Frei Lesen: Der zerbrochene Krug

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Heinrich von Kleist

Der zerbrochene Krug

Zwölfter Auftritt

eingestellt: 10.6.2007



Die Vorigen ohne Adam.--Sie begeben sich alle in den Vordergrund der Bühne.

Ruprecht Ei, Evchen! Wie hab ich heute schändlich dich beleidigt! Ei, Gotts Blitz, alle Wetter; und wie gestern! Ei, du mein goldnes Mädchen, Herzens-Braut! Wirst du dein Lebtag mir vergeben können?

Eve wirft sich dem Gerichtsrat zu Füßen. Herr! Wenn Ihr jetzt nicht helft, sind wir verloren!

Walter Verloren? Warum das?

Ruprecht Herr Gott! Was gibts?

Eve Errettet Ruprecht von der Konskription! Denn diese Konskription--der Richter Adam Hat mirs als ein Geheimnis anvertraut-- Geht nach Ostindien; und von dort, Ihr wißt, Kehrt von drei Männern Einer nur zurück!

Walter Was! Nach Ostindien! Bist du bei Sinnen?

Eve Nach Bantam, gnäd'ger Herr; verleugnets nicht! Hier ist der Brief, die stille heimliche Instruktion, die Landmiliz betreffend, Die die Regierung jüngst deshalb erließ: Ihr seht, ich bin von allem unterrichtet.

Walter nimmt den Brief und liest ihn. O unerhört-arglistiger Betrug!-- Der Brief ist falsch!

Eve Falsch?

Walter Falsch, so wahr ich lebe! Herr Schreiber Licht, sagt selbst, ist das die Ordre, Die man aus Utrecht jüngst an euch erließ?

Licht Die Ordre! Was! Der Sünder, der! Ein Wisch, Den er mit eignen Händen aufgesetzt!-- Die Truppen, die man anwarb, sind bestimmt Zum Dienst im Landesinneren; kein Mensch Denkt dran, sie nach Ostindien zu schicken!

Eve Nein, nimmermehr, Ihr Herrn?

Walter Bei meiner Ehre! Und zum Beweise meines Worts: den Ruprecht, Wärs so, wie du mir sagst: ich kauf ihn frei!

Eve steht auf. O Himmel! Wie belog der Böswicht mich! Denn mit der schrecklichen Besorgnis eben Quält' er mein Herz, und kam, zur Zeit der Nacht, Mir ein Attest für Ruprecht aufzudrängen; Bewies, wie ein erlognes Krankheitszeugnis Von allem Kriegsdienst ihn befreien könnte; Erklärte und versicherte und schlich, Um es mir auszufert'gen, in mein Zimmer: So Schändliches, Ihr Herren, von mir fordernd, Daß es kein Mädchenmund wagt auszusprechen!

Frau Brigitte Ei, der nichtswürdig-schändliche Betrüger!

Ruprecht Laß, laß den Pferdehuf, mein süßes Kind! Sieh, hätt ein Pferd bei dir den Krug zertrümmert, Ich wär so eifersüchtig just, als jetzt!

(Sie küssen sich.)

Veit Das sag ich auch! Küßt und versöhnt und liebt euch; Und Pfingsten, wenn ihr wollt, mag Hochzeit sein!

Licht am Fenster. Seht, wie der Richter Adam, bitt ich euch, Berg auf, Berg ab, als flöh er Rad und Galgen, Das aufgepflügte Winterfeld durchstampft!

Walter Was? Ist das Richter Adam?

Licht Allerdings!

Mehrere Jetzt kommt er auf die Straße. Seht! seht! Wie die Perücke ihm den Rücken peitscht!

Walter Geschwind, Herr Schreiber, fort! Holt ihn zurück! Daß er nicht Übel rettend ärger mache. Von seinem Amt zwar ist er suspendiert, Und Euch bestell ich, bis auf weitere Verfügung, hier im Ort es zu verwalten; Doch sind die Kassen richtig, wie ich hoffe, Zur Desertion ihn zwingen will ich nicht. Fort! Tut mir den Gefallen, holt ihn wieder!

(Licht ab.)

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