Frei Lesen: Der Chancellor

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Jules Verne

Der Chancellor

XXIII.

eingestellt: 22.7.2007



Am 2. und 3. December. –

Noch vierundzwanzig Stunden lang kämpfen wir mit aller Macht und verhindern ein Steigen des Wasserniveaus im Innern des Raumes; doch es liegt auf der Hand, daß die Zeit kommen wird, wo die Pumpen nicht mehr hinreichen werden, dieselbe Menge Wasser auszuwerfen, welche durch den Leck im Rumpfe eindringt.

Im Verlaufe dieses Tages geht Robert Kurtis, der sich keinen Augenblick der Ruhe gönnt, selbst an eine Untersuchung des Kielraumes, bei der der Zimmermann und der Hochbootsmann ihn begleiten; auch ich schließe mich Jenen an. Wir schaffen einige Baumwollenballen zur Seite und hören bei einiger Aufmerksamkeit ein Rauschen von Wasser, oder um es richtiger zu bezeichnen, ein »Gluck! Gluck!« Robert Kurtis will auf jeden Fall versuchen, den Schiffsrumpf am Hintertheil durch Einhüllung desselben mit getheerten Segeln trocken zu legen. Vielleicht gelingt es, dadurch wenigstens vor der Hand jede Communication mit dem Meere zu unterbrechen. Wenn das Nachströmen des Wassers nur momentan aufzuhalten ist, wird man erfolgreicher pumpen und das Schiff wahrscheinlich wieder heben können.

Die Ausführung dieser Absicht ist umständlicher, als man glauben sollte. Zunächst muß die Schnelligkeit des Fahrzeugs gemäßigt werden, und nachdem die großen Segel, welche die Jölltaue halten, bis nach dem Kiel hinuntergeglitten sind, leitet man sie bis zu der Stelle des früheren Lecks und versucht den ganzen Theil des Chancellor vollkommen einzuhüllen.

Von jetzt ab wirken die Pumpen etwas bemerkbarer, und wir gehen mit neuem Muthe an die Arbeit. Dennoch hat Kapitän Kurtis die größtmöglichste Menge Segel beibehalten lassen, denn er weiß zu gut, daß der Rumpf des Chancellor nicht lange aushalten kann und er große Eile hat, irgend ein Land zu erreichen. Wenn ein anderes Schiff in Sehweite vorüber käme, würde er nicht zögern, Nothsignale zu geben, seine Passagiere, selbst die Mannschaften auszuschiffen und allein an Bord zurückzubleiben bis zum Versinken des Chancellor unter seinen Füßen.

Alle unsere Hilfsmittel sollten aber vergeblich sein!

In der Nacht hat die Segelhülle dem Drucke von Außen nachgegeben, und am Morgen des 3. December meldet der Hochbootsmann mit einigen kräftigen Flüchen:

»Wieder sechs Fuß Wasser im Raum!«

Die Thatsache ist nur zu richtig! Das Schiff füllt sich aufs Neue an, es sinkt merklich tiefer, und schon taucht seine Schwimmlinie weit unter das Wasser. Indessen arbeiten wir an den Pumpen mit mehr Anstrengung als je, und setzen unsere letzten Kräfte daran. Unsere Arme sind halb gebrochen, unsere Hände bluten, und trotz allen Quälens läuft uns das Wasser den Rang ab.

Robert Kurtis läßt nun noch an der großen Luke eine Kette bilden, und schnell fliegen die Eimer von Hand zu Hand.

Alles ist vergebens! Um acht ein halb Uhr Morgens ergiebt die Messung einen noch weiteren Zuwachs des Wassers im Raume. Schon bemächtigt sich die Verzweiflung einiger der Matrosen. Robert Kurtis treibt sie an, weiter zu arbeiten. Sie verweigern es.

Unter den Leuten ist Einer von sehr widerspenstigem Sinne, ein Anführer, von dem ich schon gesprochen habe, der Matrose Owen. Er mag vierzig Jahre alt sein. Sein Gesicht endet mit einem röthlichen Spitzbarte am Kinne, während die Wangen haarlos sind; seine Mundwinkel verlaufen nach unten, und seine fahlen Augen zeichnen sich durch einen rothen Punkt an der Verbindungsstelle mit den Lidern aus. Er hat eine scharfe Nase, weit abstehende Ohren und seine Stirn ist durch häßliche Falten tief gefurcht.

Dieser verläßt zuerst seinen Posten. Fünf oder sechs Kameraden folgen seinem Beispiele; unter ihnen bemerke ich den Koch Jynxtrop; ebenfalls ein verdächtiges Subject.

Auf den Befehl Robert Kurtis, an die Pumpen zurückzukehren, antwortet Owen mit einem trotzigen Nein.

Der Kapitän wiederholt seinen Befehl.

Owen bleibt bei seiner Weigerung.

Robert Kurtis nähert sich dem aufsässigen Matrosen.

»Ich rathe Ihnen, mich nicht anzurühren«, sagt Owen in kaltem Tone und steigt nach dem Vordercastell hinauf.

Robert Kurtis begiebt sich nach dem Oberdeck, geht in seine Cabine und kehrt mit einem geladenen Revolver in der Hand daraus zurück.

Einen Moment sieht Owen Robert Kurtis an, doch Jynxtrop macht ihm ein Zeichen, und Alle nehmen ihre Arbeit wieder auf.


 

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