch Ihr Freund geworden, und da Sie sie anbeten, so will ich Ihnen schnell zu Ihrem Glücke verhelfen, und zwar ohne Tausch und ohne Draufgeld. Ich werde Ihnen nächster Tage meinen Schatz überlassen; aber Sie müssen mir versprechen, Agata unter keinen Umständen zu verlassen, ohne ihr zweitausend Guineen zu schenken.«



Er schloß mich in seine Arme und rief: »Mein lieber Freund, wenn Sie wünschen, werde ich sie ihr sofort geben.«



»Nein, Mylord, ich wünsche sogar, daß sie von unserer Abrede nichts erfährt, so lange sie Sie glücklich macht.«

  • Seite:
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
< Neunzehntes Kapitel Meine alten Bekannten.–-Dame ...
Einundzwanzigstes Kapitel Demütigung der Gräfin. – Zenobias Hochzeit ... >



Die Inhalte dieser Seite sind Eigentum der Öffentlichkeit.
Sollten trotzdem Urheberrechte entgegen unserem Wissen verletzt worden sein, bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen.