Frei Lesen: Kein Durcheinander

Kostenlose Bücher und freie Werke

Kapitelübersicht

I. | II. | III. | IV. | V. | VI. | VII. | VIII. | IX. | X. | XI. | XII. | XIII. | XIV. | XV. | XVI. | XVII. | XVIII. | XIX. | XX. | XXI. |

Weitere Werke von Jules Verne

Der Archipel in Flammen | Das Dampfhaus - 2.Band | Meister Zacharius | Martin Paz | Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Erster Band |

Alle Werke von Jules Verne
Diese Seite bookmarken bei ...
del.icio.us Digg Furl Blinklist Technorati Yahoo My Web Google Bookmarks Spurl Mr.Wong Yigg


Dieses Werk (Kein Durcheinander) ausdrucken 'Kein Durcheinander' als PDF herunterladen

Jules Verne

Kein Durcheinander

XII.

eingestellt: 23.7.2007



Also nach jener zur Entsendung eines Geschosses von der Erde zum Monde angewendeten Kanone, eine solche zu dem Zwecke, die Achse der Erde zn verändern! Die Kanone! Immer die Kanone! Sie haben aber auch gar nichts Anderes im Kopfe, diese Artilleristen des Gun-Club! Sie sind eben von »intensivem Kanonismenwahn« befallen! Sie machen aus der Kanone die ultima ratio der Welt! Ist dieses Hilfsmittel der rohen Gewalt denn wirklich der Alleinherrscher über Alles? Ist, wie das kanonische Recht der Theologie die Regeln aufdringt, die Königin Kanone die oberste Ordnerin der industriellen und der kosmologischen Gesetze? (Im Original ein leider deutsch nicht wiederzugebendes hübsches Wortspiel zwischen canon = Kanone, ( droit) canon = Kanon(isches Recht) und ( roi) canon = (König) Kanone. (D. Uebers.)

Ja, man muß zugestehen, die Kanone allein war es, welche sich immer und überall in den Ideenkreis des Präsidenten Barbicane und seiner Collegen ein-* drängte. Ungestraft kann eben Keiner das ganze Leben der Ballistik widmen. Nach der Columbiade von Florida mußten diese Herren nothwendiger Weise auf die Monstre-Kanone von ... nun, von x kommen. Und hört man sie nicht schon mit Donnerstimme rufen:

»Nach dem Monde zielen!, .. Erstes Geschütz... Feuer!

– Die Erdachse verändern!... Zweites Geschütz ... Feuer!« ...

so in Erwartung des Commandos, welches die Welt so viel Lust hatte, ihnen zuzurufen:

»Nach ( x, dem Irrenhause von) Charenton!... Drittes Geschütz ... Feuer!« ...

In der That, ihr Unternehmen rechtfertigte sehr wohl den Titel dieses Werkes. Heißt derselbe nicht richtiger »Kein Durcheinander« ( Sans [ohne] Durcheinander) wie »Köpfe, in denen Alles durch einander geht ( Sens = Sinne, Köpfe. Wieder ein nicht zu verdeutschendes Wortspiel. D. Uebers.), weil es dabei kein Oben und kein Unten (also ein richtiges Durcheinander) und, nach dem Ausdrucke Alcide Pierdeuxs, einen allgemeinen Mischmasch geben sollte?

Doch gleichviel; die Veröffentlichung der von der Sachverständigen = Commission ausgearbeiteten Nota brachte eine Wirkung hervor, von der man sich kaum eine Vorstellung zu machen vermag, und man wird wohl zugestehen müssen, daß ihr Inhalt nicht besonders beruhigender Natur war. Aus den Berechnungen J. T. Mastons ging hervor, daß das mechanische Problem bezüglich aller nothwendigen Unterlagen gelöst war. Die von Präsident Barbicane und Kapitän Nicholl in die Hand genommene Durchführung desselben mußte, – das lag klar vor Augen – eine höchst beklagenswerthe Veränderung in der täglichen Umdrehung der Erde herbeiführen. Eine neue Achse an Stelle der alten ... und der Leser weiß ja, welchen Einfluß diese Verlegung haben würde.

Das Werk von Barbicane & Cie. wurde also allseitig verurtheilt, verdammt und dafür der allgemeinen Verwerfung anempfohlen. In der Alten wie in der Neuen Welt hatten die Mitglieder des Verwaltungsrathes der » North Polar Practical Assoiation« nichts mehr als Gegner. Wenn ihnen noch einige Anhänger unter den verbranntesten Gehirnen der Vereinigten Staaten blieben, so waren diese doch sehr wenig zahlreich.

Im Hinblick auf ihre persönliche Sicherheit hatten der Präsident Barbicane und der Kapitän Nicholl wirklich sehr wohlgethan, sich aus Baltimore und aus Amerika zu entfernen, denn man hat allen Grund zu der Annahme, daß ihnen sonst ein Unglück zugestoßen wäre. Ungestraft darf Niemand eine Anzahl von vierzehnhundert Millionen Menschen bedrohen, ihre Gewohnheiten über den Haufen werfen durch eine, die Verhältnisse der Bewohnbarkeit der Erde herbeiführende Veränderung, und Niemand darf durch eine allumfassende Katastrophe deren Existenz leichtsinnig aufs Spiel setzen.

Wie waren aber die beiden Collegen des Gun- Club verschwunden, ohne auch nur eine Spur zu hinterlassen? Wie hatten sie Material und Arbeitskräfte, die ja bei ihrem Vorhaben unentbehrlich waren, fortschaffen können, ohne daß Jemand etwas davon bemerkte? Hunderte von Waggons, wenn die Eisenbahn in Frage kam, und Hunderte von Schiffen, wenn Jene den Wasserweg vorzogen, hätten doch nicht hingereicht, die nöthigen Massen von Metall, Kohle und Meli-Melonit zu transportiren. Es blieb vollkommen unbegreiflich, wie sich diese Abreise hatte so incognito vollziehen können. Dennoch war das der Fall. Nach sorgfältigster Erkundigung wußte man übrigens, daß weder an metallurgische Werke noch an chemische Fabriken der Alten wie der Neuen Welt irgendwelche Bestellungen ertheilt worden waren. Das erschien unerklärlich – zugegeben! Jedenfalls wird es später noch an den Tag kommen.

Befanden sich nun der Präsident Barbicane und der Kapitän Nicholl in Folge ihres räthselhaften Verschmindens vorläufig so gut wie außer Gefahr, so hatte doch ihr College, der richtig hinter Schloß und Riegel sitzende J. T. Maston, die Wuthausbrüche des Volkes zu fürchten. Bah, das kümmerte ihn blutwenig! Ein bewunderungswürdiger Trotzkopf, dieser Rechenmeister! Er war aus Eisen wie sein Vorderarm; er wich vor nichts zurück!

Im Grunde der Zelle, die er im Gefängnisse von Baltimore einnahm, versenkte sich der Schriftführer des Gun-Club mehr und mehr in Betrachtungen über seine weit entfernten Collegen, denen er nicht hatte folgen können. Er zauberte sich das Bild des Präsidenten Barbicane und des Kapitän Nicholl vor Augen, wie diese ihr riesenhaftes Werk an dem unbekannten Punkte des Erdballs, wo Niemand sie daran stören würde, mit Genugthuung vorbereiteten. Er sah sie bei der Herstellung des gewaltigen Feuerschlundes, bei der Bereitung des Meli-Melonits, beim Gießen jenes Projectils, welches die Sonne bald unter die Zahl ihrer kleinen Planeten aufnehmen sollte. Dem neuen Gestirne war der Name Scorbetta bestimmt, ein Beweis von Galanterie und Achtung gegen die reiche Capitalistin im New-Park. Und J. T. Maston zählte die, seiner Meinung nach zu kurzen Tage, welche ihn dem für den Schuß festgesetzten Datum näher brachten.

Es war jetzt bereits Anfang April. Noch zweiundeinhalb Monat und das Tagesgestirn mußte nach Erreichung des Wendekreises des Krebses sich wieder dem des Steinbocks zuwenden; drei Monate später mußte es dann die Linie des Aequators mit der Herbst- Tag- und Nachtgleiche überschreiten – und dann würde es zu Ende sein mit jenen Jahreszeiten, welche seit Äeonen von Jahren so regelmäßig und so »dumm« hinieden stets abwechselten. Zum letzten Male im Jahre 189. sollte unser Sphäroïd die Ungleichheit der Tage und Nächte aufweisen, und dann sollte immer dieselbe Anzahl von Stunden – wo immer auf der Erde – zwischen Auf- und Untergang der Sonne liegen.

Wahrhaftig, das war eine herrliche, übermenschliche, eine göttliche Aufgabe! J. T. Maston vergaß vollständig die arktischen Gebiete, sowie die Ausbeutung der Kohlenlager derselben, und sah nichts als die kosmographischen Folgen des geplanten Werkes. Das Hauptziel der neuen Gesellschaft verschwamm völlig unter den Umgestaltungen, welche das Aussehen der Welt treffen sollten.

Indessen die Welt mochte ihr Aussehen nicht verändert wissen. War es nicht noch immer ein jugendliches, wie es ein Gott ihr in den ersten Schöpfungstagen verliehen?

J. T. Maston, der allein und ohne Vertheidigungsmittel in seiner Zelle hinbrütete, widerstand doch nach wie vor jedem Drucke, den man auf ihn auszuüben versuchte. Tagtäglich stellten sich Mitglieder der Sachverständigen- Commission bei ihm ein, ohne etwas zu erzielen. Da kam John Prestice auf den Gedanken, einen Einfluß zu erproben, der vielleicht einen besseren Erfolg versprach, als der ihrige – den der Mrs. Evangelina Scorbitt. Jederman wußte ja, welcher Hingebung die ehrenwerthe Witwe fähig war, wenn es sich um die Verantwortlichkeit J.T. Mastons handelte, und welches unbegrenzte Interesse sie dem berühmten Rechner entgegenbrachte.

Nach einer Berathung der Commissäre wurde denn auch der Mrs. Evangelina Scorbitt die Berechtigung ertheilt, den Gefangenen zu besuchen, so viel sie wollte. War sie, sie selbst, nicht ebenso wie die übrigen Bewohner des Erdballs durch den fürchterlichen Rückprall der Monstre-Kanone aufs höchste bedroht? Oder sollte ihr prächtiges Haus im New-Park bei der schließlichen Katastrophe mehr verschont bleiben als die Hütte des einfachsten Waldläufers oder der Wigwam des Indianers? Stand nicht ihr irdisches Leben gleichmäßig auf dem Spiele wie das des letzten Samojeden oder des geringsten Bewohners der pacifischen Inselwelt? Das suchte ihr der Vorsitzende der Sachverständigen- Commission klar zu Gemüthe zu führen, und deshalb bat er sie, ihren Einfluß auf das Verhalten J.T. Mastons geltend zu machen.

Entschloß sich dieser endlich zu einer Auskunft, wollte er gestehen, an welchem Orte der Präsident Barbicane und der Kapitän Nicholl – gewiß auch die zahlreichen Arbeiter, welche sie hatten anwerben müssen – mit ihren Vorbereitungen sich beschäftigten, so war es noch Zeit, dieselben auszukundschaften, ihre Spuren aufzufinden und der Furcht, der Angst, dem Entsetzen der Menschheit ein Ende zu machen.

Mrs. Evangelina Scorbitt erhielt also Zutritt in das Gefängniß. Vor Allem sehnte sie sich freilich nur, J.T. Maston, den rauhe Polizistenhände seinem Stillleben in der Cottage entrissen hatten, einmal wiederzusehen.

Man würde sie aber schlecht kennen, die zielbewußte, willensstarke Evangelina, wenn man sie etwa für die Sklavin kleiner menschlicher Schwächen ansähe, und wenn am 9. April ein indiscretes Ohr an der Thür der Gefängnißzelle gelauscht hätte, als Mrs. Scorbitt deren Schwelle zum ersten Male überschritt, so würde dieses Ohr, nicht ohne einiges Erstaunen, Folgendes vernommen haben:

»Endlich, lieber Maston, sehe ich Sie wieder!

– Sie, Mistreß Scorbitt?

– Ja, lieber Freund! Nach vier Wochen, vier langen Wochen der Trennung ...

– Genau achtundzwanzig Tage fünf Stunden und fünfundvierzig Minuten, unterbrach sie J.T. Maston, nachdem er seine Uhr zurathegezogen.

– Endlich sind wir beisammen! ...

– Doch wie hat man Sie bis zu mir vordringen lassen, Mistreß Scorbitt?

– Unter der Bedingung eine Einwirkung zu versuchen, die aus der grenzenlosen Hinneigung für Den, der das Ziel derselben ist, ihre Berechtigung nimmt.

– Wie! ... Evangelina! rief J.T. Maston, Sie hätten zugestimmt, mir einen solchen Rath zu ertheilen, ... Sie haben den Gedanken gehabt, ich könne meine Collegen verrathen?

– Ich? ... Aber, liebster Maston, beurtheilen Sie mich wirklich so falsch? ... Ich? ... Sie bitten, Ihre Ehre für Ihre Sicherheit zu opfern! ... Ich? ... Sie zu einem Schritte verleiten, der als Schandfleck auf einem ganz und gar den höchsten Speculationen der transscendentalen Mechanik geweihten Leben lasten würde! ...

– Ah, das laß ich mir gefallen, Mrs. Scorbitt! Jetzt erkenne ich in Ihnen wieder die hochsinnige Actionärin unserer Gesellschaft!... Nein, ich habe auch noch nie an Ihrem edlen Herzen gezweifelt!

– Ich danke Ihnen, lieber Maston!

– Und was mich angeht, ich sollte unser Werk preisgeben, kundthun, an welchem Punkte der Erde unser so segenspendender Schuß abgebrannt werden wird; ich sollte so zu sagen das Geheimniß verkaufen, das ich so glücklich war, noch in die Tiefe meiner selbst retten zu können, sollte jenen Barbaren Gelegenheit bieten, sich zur Verfolgung meiner Freunde aufzumachen, um ihre Arbeiten, die unser Vortheil, unser unauslöschlicher Ruhm sein werden, zu unterbrechen ... nimmermehr!... Eher sterben!

– Erhabener Maston!« hauchte Mrs. Evangelina Scorbitt voll Andacht.

In der That waren diese beiden, durch gleiche Begeisterung mit einander verbundenen – und übrigens gleich wahnwitzigen – Wesen dazu geschaffen, sich zu verstehen.

»Nein, niemals werden sie den Namen des Landes erfahren, welches meine Berechnungen für unseren Zweck bezeichnet haben und dessen Berühmtheit nie verblassen wird! fuhr J. T. Maston fort. Sie mögen mich tödten, wenn ihnen das beliebt, – mein Geheimniß entreißen sie mir aber nicht!

– Und dann sollen sie mich mit Ihnen tödten! rief Mrs. Evangelina Scorbitt. Auch ich, ich werde schweigen. ...

– Zum Glück, liebe Evangelina, wissen Jene nicht, daß Sie es kennen, dieses hochwichtige Geheimniß!

– Glauben Sie etwa, liebster Maston, daß ich fähig wäre es preiszugeben, vielleicht weil ich ein Weib bin? ... Unsere Kollegen und Sie schmählich verrathen! ... Nein, mein Freund, nein! Mögen jene Philisterseelen die Bewohner aller Länder und Städte gegen Sie aufhetzen; mag die ganze Welt durch die Thür dieser Zelle hereinstürmen, es Ihnen zu entwinden, wohlan, ich werde jedenfalls da sein, und uns wird der Trost bleiben, zusammen zu sterben!«

Wenn so etwas überhaupt je ein Trost sein kann, hätte J. T. Maston ja gar keinen schöneren sich erträumen können als den, in den Armen der Mrs. Evangelina Scorbitt aus dieser Welt zu scheiden.

In ganz ähnlicher Weise endete allemal die Unterhaltung, wenn die vortreffliche Frau dem Gefangenen einen Besuch abgestattet hatte.

Und wenn die Sachverständigen der Commission sie über das Ergebniß ihres wiederholten Zusammentreffens fragten, antwortete sie:

»Noch nichts! Vielleicht gelingt es mir noch mit der Zeit ...«

O, Frauenlist!

Mit der Zeit! sagte sie. Doch diese Zeit rückte schnellen Schrittes heran. Die Wochen flossen gleich Tagen, die Tage gleich Stunden, die Stunden gleich Minuten dahin.

Jetzt war bereits der Mai herangekommen. Mrs. Evangelina Scorbitt hatte von J. T. Maston keine Auskunft erlangt, und wo die so einflußreiche Frau nichts erreichte, da konnte kein Anderer die Hoffnung hegen, bessere Erfolge zu erzielen. Es gewann also den Anschein, als müsse man resignirt den entsetzlichen Schlag erwarten, zu dessen Verhinderung sich keine Möglichkeit bieten wollte.

Doch nein – unter solchen Verhältnissen kann von Resignation keine Rede sein! Die Abgesandten der europäischen Mächte wurden immer dringlicher. Zwischen ihnen und den Mitgliedern der Sachverständigen-Commission, welche schonungslos verantwortlich gemacht wurden, kam es zu Streitereien aller Art. Selbst der so phlegmatische Jakob Jansen überhäufte, trotz seiner echt holländischen Friedfertigkeit, die Commissäre mit täglich wiederholten Anklagen. Der Oberst Loris Karkof hatte sogar mit dem Schriftführer genannter Commission ein Duell gehabt. Wenn sich Major Donellan weder mit Pistole noch mit der blanken Waffe schlug – was den britischen Gepflogenheiten widerstreitet – so wechselte er doch, secundirt von seinem Secretär Dean Toodrink, ein volles Dutzend regelrechter Boxerstöße mit William S. Forster, dem phlegmatischen Stockfischagenten und Strohmann der »North Polar Practical Association«, der übrigens gar nichts von der ganzen Geschichte wußte.

Mit einem Worte, die ganze Welt verschwor sich, die Amerikaner der Vereinigten Staaten verantwortlich zu machen für die Thaten eines ihrer berühmtesten Söhne, jenes Impey Barbicane. Man sprach von nichts Geringerem als von Abberufung der Gesandten und bevollmächtigten Minister, welche bei der unklugen Regierung zu Washington beglaubigt waren, und davon, letzterer den Krieg zu erklären.

Arme Vereinigte Staaten! Sie wünschten ja gar nichts herzlicher, als ihre Hand auf Barbicane & Cie. legen zu können. Vergebens ertheilten sie die Antwort, es solle den Mächten Europas, Asiens, Afrikas und Oceaniens bedingungslos freistehen, Jenen zu verhaften, wo sie ihn immer fänden – man schenkte ihnen gar kein Gehör, und bisher blieb es nach wie vor unmöglich, den Ort zu entdecken, wo der Präsident und sein College sich mit der Vorbereitung ihres abscheulichen Werkes beschäftigten.

Die Antwort der europäischen Mächte lautete darauf ganz einfach:

»Ihr habt ja J. T. Maston, deren Spießgesellen. J. T. Maston weiß ganz bestimmt, woran er mit Barbicane ist! Zwingt diesen J. T. Maston zum Reden!«

J. T. Maston zum Reden zwingen! Da hätte man ebensogut ein Wort aus dem Munde Harpokrates, des Gottes des Schweigens, oder aus dem schlimmsten Taubstummen des Institutes von New-York hervorlocken können.

Bei der mit der allgemeinen Beunruhigung wachsenden Erregung der Gemüther erinnerten verschiedene praktische Köpfe daran, daß die mittelalterliche Tortur doch ihr Gutes gehabt habe, der polnische Bock des Kerkermeisters, die Daumenschrauben, das geschmolzene Blei mit seiner vortrefflichen Eigenschaft, widerspänstige Zungen zu lösen, das siedende Oel, die Stachelhalskrause, die Wasserprobe, der Wippgalgen u. dgl. m. Warum sollte man sich nicht dieser Mittel bedienen, welche die einstmalige Rechtspflege bei weit geringfügigeren Veranlassungen und bei Fällen, welche die große Menge oft blutwenig interessirten, in Anwendung brachte?

Hiergegen erhebt sich jedoch der Einwand, daß diese, durch die Sitten vergangener Zeiten sozusagen gerechtfertigten Mittel nicht verwendet werden konnten gegen Ende eines Jahrhunderts der Milde und der Duldung – eines Jahrhunderts, das so von Menschlichkeit überfließt, wie das neunzehnte, welches so herrlich gekennzeichnet ist durch die Erfindung des Repetiergewehres, des Siebenmillimetergeschosses und der unendlich rasanten Flugbahnen; – eines Jahrhunderts, welches in den internationalen Beziehungen die Anwendung von Sprengkugeln mit Melinit, Roburit, Ballit, Panklastit, Meganit und anderen Stoffen auf »it« zuläßt, welche freilich neben dem Meli-Melonit völlig verschwinden.

J.T. Maston brauchte also nicht zu fürchten, der gewöhnlichen oder der außergewöhnlichen Folter unterworfen zu werden. Was man erhoffen konnte, lief darauf hinaus, daß er sich doch, in Erkennung der auf ihm lastenden Verantwortlichkeit, dazu verstehen würde zu reden, oder daß der Zufall noch für ihn reden werde.

< XI.
XIII. >



Die Inhalte dieser Seite sind Eigentum der Öffentlichkeit.
Sollten trotzdem Urheberrechte entgegen unserem Wissen verletzt worden sein, bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen.