Frei Lesen: Reise um die Erde in 80 Tagen

Kostenlose Bücher und freie Werke

Kapitelübersicht

Erstes Capitel. | Zweites Capitel. | Drittes Capitel. | Viertes Capitel. | Fünftes Capitel. | Sechstes Capitel. | Siebentes Kapitel. | Achtes Capitel. | Neuntes Capitel. | Zehntes Capitel. | Elftes Capitel. | Zwölftes Capitel. | Dreizehntes Capitel. | Vierzehntes Capitel. | Fünfzehntes Capitel. | Sechzehntes Capitel. | Siebenzehntes Capitel. | Achtzehntes Capitel. | Neunzehntes Capitel. | Zwanzigstes Capitel. | Einundzwanzigstes Capitel. | Zweiundzwanzigstes Capitel. | Dreiundzwanzigstes Kapitel. | Vierundzwanzigstes Capitel. | Fünfundzwanzigstes Capitel. | Sechsundzwanzigstes Capitel. | Siebenundzwanzigstes Capitel. | Achtundzwanzigstes Capitel. | Neunundzwanzigstes Capitel. | Dreißigstes Capitel. | Einunddreißigstes Capitel. | Zweiunddreißigstes Capitel. | Dreiunddreißigstes Capitel. | Vierunddreißigstes Capitel. | Fünfunddreißigstes Capitel. | Sechsunddreißigstes Capitel. | Siebenunddreißigstes Capitel. |

Weitere Werke von Jules Verne

Kein Durcheinander | Meister Zacharius | Martin Paz | Abenteuer des Kapitän Hatteras | Der Chancellor |

Alle Werke von Jules Verne
Diese Seite bookmarken bei ...
del.icio.us Digg Furl Blinklist Technorati Yahoo My Web Google Bookmarks Spurl Mr.Wong Yigg


Dieses Werk (Reise um die Erde in 80 Tagen) ausdrucken 'Reise um die Erde in 80 Tagen' als PDF herunterladen

Jules Verne

Reise um die Erde in 80 Tagen

Vierunddreißigstes Capitel.

eingestellt: 5.7.2007



Phileas Fogg war im Gefängniß. Man hatte ihn auf dem Posten des Zollhauses zu Liverpool eingeschlossen, wo er die Nacht über bis zu seiner Transportirung nach London bleiben sollte.

Im Moment der Verhaftung hatte Passepartout über den Detectiv herfallen wollen, wurde jedoch durch Polizeileute zurückgehalten. Mrs. Aouda, voll Bestürzung über die brutale That, konnte Alles nicht begreifen. Passepartout erklärte ihr die Lage. Herr Fogg, der ehrenwerthe, muthige Gentleman, welchem sie ihr Leben verdankte, war als Dieb verhaftet. Die junge Frau protestirte gegen solch ein Vorgeben, ihr Herz war entrüstet, Thränen rannen aus ihren Augen, als sie sah, daß sie nichts vermochte, um ihren Retter zu retten.

Fix hatte den Gentleman verhaftet, weil seine Amtspflicht ihm auferlegte, ihn, schuldig oder nicht, zu verhaften. Das Gericht sollte darüber entscheiden.

Da peinigte Passepartout der schreckliche Gedanke, daß sicherlich er an allem Unglück schuld sei! Warum hatte er Herrn Fogg die Wahrheit vorenthalten? Als Fix ihm seine Eigenschaft als Polizei-Agent und seinen Auftrag enthüllte, warum hatte er seinen Herrn nicht davon in Kenntniß gesetzt? Dieser hätte dann ohne Zweifel dem Fix Beweise seiner Unschuld vorgelegt, ihm seinen Irrthum nachgewiesen; jedenfalls hätte er nicht diesen verdammten Agenten auf eigene Kosten im eigenen Fahrzeug mitgenommen, dessen erste Sorge gewesen war, ihn im Augenblick, wo er den Fuß auf englischen Boden setzte, zu verhaften. Beim Gedanken an diese Fehler und Unvorsichtigkeiten empfand der arme Junge die peinlichsten Gewissensvorwürfe. Er weinte, wollte sich den Kopf zerschmettern!

Mrs. Aouda und er waren trotz der Kälte unter dem Säulengang des Zollhauses stehen geblieben. Sie wollten nicht von der Stelle weichen, wollten Herrn Fogg noch einmal sehen.

Dieser Gentleman war vollständig ruinirt, und zwar in dem Moment, wo er im Begriff war, sein Ziel zu erreichen. Durch diese Verhaftung war er unrettbar verloren. Da er am 21. December zwanzig Minuten vor zwölf Uhr zu Liverpool ankam, so hatte er noch Zeit genug, sich bis acht Uhr fünfundvierzig Minuten in dem Reform-Club einzufinden, – also neun Stunden und fünfzehn Minuten, und er brauchte nur sechs zur Fahrt nach London.

Wer in diesem Augenblick in den Posten der Douane hätte dringen können, hätte Herrn Fogg unbeweglich auf einer Bank sitzen gesehen, ohne Zorn, in unverwüstlicher Ruhe. Ergeben in sein Schicksal konnte man ihn nicht nennen, aber dieser letzte Schlag konnte ihn doch nicht in Aufregung versetzen, so schien es wenigstens. Hatte sich in ihm eine stille Wuth gebildet, die furchtbar ist, weil verhalten, und die erst im letzten Moment mit unwiderstehlicher Gewalt losbricht? Man weiß es nicht. Aber Phileas Fogg war da, ruhig wartend ... auf was? Hegte er noch Hoffnung? Glaubte er noch an ein Gelingen, als sich die Kerkerthür vor ihm schloß?

Wie dem auch sein mag, Herr Fogg hatte sorgfältig seine Uhr auf einen Tisch gelegt, und sah der Bewegung ihrer Zeiger zu. Kein Wort entschlüpfte seinen Lippen, aber sein Blick war ganz besonders starr.

Jedenfalls war seine Lage fürchterlich. Wer nicht in seinem Gewissen lesen konnte, faßte sie so auf:

Ist Phileas Fogg ein ehrlicher Mann, so ist er ruinirt.

Ist er nicht ehrlich, so ist er gefangen.

Faßte er damals den Gedanken, sich zu retten? Dachte er daran zu suchen, ob ein passender Ausgang vorhanden? Sann er auf Flucht? Man konnte das wohl glauben, denn er untersuchte einmal ringsum sein Zimmer. Aber die Thüre war fest verschlossen und das Fenster mit einem eisernen Gitter verwahrt. Er setzte sich also wieder hin und zog sein Reisebüchlein aus der Tasche. Auf der Zeile, wo die Worte standen:

»21. December, Samstag, Liverpool«

fügte er bei:

»80. Tag, 11 Uhr 40 Vormittags«

und er wartete ab.

Es schlug Eins auf der Uhr des Zollhauses. Herr Fogg merkte sich, daß seine Uhr um zwei Minuten vor dieser voraus ging. Zwei Uhr! Angenommen, er steige eben in einen Eilzug, so konnte er noch vor acht Uhr fünfundvierzig Minuten Abends in dem Reform-Club zu London erscheinen. Seine Stirn zeigte leichte Falten ...

Um zwei Uhr dreiunddreißig Minuten hörte man außen ein Geräusch, einen Lärm geöffneter Thüren. Man vernahm die Stimme Passepartouts, die Stimme Fixs.

Einen Augenblick glänzten Phileas Foggs Augen.

Die Thüre öffnete sich, und Mrs. Aouda, Passepartout, Fix stürzten auf ihn zu.

Fix war außer Athem, seine Haare verwirrt ... er konnte nicht reden!

»Mein Herr, stammelte er, mein Herr ... Verzeihung ... eine beklagenswerthe Aehnlichkeit ... Dieb verhaftet seit drei Tagen ... Sie ... frei! ...«

Phileas Fogg war frei! Er ging auf den Detectiv zu, blickte ihm scharf ins Angesicht und machte dann die einzige rasche Bewegung, die er je gemacht, und je in seinem Leben machen sollte; er bog beide Arme rückwärts und schlug so genau wie ein Automat mit beiden Fäusten auf den unglückseligen Polizei-Agenten.

»Wohl getroffen!« rief Passepartout. »Wahrhaftig, das heißt englische Fäuste gut applicirt.«

Fix stürzte zu Boden, sprach kein Wort; es war ihm geschehen, was er verdiente. Aber Herr Fogg, Mrs. Aouda und Passepartout eilten aus dem Zollhaus, stürzten in einen Wagen und befanden sich in einigen Minuten auf dem Bahnhof.

Phileas Fogg fragte, ob ein Eilzug nach London abgehe ...

Es war zwei Uhr vierzig ... Vor fünfunddreißig Minuten war ein Expreßzug abgefahren.

Darauf bestellte Phileas Fogg einen Extrazug.

Es befanden sich einige Locomotiven da, welche für einen Schnellzug geheizt waren; aber aus Rücksicht auf Erfordernisse des Dienstes konnte der Extrazug vor drei Uhr nicht ablaufen.

Um drei Uhr also fuhr Phileas Fogg, nachdem er dem Maschinisten einige Worte von einer Prämie gesagt, in Begleitung der jungen Frau und seines treuen Dieners nach London ab.

In fünf und einer halben Stunde mußte der Weg von Liverpool nach London zurückgelegt werden, was sehr leicht, wenn der Weg auf der ganzen Bahn frei ist. Aber es waren doch unvermeidliche Verzögerungen, und als der Gentleman auf dem Bahnhof ankam, schlug es acht Uhr fünfzig Minuten auf allen Uhren Londons.

Phileas Fogg hatte die Reise um die Erde zu Stande gebracht, kam aber – um fünf Minuten zu spät!

Die Wette war verloren.


 

< Dreiunddreißigstes Capitel.
Fünfunddreißigstes Capitel. >



Die Inhalte dieser Seite sind Eigentum der Öffentlichkeit.
Sollten trotzdem Urheberrechte entgegen unserem Wissen verletzt worden sein, bitten wir Sie mit uns Kontakt aufzunehmen.