Frei Lesen: Fünf Wochen im Ballon

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Jules Verne

Fünf Wochen im Ballon

Fünftes Capitel

eingestellt: 15.8.2007



Doctor Fergusson betrieb die Vorbereitungen zur Abreise äußerst rührig, und leitete selbst, gewissen Angaben gemäß, über die er das absoluteste Schweigen beobachtete, den Bau seines Luftschiffes. Er hatte sich schon seit geraumer Zeit mit dem Studium der arabischen Sprache und verschiedener Mundarten der Mandingos beschäftigt und machte, in Folge seiner vortrefflichen Anlagen zu einem Polyglotten, reißende Fortschritte.

Inzwischen verließ ihn sein Freund, der Jäger, nicht; er blieb ihm so ängstlich zur Seite, als fürchte er, daß der Doctor sich einmal, ohne vorher etwas davon zu sagen, in die Lüfte schwingen könne. Er hielt ihm, um ihn von seinem gefährlichen Vorhaben abzubringen, die überzeugendsten Reden, aber sie überzeugten Samuel Fergusson nicht; er erging sich in den gefühlvollsten, inständigsten, flehentlichsten Bitten, aber den Doctor vermochten sie nicht zu rühren. Dick merkte, wie ihm sein Freund förmlich, zwischen den Fingern durchschlüpfte.

Der arme Schotte war wirklich zu beklagen; er konnte nicht mehr ohne düstere Schreckensregungen zum azurblauen Himmelsgewölbe aufschauen; er hatte im Schlaf das Gefühl eines schwindelerregenden Wiegens und Schaukelns, und jede Nacht kam es ihm vor, als stürze er jäh von unermeßlichen Höhen herab.

Wir müssen noch hinzufügen, daß er unter diesen schrecklichen Anfällen von Beklemmungen und Alpdrücken ein oder zwei Mal aus dem Bette fiel, worauf es dann andern Morgens seine erste Sorge war, Fergusson eine starke Quetschung zu zeigen, die er sich am Kopfe dabei zugezogen hatte.

»Und doch,« fügte er hinzu, »bedenke – nur drei Fuß hoch, und schon eine solche Beule! Nun bitte ich Dich zu erwägen – –!« Diese schwermuthsvolle Andeutung machte auf unsern Doctor indessen keinen Eindruck.

»Wir werden nicht fallen«, erwiderte er kurz.

»Es wäre aber doch möglich ...«

»Ich sage Dir, wir werden nicht fallen!«

Auf eine so entschiedene Meinungsäußerung blieb dann Kennedy nichts übrig, als zu verstummen. –

Was den guten Dick besonders beunruhigte und reizte, war der Umstand, daß Fergusson seit einiger Zeit einen unerträglichen Mißbrauch mit der ersten Person Pluralis der Pronomina trieb:

»Wir werden an dem und dem bereit sein ..., wir werden dann und dann abreisen« ..., »wir werden da und da vorgehen« ..., hieß es bei jeder Gelegenheit.

Und ebenso machte er es mit dem Possessiv-Pronomen in der Einzahl wie in der Mehrzahl:

›Unser‹ Ballon ..., ›unser‹ Schiff ..., ›unsere‹ Entdeckungsreise ..., ›unsere‹ Vorbereitungen ..., ›unsere‹ Entdeckungen ..., ›unsere‹ Steigungen ... und dem armen Schotten schauderte dabei die Haut, obgleich er fest entschlossen war, nicht zu reisen.

Aber er mochte seinem Freunde auch nicht zu sehr widersprechen, und wir wollen sogar gestehen, daß er sich ganz in der Stille aus Edinburg zur Reise geeignete Kleider hatte nachschicken lassen.

Eines Tages, als er sich herbeigelassen hatte, zuzugestehen, daß bei einem unverschämten Glück die Chancen für ein Gelingen des Unternehmens etwa wie eins zu tausend ständen, that er so, als füge er sich den Wünschen des Doctors; begann aber, um die Reise weiter in die Ferne zu rücken, eine lange Reihe der mannigfachsten Ausflüchte.

Er verbreitete sich darüber, ob die Expedition wirklich nützlich und zeitgemäß, ob diese Entdeckung der Nilquellen in der That nothwendig sei? ... ob man sich würde sagen können, daß man für das Glück der Menschheit gearbeitet habe? ... und ob die Völkerstämme Afrikas sich, wenn sie der Civilisation zugänglich gemacht wären, dadurch glücklicher fühlen würden? ...

Ob man übrigens darüber ganz sicher sei, daß die Civilisation nicht vielmehr dort, als in Europa angetroffen werde? ... Vielleicht ja. – Und ob man nicht noch mit der Expedition warten wolle? ... Man würde einst gewiß auf mehr praktische und weniger lebensgefährliche Weise Afrika durchreisen ... Wer weiß, ob das nicht schon in einem Monat, in einem halben Jahr der Fall sein könne; vor Ablauf eines Jahres würde ohne allen Zweifel irgend ein Entdeckungsreisender dahin kommen ...

Diese Andeutungen brachten eine Wirkung hervor, die durchaus nicht beabsichtigt war; der Doctor gerieth vor Ungeduld außer sich.

»Möchtest Du unglücklicher Dick, Du falscher Freund denn wirklich, daß solcher Ruhm einem Andern zu Gute käme? Soll ich meine ganze Vergangenheit Lügen strafen? vor Hemmnissen, die keine wirklichen Hindernisse sind, zurückbeben? mit feigem Zögern vergelten, was die englische Regierung und die Königlich Geographische Gesellschaft zu London für mich gethan haben?«

»Aber ...«, begann von Neuem Kennedy; er schien eine ganz besondere Vorliebe für diese Conjunction zu haben.

»Aber«, fuhr der Doctor fort, »weißt Du denn nicht, daß meine Reise mit den gegenwärtig in der Ausführung begriffenen Unternehmungen in Concurrenz treten soll? Daß schon wieder neue Entdecker sich rüsten, um nach Central-Afrika zu gehen?«

»Aber ...«

»Höre mich genau an. Dick, und wirf einen Blick auf diese Karte.«

Dick ergab sich in sein Schicksal und that, wie ihm geheißen.

»Verfolge den Lauf des Nil«, sagte Fergusson, »und reise nach Gondokoro.«

Kennedy dachte, wie leicht doch solche Reise sei ... auf der Karte.

»Nimm eine der Spitzen dieses Zirkels«, versetzte der Doctor, »und setze sie auf diese Stadt, über welche die Kühnsten kaum hinaus gekommen sind. Und jetzt suche an der Küste die Insel Zanzibar, unter dem 6.° südl. Breite. Folge sodann diesem Parallelkreise bis Kaseh, gehe an dem 33. Längengrade entlang bis zum Beginn des Ukerewe-Sees, der Stelle, bis zu welcher der Lieutenant Speke kam.«

»Ich bin glücklich am Ziel! Noch etwas weiter, und ich wäre in den See gefallen.«

»Nun, weißt Du wohl, was man nach den von den Ufervölkern gegebenen Belehrungen mit Recht voraussetzen darf?«

»Ich habe keine Ahnung.«

»Daß dieser See, dessen unteres Ende unter 2°- 30 Breite liegt, sich gleichfalls zwei und ein halb Grad über den Aequator erstrecken muß.«

»Wirklich? «

»Nun geht aber von diesem nördlichen Ende ein Wasser aus, das sich nothwendig mit dem Nil vereinigen muß, wenn es nicht der Nil selbst ist.«

»Das wäre merkwürdig.«

»Setze nun die andere Spitze Deines Zirkels auf dieses Ende des Ukerewe-Sees. Wie viel Grade zählst Du zwischen den beiden Spitzen?«

»Kaum zwei Grade.«

»Und weißt Du, wie viel Meilen das sind. Dick?«

»Das kann ich nicht sagen.«

»Kaum hundertundzwanzig Meilen, also so gut wie gar nichts.«

»So gut wie gar nichts, Samuel?«

»Weißt Du denn vielleicht, was in diesem Augenblick vorgeht?«

»Nein, auf mein Wort!«

»Nun, so höre. Die Geographische Gesellschaft hat die Erforschung dieses von Speke entdeckten Sees als sehr wichtig erkannt. Unter ihren Auspicken hat sich der Lieutenant, jetzt Kapitän Speke, mit dem Hauptmann im indischen Heere, Herrn Grant, vereinigt; sie haben sich an die Spitze einer zahlreichen, trefflich ausgerüsteten Expedition gestellt und sollen jetzt den Auftrag ausführen, über den See zu setzen und dann nach Gondokoro zurückkehren; man hat ihnen Subsidien im Betrage von über fünftausend Pfund gewährt, und der Gouverneur des Caplandes stellt ihnen hottentottische Soldaten zur Verfügung. Ende October 1860 sind sie von Zanzibar aufgebrochen. Unterdessen hat der Engländer John Petherick, Ihrer Majestät Consul in Chartum, von dem Foreign-Office etwa siebenhundert Pfund bekommen, um ein Dampfboot in Chartum auszurüsten, es mit genügenden Vorräthen zu versehen und sich nach Gondokoro zu begeben; dort wird er die Karawane des Kapitän Speke erwarten und im Stande sein, sie neu zu verproviantiren.«

»Fein ausgedacht«, sagte Kennedy.

»Du siehst also, daß es Eile hat, wenn wir uns an diesen Forschungsarbeiten betheiligen wollen. Und das, was ich Dir eben mitgetheilt habe, ist noch nicht Alles; wahrend man sichern Schrittes auf die Entdeckung der Nilquellen losgeht, dringen andere Reisende kühn in das Herz von Afrika vor.«

»Zu Fuß«, warf Kennedy ein.

»Ja wohl, zu Fuß«, antwortete der Doctor, ohne die Andeutung verstehen zu wollen. »Der Doctor Krapf beabsichtigt, im Westen auf dem Dschobflusse unter dem Aequator vorzugehen; und Baron von Decken hat Monbas verlassen, die Kenian- und Kilimandscharo-Berge recognoscirt und rückt gegen Central-Afrika vor.«

»Immer zu Fuß?«

»Immer zu Fuß oder auf Maulthieren.«

»Das ist in meinen Augen genau dasselbe«, meinte Kennedy.

»Endlich«, fuhr der Doctor fort, »hat Herr von Heuglin, österreichischer Vice-Consul in Chartum, eine sehr bedeutende Expedition organisirt, deren erster Zweck der ist, den Reisenden Vogel aufzusuchen, der im Jahre 1853 nach Sudan geschickt wurde, um an den Arbeiten des Doctor Barth Theil zu nehmen. Im Jahre 18S6 verließ er Bornu mit dem Entschluß, das unbekannte Land zwischen dem Tschad-See und Darfur zu erforschen; seit dieser Zeit ist er aber nicht wieder erschienen. Briefe, die im Juni 1860 nach Alexandrien gelangten, haben berichtet, daß er auf Befehl des Königs von Wadai ermordet worden sei; aber andere Nachrichten, von Doctor Hartmann an den Vater des Reisenden gesandt, theilen uns mit, daß Vogel nach den Erzählungen eines Fellatahs von Bornu nur in Wara gefangen gehalten werde; alle Hoffnung ihn wiederzufinden ist also noch nicht verloren. Unter dem Vorsitz des regierenden Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha hat sich ein Comité gebildet (mein Freund Petermann ist Secretär desselben); und eine nationale Subscription hat die Kosten dieser Expedition, der sich zahlreiche Gelehrte angeschlossen haben, bestritten. Herr von Heuglin hat sich im Monat Juni von Massauah aus auf den Weg gemacht, und während er den Spuren Vogels nachgeht, ist es zugleich seine Aufgabe, alles zwischen dem Nil und dem Tschad-See liegende Land zu erforschen, d. h. die Reisen des Kapitän Speke mit denen des Doctor Barth zu verknüpfen. Und wenn dies geschehen ist; wird Afrika von Osten bis nach Westen durchwandert sein!«

»Das ist ja prächtig«, versetzte der Schotte, »wenn sich das Alles so gut einfädelt, haben wir dort unten doch eigentlich nichts mehr zu suchen.«

Doctor Fergusson antwortete nicht; er zuckte nur verächtlich mit den Achseln.

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