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Hermann Ungar

Die Verstümmelten

3

eingestellt: 1.8.2007



Über Franz Polzers Bett hing das Bild seines Schutzheiligen. Es war nicht viel größer als eine Ansichtskarte, weiß und rechteckig. In der Mitte stand der Heilige, bunt bemalt. Das Bild war gerahmt und unter Glas.

Polzer hatte das Bild noch von seiner Mutter erhalten. Einmal war der Heilige im Zimmer der Mutter gehangen, zwischen anderen farbigen Heiligenbildern. Polzers Mutter war eine fromme Frau gewesen. Täglich hatte sie Öl in die Lampe gegossen, die zu Füßen des Heilands auf der dunklen Treppe hing und Tag und Nacht flackernd brannte. Sie nahm ihn auch in die Kirche mit. Franz Polzer erinnerte sich seiner ersten Kirchenbesuche gut. Er kniete neben der Mutter unter den großen dunklen Bildern, von angstvollen Vorstellungen bewegt. Er fürchtete die blutenden Gestalten der Märtyrer und vermochte doch den Blick nicht von ihnen zu wenden. Sie waren halbbekleidet, ihr Fleisch war rot bemalt und ihr Antlitz leidensverzerrt nach oben gewendet. Polzer verließ die Kirche bedrückt von Vorstellungen von Sünden und Martern und geängstet von dem Gedanken, das Heilige verletzt zu haben. Er stellte seine regelmäßigen Kirchenbesuche erst ein, als er mit Karl Fanta zusammenzog. Von nun an besuchte er die Kirche nur selten und heimlich.

Auch als er mit Karl wohnte, hing das Bild seines Schutzheiligen an der Wand über dem Bett. Er stand zu dem Bild des heiligen Franziskus in einem besonderen Verhältnis. Nie hätte er eine Nacht ohne den Schutz des über seinem Bett hängenden Bildes geschlafen und selbst auf kleine Reisen nahm er es mit. Er hatte das Gefühl, daß mit dem Schicksal dieses Bildes geheimnisvoll auch sein Schicksal verknüpft sei. Trotzdem hatte er niemals die Vorstellung eines persönlichen, ihn schirmenden Heiligen. Er dachte an das Bild und nie an den Patron.

Das Bild hing in den Nächten über dem Bett. Polzer hatte nie einen gesunden Schlaf. Des Nachts lag er wach und hörte schnarrende Geräusche. Ihm war, als näherten sich schlürfende Schritte, und er ängstigte sich. Abends las er, trotzdem es seine Erregung verstärkte, die Mordchronik der Zeitung und die Prozeßberichte. Er schnitt diese Berichte aus, versah sie mit dem Datum und ordnete sie in seinem Schreibtisch.

Oft auch las er abends in Büchern, die Frau Porges einer Bibliothek entlehnte. Sie enthielten die Darstellungen von Verbrechen und den Abenteuern der Detektive. Er las dies alles aus dem unbestimmten Verlangen, sich die Berechtigung seiner nächtlichen Angst zu beweisen. Es war kein Zweifel, daß Gefahr vorhanden sei. Ein Gedanke beruhigte ihn in solchen Nächten: der Gedanke an das Bild über seinem Bett. Er dachte nicht darüber nach, ob es imstande sein könne, ihn zu schützen. Ihn beruhigte seine Gegenwart. Als bestätigte sie ihm, daß alles in Ordnung, alles an seinem Platz sei, auch in der unkontrollierbaren Dunkelheit sich nichts geändert habe und daß er selbst nichts getan habe, das die feste Ordnung der Regelmäßigkeit durchbrechen könne und so dem Außergewöhnlichen die Tür öffnen.

In der Zeit, als Polzer mit Karl wohnte, brachte ihm das Bild Karls Spott. Karl nannte ihn abergläubisch. Er dachte nicht daran, daß Polzers Verhältnis zu dem Bild ein Verhältnis zur Ordnung oder daß Aberglaube eben die ängstliche Achtsamkeit auf Ordnung und Regel und Furcht vor der Gefahr des Außergewöhnlichen sein könne. Polzer hatte jahrzehntelang einen Federhalter benutzt, den er sich noch als Schüler gekauft hatte. Es war ein schwarzer, zusammenlegbarer, einfacher Federhalter. Er hätte als Schüler nicht gewagt, seine Schularbeiten mit einem anderen Federstiel niederzuschreiben. Noch als Student und als Beamter schrieb er mit diesem Halter, den er stets bei sich trug. Plötzlich war der schwarze Federhalter verschwunden. Das geschah in der Zeit der ersten Annäherungsversuche der Witwe, und Polzer zweifelte nicht daran, daß Frau Porges den Federhalter beiseite geschafft habe, weil sie wußte, wie sehr ihn das Verschwinden dieses alten Federstiels in Unruhe versetzen mußte.

Polzer brachte es nie über sich, sich von Dingen, die ihm gehörten, freiwillig zu trennen. In seinen Kästen und Schuhen häuften sich alte Papiere, Zeitungen, unbrauchbar gewordene Kleidungsstücke. Der schreckliche Gedanke an Hausdiebstähle verließ ihn nie. Er fürchtete ständig, es könnten Dinge aus seinem Besitz verloren gehen, ohne daß er es bemerke. Polzer fand kein Mittel, die ständige Unruhe, in die dieser quälende Gedanke ihn versetzte, zu überwinden. Alle seine Sinne mußten ununterbrochen auf der Lauer sein, denn die Gefahr bestand. Keine Veränderung durfte ihm entgehen. Allwöchentlich zählte er nach, was er besaß, Bücher, Zeitungen, alte Papiere, Wäsche, Kleider. Er wollte die Gewißheit, daß sich nichts an seinem Besitzstand geändert habe.

Polzer wußte, daß er keine Schätze besitze. Er war nicht im Zweifel, daß seine Habseligkeiten, seine vielfach geflickte Wäsche, die übertragenen Anzüge keinen großen Wert darstellten und kaum jemanden verlocken könnten, sich sie anzueignen. Trotzdem wurde er diese Furcht nicht los. Sie kam über ihn, sobald es dunkel war. Die Nacht barg alle Gefahren. Er war wehrlos und traute der Einsamkeit nicht. Etwas hielt sich verborgen, die Verschwörung atmete aus dem Dunkel, Polzer vermochte nichts gegen sie. Der Anschlag gegen ihn knarrte, atmete und lauerte an der Tür. Durch eine Bresche konnte er hereinbrechen, wenn der erste Stein gelöst war, daß er Fuß fassen konnte. Polzers Habseligkeiten waren gezählt, die Jalousienschnüre lagen im rechten Winkel, die Ordnung war noch nicht unterbrochen. Das Bild hing als Zeuge über dem Bett.

Franz Polzer sehnte sich nach einem Mitbewohner seines Zimmers, dessen greifbare Gegenwart das Geräusch der feindlichen Einsamkeit schweigen gemacht hätte. Er sehnte sich danach, neben einem Menschen zu schlafen. Er hörte das Bett der Frau Porges unter der Last ihres Körpers knarren und nahm sich vor, sie am Morgen zu bitten, daß sie ihn in ihr Zimmer aufnehme. Er wollte einen Paravent kaufen, der seine Bettstelle von der ihren trennen sollte. Auch er wollte nachts Erholung und Ruhe finden wie sie. Am Morgen verwarf er diese Gedanken. Ihr vertraulicher Blick erschreckte ihn. Er fürchtete, sie würde die wahren Gründe seiner Bitte nicht verstehen. Es schien ihm nicht unwahrscheinlich, daß sie den Anlaß wahrnehmen würde, auf ihn zuzutreten und ihn zu umarmen, wozu sie immer bereit schien. Diese Möglichkeit nahm ihm den Mut. Er richtete den Oberkörper starr auf und streckte ihn, wenn die Witwe eintrat. Zugleich ließ er die Arme schlaff herabhängen. Den Kopf schob er weit zurück. Das war seine wortlose Abwehr.

Auf Polzers Schreibtisch stand eine Schachtel mit Briefpapier. Er war mit niemandem im Briefverkehr und es geschah selten, daß er einen Brief zu schreiben hatte. Aber er hielt es für nötig, auch auf diese Möglichkeit immer gefaßt und vorbereitet zu sein. Nach durchwachten Nächten war es ihm am Morgen oft ein Bedürfnis, die Briefbogen nachzuzählen, und sich in der Gewißheit, daß kein Bogen fehle, zu beruhigen.

Einmal, als er gerade beim Zählen der Bogen war, trat Frau Porges ein. Sie brachte das Frühstück. Sie sah Polzer wortlos an. Ihm war, als hätte sie ihn bei einer schmählichen Handlungsweise ertappt. Zugleich verstimmte ihn, daß sie nun bei ihm eintrat, ohne zu pochen.

»Sie haben nicht gepocht, Frau Porges,« sagte er.

Er fühlte, daß er hierdurch seine Situation verschlechtert habe.

»Herr Polzer,« sagte Frau Porges, »ich weiß es schon seit langem. Sie gehen darauf aus, mich zu beleidigen. So etwas ist mir noch nie widerfahren. Es wird das Beste sein, wenn wir auseinandergehen.«

Sie zürnte ihm und trat näher. Er wich gegen das Fenster zurück. »Sie wissen,« sagte sie, »daß niemand außer mir das Zimmer betritt. Sie glauben, daß ich stehle! Ich werde einen Mieter finden, der mehr Vertrauen zu mir hat.«

»Frau Porges,« sagte Franz Polzer und er war sehr erschrocken. »Frau Porges, das darf Ihr Ernst nicht sein. Wenn es Ihnen lästig fällt, an die Tür zu pochen, pochen Sie nicht, Frau Porges. Treten Sie ein, ohne zu pochen! Aber mich aus der Wohnung weisen, Frau Porges, das sollen Sie nicht! Sie wissen, daß die Schränke voll sind mit meinen Sachen. Ich habe die Übersicht verloren. Wie soll ich sie fortschaffen? Wohin soll ich sie schaffen? Wo finde ich ehrliche Leute ohne Kinder, Frau Porges? Ich könnte nur am Sonntag ziehen. Wer trägt mir am Sonntag die Koffer? Alles ist undurchführbar. Fremden Leuten wollen Sie mich doch nicht ausliefern, Frau Porges! Es ist undurchführbar, Frau Porges, undurchführbar!«

»Sie zählen Ihre Sachen nach und glauben, daß ich von Ihrem Briefpapier nehme. Ich bin wohl arm, Herr Polzer, aber daß ich mich an fremdem Eigentum vergreife, das doch nicht, Herr Polzer, das denn doch nicht!«

»Ich habe nie daran gezweifelt, Frau Porges,« sagte er.

Sie trocknete mit dem Taschentuch ihre Augen.

»Setzen Sie sich, Frau Porges,« sagte Polzer, »setzen Sie sich. Glauben Sie mir, ich verdächtige Sie nicht! Ich habe gegen niemanden Verdacht. Es ist eine Gewohnheit von mir, alles zu zählen, Frau Porges, eine Bankgewohnheit, nichts anderes, glauben Sie mir!«

Frau Porges hatte sich gesetzt. Sie verzieh Polzer unter Tränen. Es war zwanzig Minuten vor acht. Frau Porges geriet in immer größere Erregung. Sie bemitleidete sich wegen ihrer Einsamkeit und klagte bewegt, daß eine arme Witwe schutzlos allen Beleidigungen ausgesetzt sei. Ihre weiche Rührung war groß. Polzer blickte unruhig nach der Uhr. Es war kurz vor dreiviertel. Er machte Frau Porges darauf aufmerksam. Sie aber in ihrer außerordentlichen Erregung hielt das für unwichtig.

»Sie werden heute etwas später kommen,« sagte sie. »Sehen Sie doch, in welcher Erregung ich mich befinde! Kann ich nicht daraufzählen, von Ihnen in meiner Verlassenheit getröstet und gestützt zu werden?«

»Darauf können Sie zählen, Frau Porges,« sagte Polzer.

»Kann ich das?«

Sie lächelte und wollte sich erheben.

Polzer richtete sich starr auf.

Da schlug die Uhr dreiviertel. Frau Porges sagte noch etwas, aber Polzer hörte es nicht mehr. Er eilte fort und kam auch diesmal noch rechtzeitig in die Bank.

Als am Abend Frau Porges bei Polzer eintrat, schien es ihm, als wollte sie das Gespräch fortsetzen. Polzer hob den Blick nicht von der Zeitung. Sie ging wieder, und Polzer bemerkte zum erstenmal, daß in ihren Augen etwas Feindliches, Böses sei. Ihr Blick beunruhigte ihn noch nachts, als er im Bett lag.

Polzer konnte in diesem Sommer nicht wie sonst am Sonntagnachmittag seinen Spaziergang zum Kai machen. Er liebte diesen Spaziergang sehr. Der Fluß war voll von badenden und schwimmenden Menschen, Ruderbooten und den Dampfern der Ausflügler. Von den Inseln klang das Konzert der Militärmusik. Polzer schritt zwischen Familien und einzelnen Spaziergängern. Selten traf er ein ganz unbekanntes Gesicht, manchmal Leute aus der Gasse, in der er wohnte, einen Herrn aus der Bank oder dem Café. Er ging langsam und sah seine Schuhe in der Sonne glänzen. Er trat vorsichtig auf, um sie nicht zu beschmutzen. Aus Angst vor Dieben hielt er die Hände auf dem Rücken gekreuzt, über der Tasche, in der er die Brieftasche trug. Manchmal fühlte er sich betroffen, wenn er einen Blick auf sich ruhen fühlte. Rasch sah er an seinem Anzug hinunter, sich zu vergewissern, daß alle Knöpfe geschlossen seien. Das Bewußtsein, daß sein Anzug nicht nach der Mode geschnitten sei, bedrückte ihn. Er konnte nicht hindern, daß er Aufmerksamkeit errege. Besonders Kinder und halbwüchsige Mädchen schienen ihm gefährlich, und ihnen wich er vorsichtig aus. Bis zum Theater schritt er in der Sonne. Dann bog er in die Stadt ab und ging ins Café.

Die Spaziergänge unterblieben nun, da am Sonntag gleich nach dem Mittagessen Frau Porges in ihrem schwarzen Sonntagskleid bei ihm eintrat. Mit ihr auf den Kai zu gehen, unter die vielen Menschen, schien ihm unmöglich. Zudem wohnte auch Karl Fanta am Kai, und er mußte unter seinen Fenstern vorbei. Die Erinnerung an Kuchelbad war zu lebendig, als daß er hätte einen Ausflug mit Frau Porges unternehmen wollen. Es blieb nichts übrig, als mit Frau Porges ins Café zu gehen. Er saß mit ihr an dem kleinen Tisch im Billardsaal.

Die Studenten stellten die langen Queues zu Boden, als Polzer zum erstenmal mit Frau Porges eintrat, und sahen Frau Porges an. Polzer verbarg sich hinter der Zeitung. Frau Porges wollte sprechen, allein Polzer schwieg. Er fühlte, daß sie von allen Seiten beobachtet würden, und fürchtete, man könnte an den Nebentischen das Gespräch hören.

Er war zum drittenmal mit Frau Porges im Café, als sich ein Student an den Tisch setzte. Frau Porges hatte ihn in der Straßenbahn kennengelernt. Er war groß und schmal, hatte blondes Haar und einen leisen Bartanflug.

Frau Porges unterhielt sich angeregt mit ihm. Sie lachte viel und laut. Polzer sah den Billardspielern zu und beteiligte sich am Gespräch nicht. Er hätte Frau Porges gerne gebeten, ihr Lachen zu dämpfen, fand aber nicht Gelegenheit, es zu sagen. Die beiden sprachen miteinander und beachteten Polzer nicht. Der Student begleitete Frau Porges auf dem Heimweg bis an die Haustür. Hier erst verabschiedete er sich.

Am nächsten Sonntag brachte der Student Bekannte mit an den Tisch. Man mußte die Stühle eng aneinanderrücken. Die Unterhaltung war laut. Als sich Polzer im Saal umsah, bemerkte er, daß der junge Mann, der in der Bank am Tisch ihm gegenüber arbeitete, am Fenster saß und ihm zulächelte. Polzer beschloß, das Café sofort zu verlassen, und erhob sich. Frau Porges legte ihre Hand auf die seine und sah ihn bittend an. Der junge Mann hatte es bemerkt und nickte Polzer zu. Alle sprachen auf Polzer ein, ihn zum Bleiben zu bewegen. Eine dicke Frau am Nebentisch beobachtete die aufgeregte Szene durch das Lorgnon. Polzer kannte sie. Ihr Gatte war Professor am Weinberger Gymnasium. Polzer setzte sich hilflos.

Polzers Nachbar, ein vornehm gekleideter junger Arzt, wandte sich an ihn:

»Sie sind zu beneiden! Was für eine schöne Frau Sie haben!«

Er sprach leise und langsam. Wenn er lächelte, zeigten sich unter dem dichten schwarzen Schnurrbart blendend weiße Zähne.

Polzer wandte sich ihm zu. Er wollte ihn in passenden Worten aufklären. Aber Frau Porges hatte gehört, was der Doktor gesagt hatte.

Sie begann laut zu lachen.

»Wenn Sie wüßten, Herr Doktor,« sagte sie, »wenn Sie wüßten!«

Sie sah Polzer an und lachte ununterbrochen. Alle begannen mitzulachen und Polzer anzusehen. Bloß der Doktor lachte nicht.

Polzer bemerkte, daß sein Tisch die Aufmerksamkeit aller Anwesenden errege. Seine Bestürzung war groß. Frau Porges rannen Tränen über die Wangen. Sie trocknete sie mit einem Taschentuch.

»Ach Polzer, Polzer,« sagte sie.

Das erhöhte Polzers Fassungslosigkeit. Noch nie hatte sie ihn einfach Polzer genannt. Ihm schien, als ob sie ihn demütigen wolle. Er bemerkte, daß der lange Student ihren Handrücken streichelte, und wollte etwas sagen. Der junge Mann aus der Bank hatte sich erhoben und nickte Polzer lachend zu. Frau Porges nahm ihre Hand unter den Tisch; die Hand des Studenten folgte. Frau Porges Bluse hatte sich verschoben. Franz Polzer sah erschrocken im Ausschnitt den Ansatz ihrer Brust sich bewegen. Der junge Mann verschwand in der Tür. Polzer hatte seinen Gruß nicht erwidert. Ihm nachzueilen war zu spät. Schon mußte er unter den vielen Menschen auf der Straße verschwunden sein.

Frau Porges sprach leise zu ihrem Nachbar. In dieser Nacht beunruhigte Polzer der Gedanke, der junge Wodak konnte in der Bank Bemerkungen über die Begegnung im Cafe machen. Polzer wußte nicht, wie er dem begegnen sollte. Eine Darstellung seines Verhältnisses zu der Witwe, das der Wahrheit nicht entsprach, konnte seine Stellung untergraben.

Als Polzer am Morgen an seinen Platz trat, saß der junge Wodak schon da. Er lächelte. Polzer erwartete Wodaks Angriff und seine eigene maßlose Demütigung. Allein Wodak sagte nichts. Sein Benehmen schien Polzer vielmehr höflicher und zuvorkommender als sonst. Polzer beruhigte sich. Er dachte nicht, daß Wodak einen besonderen Plan bereit habe, ihn zu beschämen.

Das war am Montag. Am Ende dieser Woche trat ein Ereignis ein, das Polzers Leben von Grund aus veränderte. Dieses Ereignis war für Polzer mit seinem Hut verknüpft.

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