Frei Lesen: Fünf Wochen im Ballon

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Jules Verne

Fünf Wochen im Ballon

Neunzehntes Capitel

eingestellt: 15.8.2007



»Wohinaus steuern wir? fragte Kennedy, als er sah, wie sein Freund den Compaß zu Rathe zog.

– Nach Nord-Nordwest.

– Aber zum Teufel! Das ist nicht Norden!

– Nein, Dick; und ich glaube, daß wir schwerlich Gondokoro erreichen werden; ich bedauere es, aber schließlich haben wir die Forschungen des Ostens mit denen des Nordens verknüpft; da darf man sich nicht beklagen.«

Der Victoria entfernte sich allmälig vom Nil.

»Ein letzter Blick, sagte der Doctor, auf diesen noch unüberschrittenen Breitegrad, über den die unerschrockensten Reisenden nicht haben hinauskommen können. Das sind sicher die unzugänglichen Stämme, von denen die Herren Petherick, DArnaud, Miani sprechen; ebenso wie der junge Reisende Herr Lejean, dem wir die besten Arbeiten über den obern Lauf des Nil verdanken.

– So stimmen unsere Entdeckungen mit den Vermuthungen und Hypothesen der Wissenschaft überein? fragte Kennedy.

– Vollständig. Die Quellen des Weißen Flusses, des Bahr-el-Abiad sind in einem See, der die Größe eines Meeres hat, verborgen: dort hat er seinen Ursprung; die Poesie wird freilich dabei verlieren, man dachte sich für diesen König der Ströme gern eine himmlische Abkunft. Die Alten benannten ihn mit dem Namen Ocean, und man war geneigt zu glauben, daß er direct von der Sonne herkäme! Aber man muß ab und zu etwas von solchem Glauben aufgeben und das annehmen, was die Wissenschaft uns lehrt. Es wird vielleicht nicht immer Gelehrte, immer aber Dichter geben!

– Man bemerkt wieder Katarakte, äußerte Joe.

– Die Katarakte von Makado, auf drei Breitegraden; es stimmt ganz genau! Ach, warum haben wir nicht dem Laufe des Nils einige Stunden weit folgen können!

– Und da unten vor uns, sagte der Jäger, bemerke ich den Gipfel eines Berges.

– Das ist der Logwek, der Zitterberg der Araber; diese ganze Gegend ist von Herrn Debono besucht worden, der sie unter dem Namen Latif Effendi durchreiste. Die dem Nil anwohnenden Stämme sind unter einander verfeindet und führen einen gegenseitigen Vertilgungskrieg. Ihr könnt Euch leicht die Gefahren vorstellen, denen er hat Trotz bieten müssen.«

Der Wind trug nun den Victoria nach Nordwesten. Um den Berg Logwek zu vermeiden, mußte man eine niedrigere Strömung suchen.

»Meine Freunde, sagte der Doctor zu seinen beiden Begleitern, jetzt erst fangen wir wirklich unsere Entdeckungsreise in Afrika an. Bis hierher sind wir hauptsächlich den Spuren unserer Vorgänger gefolgt. Wir werden uns nunmehr in eine unbekannte Welt begeben. Wird uns der Muth nicht im Stich lassen?

– Niemals! riefen einstimmig Dick und Joe.

– Auf den Weg denn, und der Himmel beschütze uns!«

Um zehn Uhr Abends gelangten die Reisenden über Schluchten, Wälder und zerstreute Dörfer hinweg zum Zitterberge, an dessen sanft abfallenden Abhängen sie hinstreiften.

An diesem denkwürdigen Tage, dem dreiundzwanzigsten April, hatten sie während einer fünfzehnstündigen Reise, von einem raschen Winde getrieben, eine Entfernung von über dreihundert und fünfzehn Meilen zurückgelegt.

Aber dieser letzte Theil der Reise hatte ihnen einen traurigen Eindruck hinterlassen. Vollständiges Schweigen herrschte in der Gondel. War Doctor Fergusson einzig und allein mit seinen Entdeckungen beschäftigt? Dachten seine beiden Gefährten an die ihnen bevorstehende Fahrt mitten durch unbekannte Landstriche? In all das mischten sich ohne Zweifel Erinnerungen an England und die entfernten Freunde. Joe zeigte dabei seine gewohnte Philosophie der Sorglosigkeit, die es ganz natürlich fand, daß das Vaterland nicht überall mit ihm herumziehen konnte; aber er achtete das Schweigen Samuel Fergussons und Dick Kennedys.

Um zehn Uhr Abends legte sich der Victoria auf der andern Seite des Zitterberges vor Anker; man nahm ein substantielles Mahl ein, und Alle schliefen nacheinander, sich in der Wache ablösend.

Am folgenden Morgen fah man wieder fröhlichere Gesichter; es hatte sich prächtiges Wetter und ein günstiger Wind eingestellt, und ein durch die Scherze des muntern Joe gewürztes Frühstück brachte vollends die gute Laune der kleinen Gesellschaft zurück.

Das Land, welches man gegenwärtig zu durchreisen hatte, ist ein unermeßlich großes; es grenzt an die Mondberge und die Gebirge von Darfur; es mag an Ausdehnung etwa Europa zu vergleichen sein.

»Wir durchreisen jetzt jedenfalls das sogenannte Land Usoga, saqte der Doctor; Geographen haben behauptet, daß sich im Mittelpunkte von Afrika eine tiefe Senkung, ein ungeheurer Binnensee befände. Wir werden sehen, ob diese Annahme irgendwie begründet ist.

– Aber wie ist man zu dieser Voraussetzung gelangt? fragte Kennedy.

– Durch die Berichte der Araber; diese Leute erzählen gern, vielleicht zu gern. Einige in Kaseh oder an den großen Seen angekommene Reisende haben Sclaven gesehen, welche von dem Innern des Landes hergekommen waren, und dieselben über ihr Land ausgefragt, diese verschiedenen Mittheilungen dann mit einander verschmolzen, und daraus Systeme abgeleitet. Alledem liegt immer etwas Wahres zu Grunde und, wie Du siehst, hat man sich z. B. über den Ursprung des Nil nicht getäuscht.

– Ganz richtig! stimmte Kennedy bei.

– Auf diese Mittheilungen hin hat man Karten zu zeichnen versucht, und meine Absicht ist, unsern Weg auf einer derselben zu verfolgen, und sie erforderlichen Falls zu verbessern.

– Ist dieses weite Land bewohnt? erkundigte sich Joe.

– Allerdings, aber nur spärlich.

– Das habe ich mir gedacht.

– Diese zerstreuten Volksstämme begreift man unter der allgemeinen Bezeichnung Nyam-Nyam: der Name ist nur eine Onomatopöe; er giebt das Geräusch des Kauens wieder.

– Ausgezeichnet! rief Joe, Nyam! Nyam!

– Mein alter Junge, wenn Du die unmittelbare Ursache dieser Onomatopöe wärest, würdest Du das nicht ausgezeichnet finden.

– Was meinen Sie damit, Herr?

– Daß diese Völkerschaften Menschenfresser sind.

– Ist das wirklich wahr?

– Freilich; man hat auch behauptet, daß diese Eingeborenen wie gewöhnliche Vierfüßler mit einem Schwanze versehen seien; aber bald hat man erkannt, daß dieser Appendix nur den Thierfellen, mit denen sie bekleidet sind, angehört.

– Um so schlimmer für sie; ein Schwanz müßte in diesen Gegenden sehr angenehm sein, um die Moskitos zu verjagen.

– Wohl möglich, Joe; aber es ist das ins Bereich der Fabel zu verweisen, wie auch die Hundsköpfe, welche der Reisende Brun-Rollet gewissen Völkerschaften beilegte.

– Hundsköpfe? sehr bequem zum Bellen und äußerst brauchbar für Menschenfresser!

– Was leider auf Wahrheit beruht, ist die Wildheit dieser nach Menschenfleisch lechzenden Völker.

– Ich wünsche nur, daß ich ihnen nicht zu viel Appetit einflöße, versetzte Joe.

– Da haben wirs, sagte der Jäger.

– Meine Meinung ist die, Herr Dick: Wenn ich einmal gefressen werden muß, so soll es zu Ihrem Nutzen und zum Vortheil meines Herrn sein. Aber diesen Mohren zur Nahrung dienen! Pfui, ich würde mich zu Tode schämen!

– Recht so, mein braver Joe, meinte Kennedy; das nenne ich doch noch ein Wort! wir werden Dich bei Gelegenheit berücksichtigen.

– Stehe immer zu Diensten, meine Herren!

– Joe spricht nur so, bemerkte der Doctor, damit wir ihn gut füttern und recht fett machen sollen.

– Wer weiß? antwortete Joe; der Mensch ist nun einmal so egoistisch!«

Am Nachmittag bedeckte sich der Himmel mit einem heißen Nebel, der aus dem Boden empordampfte. Der umdüsterte Himmel gestattete kaum, die Gegenstände auf der Erde zu unterscheiden, und so gab der Doctor, aus Furcht an eine Felsspitze zu stoßen, um fünf Uhr das Haltesignal.

Die Nacht verging ohne Unfall, aber man hatte bei der tiefen Dunkelheit seine Wachsamkeit verdoppeln müssen.

Der Monsun wehte am andern Morgen mit außerordentlicher Heftigkeit; der Wind verfing sich in den untern Höhlungen des Ballons und schüttelte heftig den Kasten, durch welchen die Ausdehnungs- Röhren sich hinzogen. Man mußte sie mit Seilen befestigen, ein Geschäft, das Joe mit großer Geschicklichkeit ausführte.

Er constatirte zugleich, daß die Mündung des Luftschiffes noch immer hermetisch verschlossen war.

»Es hat das eine doppelte Bedeutung für uns, sagte Doctor Fergusson; zunächst vermeiden wir den Verlust des für uns sehr kostbaren Gases, und dann lassen wir in unserer Umgebung keinen entzündbaren Streifen zurück, der am Ende gar in Flammen gerathen könnte.

– Das wäre ein ärgerlicher Zwischenfall für unsere Reise.

– Würden wir zur Erde herabstürzen? fragte Dick

– Stürzen? nein! das Gas würde ruhig verbrennen und wir nach und nach zur Erde niedersteigen. Ein ähnlicher Unfall ist der französischen Luftschifferin Madame Blanchard, begegnet. Beim Abbrennen eines Feuerwerks entzündete sich ihr Ballon, aber sie fiel nicht, und würde ohne Zweifel mit dem Leben davongekommen sein, wenn ihre Gondel nicht an einen Schornstein gestoßen wäre, von welchem herunter sie zur Erde stürzte.

– Hoffen wir, daß uns nichts Aehnliches treffen wird, versetzte der Jäger; bis jetzt scheint mir unsere Fahrt nicht gefährlich. Ich sehe keinen Grund, der uns hindern könnte, an unserm Ziel anzukommen.

– Ich auch nicht, lieber Dick; übrigens sind die Unfälle auf Luftreisen immer durch Unvorsichtigkeit, oder den mangelhaften Bau der Apparate verursacht worden. Indessen zählt man auf mehrere tausend Ballonexpeditionen nicht zwanzig Unfälle, die den Tod zur Folge gehabt hätten. Im Allgemeinen bieten die Abfahrten und Landungen die meisten Gefahren. So dürfen wir in solchem Falle keine Vorsichtsmaßregel außer Augen lassen.

– Es ist Frühstückszeit, meldete Joe; wir müssen schon mit Kaffee und conservirtem Fleisch vorliebnehmen, bis Herr Kennedy Gelegenheit gefunden hat, uns mit einem guten Stück Wildbret zu versorgen.«

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