Joachim Heinrich Campe
Robinson der Jüngere
25. Abend
eingestellt: 6.6.2007
Es fanden sich abermahls verschiedene Abhaltungen, welche den Vater hinderten, in der Erzählung fortzufahren. Die junge Geselschaft wurde unterdeß durch sechs neue Mitglieder vergrössert. Diese hiessen Matthias, Ferdinand, Konrad, Hans, Christel, und Karl.
Das war nun ein Wesen unter den Alten, wovon der Eine noch eher, als der Andere, den neuen Freunden wieder erzählen wolte, was sie von
Robinson nun schon gehört hatten! Da wuste der Eine dies, der Andere das von ihm; da hatte der Eine dies, der Andere das noch ausgelassen, weswegen ein Dritter ihm in die Rede fiel, um die Lükke der Erzählung auszufüllen! Da also Alle zugleich redeten, so entstand zulezt ein so verwirtes Geschrei, daß man sein eigen Wort nicht hören konte. Da sahe sich dan endlich der Vater genöthiget, um dem Wirwar ein Ende zu machen, die Erzählung von vorn
wieder anzufangen, und sie bis dahin zu wiederhohlen, wo er zulezt stehn geblieben war. Dan fuhr er, zum allgemeinen Frohlokken, folgendermaßen fort:
Nun, Kinder, unser Robinson hat sich noch einmahl wieder erhohlt. Der Schlaf, dessen er die Nacht über unter seinem Zelte auf wirklichen Betten genoß, hat ihn so erquikt, daß er mit Anbruch des Morgens schon wieder da steht in seiner ganzen ungeschwächten Kraft, und Gott für die
Erhaltung seiner Gesundheit und seines Lebens dankt. Der Sturm hatte die ganze Nacht hindurch gewüthet. Er erwartete daher mit ängstlicher Neubegierde den Tag, um zu sehen, was aus dem Wrak mögte geworden sein?
Jezt stieg die Sonne empor und da erblikt er zu seinem Leidwesen, daß das Wrak gänzlich verschwunden sei. Einzelne Bretter und Balken, die an den Strand getrieben waren, bewiesen, daß der Sturm es völlig zertrümmert
habe. Es that ihm bei diesem Anblik wohl, sich bewust zu sein, daß er keinen Fleiß gespart habe, von dem Schifsgute so viel zu retten, als ihm nur immer möglich gewesen war; und wohl dem Menschen, dessen ganzes Betragen so weißlich eingerichtet ist, daß er bei jedem unangenehmen Vorfal, wie jezt Robinson, zu sich selbst sagen kan: ich bin nicht Schuld daran! O dieses Bewustsein kan viel versüßen, was für unser Herz sonst
unausstehlich bitter sein würde!
Robinson und Freitag zogen sorgfältig jedes am Strande liegende Ueberbleibsel des Schiffes aufs Land, weil sie voraussahen, daß jedes Bret, jede Latte ihnen nüzlich werden könte. Dan wurde ein ordentlicher Plan zu ihrer nächsten Geschäftigkeit gemacht.
Die Sachen musten nemlich nach der Burg geschaft werden; aber sich beim Fortbringen derselben jedesmahl so
weit davon zu entfernen, schien ihnen mit Recht gefährlich zu sein. Robinson machte also die Anordnung, daß sie wechselseitig fortkarren und Wache halten wolten, einer des Vormittages, der Andere des Nachmittages. Er lud die Kanonen und pflanzte sie an den Strand, die Mündung gegen das Meer gerichtet. Dan wurde ein Feuer angemacht, welches der Wachhabende beständig unterhalten solte; und neben den Kanonen lag eine Lunte in Bereitschaft, um sie, wenn es sein
müste, ohne Verzug abfeuern zu können.
Robinson selbst machte den Anfang zur Fortbringung der Sachen. Um die bessern Kleidungsstükke zu schonen, hatte auch er einen Matrosenanzug angelegt und, stat seiner ehemaligen Waffen, trug er jezt einen Hirschfänger und zwei geladene Pistolen im Gürtel. Er lud zuerst einige Fäßchen mit Schießpulver nebst andern Sachen auf, für welche die Nässe am meisten zu
fürchten war; und darauf ging die Reise fort.
Der Pudel, welcher ihm nie von der Seite kam, begleitete ihn, als ein nicht ganz unnüzer Reisegefährte. Robinson hatte ihm einen Strik ums Leib gebunden und diesen vorn am Karn befestigst, damit er durch Ziehen ihm helfen möge. Weil nun die Pudel sehr gelehrige Geschöpfe sind; so fand sich auch dieser bald in seinen neuen Beruf, und verrichtete ihn in kurzer Zeit so gut, als wenn er ein
geübter Karngaul gewesen wäre. Auch trug er obenein noch ein Bündel mit den Zähnen, welches man ihn zu thun schon vorher gelehrt hatte.
Beim Zurükkehren nahm Robinson alle seine zahmen zum Lasttragen schon gebrauchten Lamas mit, um sich ihrer gleichfalls zum Fortschaffen der Sachen zu bedienen. Da ihrer sieben waren, und da jedes derselben eine anderthalb Zentner schwere Last zu tragen vermogte: so könt ihr denken, wie viel die
ganze Karawane auf einmahl fortzubringen im Stande war.
Da aber so viele Sachen in Robinsons Höhle und Keller keinen Raum hatten: so ward in der Geschwindigkeit noch ein zweites großes Zelt gemacht, welches man auf dem Hofplaze der Burg aufschlug, um bis auf Weiter zum Behälter zu dienen. In acht Tagen war Alles fortgeschaft, einen Haufen Bretter ausgenommen, die sie zwischen ein dichtes Gebüsch getragen hatten, um sie vor der Hand
daselbst zu lassen.
Lotte. Du hast uns ja nichts wieder von der Ziege erzählt?
Vater. Ach, das hätt ich bald vergessen. Nun, die Ziege nahmen sie, wie es sich von selbst versteht, auch mit, und thaten sie in die Verzäunung zu den zahmen Lamas, mit denen sie sich recht gut vertrug. -
Nun gabs für Robinson und Freitag der angenehmen Arbeiten viele; und sie wusten kaum, was sie zuerst
angreifen solten. Doch machte Robinson, der jezt in allen seinen Verrichtungen Ordnung und regelmäßige Eintheilung der Geschäfte liebte, bald einen Unterschied zwischen den nöthigern und unnöthigern Arbeiten, und schrit zuerst zu jenen. Eine der nöthigsten unter allen war die Erbauung eines Schuppens, oder einer kleinen Scheune, um diejenigen Sachen, welche in der Höhle nicht Raum hatten, bequemer und sicherer zu verwahren, als es unter dem Zelte
geschehen konte. Da kam es nun darauf an, sich in der Kunst der Zimmerleute zu üben, die freilich keiner von ihnen gelernt hatte.
Aber was konte dem Fleisse unsers sinreichen Robinsons jezt zu schwer fallen, da er sich im Besiz aller der Werkzeuge sahe, die er nöthig hatte? Die mühseeligsten und ungewohntesten Arbeiten waren ihm jezt ein Spiel, nachdem er mit so vielen andern, ohne Werkzeuge und ohne einen Gehülfen zu haben, glüklich
zu Stande gekommen war. Das Fällen und Behauen der Bäume, das Zusammenfügen und Aufrichten der Balken, das Aufmauern der Wände von Baksteinen und die Anlegung eines doppelten Daches, eins von Brettern, das andre von Kokusblättern - dies Alles ging mit bewundernswürdiger Geschwindigkeit von statten.
Jezt stand das Häuschen da, und glich den kleinen Wohnungen unserer Landleute. Sehr weislich hatte Robinson auch die Fenster aus
den Kajüten des Schiffes ausgehoben; und diese kamen ihm jezt treflich zu statten, um den inwendigen Raum des Gebäudes zu erhellen, ohne irgend ein Loch offen lassen zu dürfen. Das Glas war für Freitag ein vorzüglicher Gegenstand der Bewunderung, weil er nie dergleichen gesehen hatte und nun erfuhr, was für eine große Bequemlichkeit es gewähre.
Nachdem nun Alles unter Dach und Fach gebracht war, ging Robinson mit
dem Gedanken um, sich einen bequemen Eingang zu seiner Burg zu verschaffen, ohne daß sie dadurch von ihrer Festigkeit etwas verlieren mögte. Das sicherste Mittel dazu schien ihm die Anlegung eines ordentlichen Thors und einer Zugbrükke zu sein. Da er alles, was dazu erfodert wurde - Nägel, Ketten, Thürangel, Hespen, Schlösser u. s. w. - in Ueberfluß hatte, so schritt er sogleich zur Ausführung dieses Vorsazes. Sie machten erst alles, was
erfodert wurde, fertig; dan wurde eine Oefnung in dem Walle und der Baumwand nach der Grösse des schon vollendeten Thores gemacht, das Thor errichtet und die Zugbrükke so angelegt, daß sie, wenn sie aufgezogen ward, das Thor bedekte. Dan wurden die Kanonen, und zwar geladen, auf den Wal gepflanzt, so daß zwei die rechte, zwei die linke Flanke oder Seite, und zwei die Face, oder die Vorderseite der Festung dekten. Und nun konten sie vor jedem
Anfalle der Wilden völlig ruhig sein, und hatten zugleich die Bequemlichkeit eines ordentlichen Einganges zu ihrer Wohnung.
Jezt war die Zeit zur Erndte gekommen. Robinson bediente sich eines alten Schwerdts stat der Sichel, um den Maiz damit abzumähen, und zum Ausgraben der Kartoffeln einer ordentlichen Hakke, die sich unter den geborgenen Sachen befand. Wie ihnen nun das Alles durch Hülfe dieser Werkzeuge von der Hand ging! Es wäre eine Lust gewesen, es anzusehen, eine noch grössere, sich ihnen als Mitarbeiter zuzugesellen.
Hans. Ich hätte
mögen dabei wohl sein, um auch so mit zu arbeiten!
Diderich. O deswegen brauchst du nach keiner wüsten Insel zu fahren! Es läßt sich hier eben so gut arbeiten. Solst nur sehen, was uns Vater immer zu thun giebt, wenn wir Freistunden haben! Bald müssen wir Holz mit ihm pakken, bald klein gehauenes Holz in die Küche fahren, bald im Garten graben, dan wieder Wasser zum Begiessen tragen, oder Unkraut ausgäten - o da giebt es immer
genug zu thun!
Vater. Und warum führ ich denn wohl euch zu solchen Arbeiten an?
Johannes. I, daß wir uns gewöhnen sollen, niemahls mäßig zu sein, und weil uns das gesund und stark macht!
Christel. Sollen wir denn auch immer mit arbeiten, Vater?
Vater. Freilich! Ich werde euch ja nicht weniger lieben, als ich die Andern liebe, und werde euch also ja auch wohl alles das thun lassen, was ich
für eine nüzliche Beschäftigung halte!
Karl. O das ist scharmant! Da wollen wir eben so fleißig sein, als Robinson.
Vater. Wohl! Robinson, wie wir wissen, befand sich sehr wohl dabei; und so werden wir Alle die seeligen Folgen einer arbeitsamen Lebensart gleichfalls immer mehr erfahren.
Die Erndte war jezt vollendet. Robinson verfertigte zwei Dreschflegel, lehrte
Freitag den Gebrauch derselben, und dan klopften sie den Maiz in einem Tage aus. Sie gewannen zwei Säkke vol, welches ohngefähr sechs Scheffel sein mogten. Auf einige Monate hatten sie Schifszwiebak vorräthig. Da aber dieser alsdan ein Ende nehmen muste, so war Robinson entschlossen, das Brodbakken selbst zu versuchen.
Eine kleine Handmühle hatt er mit von dem Schiffe genommen. Es fehlte also nur an einem feinen Siebe, um das Mehl zu
sichten und an einem Bakofen, um das daraus geknetete Brod zu bakken. Zu beiden muste Rath werden. Zum Siebe braucht er ein dünnes Nesseltuch, wovon unter den geborgenen Sachen sich ein ganzes Stük befand; und die Anlegung eines ordentlichen Bakofens machte ihm den wenigsten Kummer. Auch mit dieser Arbeit ward er fertig, noch ehe die gewöhnliche halbjährige Regenzeit eintraf.
Und nun macht er einen doppelten Versuch im Brodbakken, indem er einige
Brode aus Rokkenmehl, andere aus Mehl von Maiz knetete. Die erstern aber waren bei weitem die schmakhaftesten; und Robinsons Entschliessung war daher gefaßt. Er beschloß nemlich, stat des türkischen Waizens, den größten Theil seiner Aekker mit Rokken zu besäen, um immer hinlänglichen Vorrath zum Brodbakken zu haben. Dies schien ihm auch für seine und Freitags Hände nicht zu viel Arbeit zu sein, weil sie auf dieser Insel zweimahl
in jedem Jahre säen und ärndten könten.
Noch fehlte ihnen etwas, welches sie unter dem Schifsvorrathe nicht mit gefunden hatten, und welches ihnen gleichwohl sehr nüzlich gewesen wäre, nemlich - ein Paar ordentliche Spaten von Eisen. Zwar hatte Freitag dergleichen aus hartem Holze geschnizt, aber besser ist doch besser, und mit einem eisernen Spaten kan man natürlicher Weise noch mehr beschikken, als mit einem hölzernen. Da
nun Robinson fest entschlossen war, künftig den Akkerbau, als die angenehmste und nüzlichste Arbeit unter allen, zu seiner beständigen Hauptbeschäftigung zu machen: so ging er mit dem Gedanken um, auch eine Schmiede anzulegen, um Spaten und vielleicht noch andere nöthige Werkzeuge selbst zu verfertigen.
Dieser Einfal war nicht so kühn, als er euch vielleicht vorkommen mag: denn alles, was zu einer Schmiede gehört, fand sich
unter seinem Vorrathe. Es waren nemlich darunter ein kleiner Amboß, verschiedene Zangen, ein ziemlich großer Blasebalg und so viel theils altes, theils noch unverarbeitetes Eisen, daß er wahrscheinlicher Weise für sein ganzes Leben genug daran hatte. Der Vorsaz ward also auf der Stelle ausgeführt.
Durch Hülfe eines grössern Daches von Brettern, welches sie über der Küche anbrachten, ward
diese so sehr erweitert, daß sie zugleich zur Schmiede dienen, und auch beim Regenwetter darin gearbeitet werden konte. Sie verwandten also einen Theil der eingefallenen nassen Jahrszeit auf Schmiedearbeit; und auch diese muste ihnen, nach einigen wenigen vergeblichen Versuchen, gar treflich gelingen. Da die Spaten fertig waren, ging Robinson noch weiter und versuchte, ob er nicht auch gar einen Pflug erfinden könte, der ihren Kräften angemessen wäre? Er erfand
ihn und seine Freude darüber war sehr groß.
Dieser Pflug war von den Unsrigen freilich sehr verschieden; er bestand aus einem einzigen krummen Ast von einem Baume, an dessen einem auf der Erde ruhenden krummen Ende die Pflugschaar befestigst war, nebst einer Handhebe, womit der Führer des Pflugs ihn regieren und nach seinem Willen lenken konte; an das andere Ende hingegen hätten Ochsen oder Pferde gespant werden können, wenn sie deren
gehabt hätten. So aber war diese Stelle einem von ihnen selbst vorbehalten. Kurz, dieser Pflug hatte vollkommen die Gestalt von demjenigen, dessen die alten Griechen sich zu bedienen pflegten, da sie anfingen, sich auf den Akkerbau zu legen und wovon ich euch hier eine Zeichnung zeigen kan.
Ferdinand. Das ist ja ein küriöser Pflug!
Konrad. Waren denn keine Räder daran?
Vater. Nein, wie du siehst. So einfach
und ungekünstelt, als dieser Pflug, sind anfangs alle andere Werkzeuge auch gewesen. Nach und nach nahmen die Menschen eine vortheilhaftere Einrichtung nach der andern wahr, änderten, verbesserten, und beförderten so immer mehr und mehr den Nuzen und die Bequemlichkeit eines jeden Dinges, dessen sie zu ihren Arbeiten bedurften.
Indeß hatte Robinson alle Ursache, sich über diese seine Erfindung zu freuen, besonders da sie so ganz sein
eigenes Werk war, weil er die Zeichnung davon niemahls gesehen hatte. Es sind, so viel man weiß, erst viele Jahrhunderte verflossen, bevor die Menschen darauf verfielen, ein so einfaches Werkzeug, als dieser Pflug ist, zu erfinden; und die Erfinder desselben wurden von ihren Nachkommen für so ausserordentlich kluge Menschen gehalten, daß man ihrem Andenken sogar götliche Ehre erwies. Weißt du noch, Johannes, wen die Egipzier für den Erfinder des Pflugs
hielten?
Johannes. O ja! Den Osiris, den sie deswegen nachher, als einen Gott, anbeteten.
Vater. Die Phönizier schrieben diese nüzliche Erfindung einem gewissen Dagon zu, den sie deswegen auch für ein ausserordentliches Wesen hielten und ihn einen Sohn des Himmels nanten.
Nikolas. Aber hätte Robinson nicht die Lamas zum Pflügen brauchen können?
Vater.
Anfangs zweifelte er, ob sie brauchbar dazu sein würden, weil sie mehr zum Tragen, als zum Ziehen gemacht zu sein schienen. Indeß wolt er doch auch dieses nicht unversucht lassen; und siehe! der Erfolg übertraf seine Hofnung. Die Thiere lernten nach und nach sich darein schikken; und endlich ging das Geschäft so gut von statten, als wenn Robinson und Freitag ausgelernte Landleute und die Lamas Ochsen oder Esel gewesen wären.
Nun fehlte ihnen zur ordentlichen Bestellung des Akkers nur noch ein Werkzeug, dessen sie nicht füglich entbehren konten, und welches sie gleichwohl auf dem Schiffe nicht vorgefunden hatten.
Ferdinand. Ich weiß schon, was das für eins war!
Vater. Und welches meinst du denn?
Ferdinand. Eine Egge.
Vater. Getroffen! Ohne diese kan das Land nicht wohl bestellt werden, weil man
durch Hülfe derselben die dikken Erdschollen erst zertrümmern muß, damit der eingestreute Same in ein lokkeres Erdreich zu liegen komme, und mit Erde bedekt werde.
Robinson schmiedete erst so viel eiserne Zakken, als er dazu nöthig zu haben glaubte. Dan kam er, nach einigen vergeblichen Versuchen, auch mit dem hölzernen Gestelle zu Stande, worin diese Zakken befestiget werden musten. Endlich bohrte er in dieses Gestel so viel Löcher, als die Egge Zähne haben solte, schlug die eisernen Zakken da hinein, und die Egge war fertig.
Er säete nun, nach geendigter Regenzeit, zwei Scheffel Rokken, einen Scheffel Gerste, und einen halben Scheffel Erbsen aus; und hatte nach fünf Monaten die Freude, zwölfmahl so viel wieder einzuärndten, nemlich vier und zwanzig Scheffel Rokken, zwölf Scheffel Gerste, und sechs Scheffel Erbsen; welches weit mehr war, als er und sein Freitag in einem halben Jahre verzehren konten. Aber, als ein kluger Hausvater, war er darauf bedacht, von Allem immer etwas übrig zu haben, weil Zeiten des Mißwachses einfallen, oder seine Erndte einmahl durch Hagel oder andere Zufälle zernichtet werden konte. Er beschloß daher ein ordentliches Getraidemagazin anzulegen, worin immer von einem halben Jahre zum andern ein zu ihrem Unterhalte hinlänglicher Vorrath wäre, auf den Fal, daß einmahl eine Erndte verloren ginge.
In dieser Absicht rissen sie, bei anhaltender klarer Witterung das Dach des Schuppens wieder ein, um noch ein zweites Stokwerk darauf zu sezen, welches zum Kornboden dienen solte. Dies kostete nun freilich schon mehr Kunst und Mühe, als die Errichtung des ersten Stoks gekostet hatte, aber ihr anhaltender unverdrossener Fleiß überwand alle Schwierigkeiten; und das Werk ward vollendet.
Die Ziege hatte unterdeß zwei Junge geworfen, so daß nun auch diese Art von Thieren auf der Insel fortgepflanzt werden konte. Der Pudel diente ihnen zum Nachtwächter; und Pol, der Papagai, war ihr Geselschafter bei Tische, oft auch bei der Arbeit. Die Lamas hingegen waren ihnen nun schäzbarer, als jemahls: weil sie ihnen nicht nur Milch, Käse und Butter gaben; sondern auch das Feld beakkern halfen. Zu Robinsons volkommener Glükseeligkeit fehlte also weiter nichts mehr, als - was meint ihr?
Gotlieb. Daß er nicht bei seinen Eltern war!
Vater. Und - daß ihrer nur zwei waren, wovon der Eine über kurz oder lang sterben und den Andern wieder als einen armen, von allen Menschen getrenten Einsiedler zurük lassen muste. Doch Robinson hielt es für Sünde, sein Leben dadurch zu verbittern, daß er sich vor Unglüksfällen fürchtete, die erst in der Zukunft möglich waren. Der Gott, dacht er, der bis hieher immer Rath gewust hat, wird auch ferner helfen können. Und so verfloß ihm jezt jeder seiner Tage in ungestörter Zufriedenheit, weil er nunmehr Ruhe von innen und Ruhe von Aussen hatte. Und zu diesem Zustande verhelfe Gott euch Allen! -
Die Mutter sagte: amen! und die Geselschaft ging auseinander.