Jean Paul
Über die deutschen Doppelwörter
Siebenter Brief
eingestellt: 29.6.2007Die weiblichen Mehrsylben mit n in der Mehrzahl
Baireuth den 31. July 1817
Sollten Sie es glauben, Verehrte, daß sogar die weiblichen Zweisylben ihr Plural- n lieber den Grundwörtern opfern? Nehmen Sie z. B. Nadeln, Nudeln, Wachteln, Vipern, Steuern, Martern, Kammern, Disteln, Foltern, Achseln, Gabeln, Kugeln, Lebern, Adern, Windeln, Regeln, Federn, Schwestern,
Mauern – und setzen Sie solche an etwas: bekommen Sie dann nicht: Nudel- und Nadelfabrik, Achsel- und Steuerträger, Schwester- und Marterkammer? Aber ahmen hier nicht die weiblichen Zweisylben auf el und er das ganze Betragen der männlichen im vorigen Briefe nach? – Gewiß; aber es geht so weit, daß sogar die Zeitwörter auf ihren Hochzeiten mit Grundwörtern ihr Infinitiv- n so lustig wie jene ihr Mehrzahl- n wegwerfen; z. B. Lispelgewölbe,
Polter-, Flattergeist, Dämmerlicht, Hänselgebräuche. – Nur der einfältige sperrige Bauer rennt gegen die Mauer und will in Gesellschaft sein Nein-N nicht aufgeben, so sehr ihm auch Vetter n und Nachbar n in jedem Vetter- und Nachbarstaate zureden und mit ihren Beispielen vorschreiten; wenigstens hat er sich in Campes Wörterbuch immer neben dem Rechten noch das Unrechte vorbehalten, Bauer nhof neben Bauerhof, Bauer ndirne neben
Bauerdirne etc.
Der ich übrigens verharre etc.
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