Frei Lesen: Poggenpuhls

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Theodor Fontane

Poggenpuhls

Neuntes Kapitel

eingestellt: 8.7.2007



Manon war früh auf, um dem Bruder noch bei der Abreise behilflich zu sein, die beiden andern Schwestern aber beschränkten sich darauf, als Leo den Korridor passierte, ihm ihre Arme durch den Türspalt entgegenzustrecken.

»Ich kenne euch doch«, sagte Leo, »der dicke Arm, das ist Sophie.« Die von ihm gestellte Diagnose war denn auch richtig, aber für Therese verletzlich, und so empfing der Abschiedsmoment einen kleinen Beigeschmack von Verstimmung. Friederike, die natürlich mit aufgestanden war, trug den Koffer bis an den nächsten Droschkenstand, und als Leo hier gewählt und Platz genommen und dem Kutscher »Friedrichstraßenbahnhof« zugerufen hatte, drückte er Friederike etwas in die Hand, das diese - trotzdem ihr bei den Poggenpuhls eigentlich wenig Gelegenheit gegeben war, ein feines Abschätzungsvermögen für im Halbdunkel gereichte Trinkgelder auszubilden - sofort als einen richtigen preußischen Taler erkannte. Der Schreck darüber war beinahe noch größer als die Freude.

»Gott, junger Herr...«

»Ja, Friederike, die Tage sind verschieden, und wenn es nach mir ginge...«

»Nein, nein...«

»... Und wenn es nach mir ginge, so nähm ich gleich den ausgehöhlten Edamer, der doch wohl noch da ist, und schüttete ihn dir voll lauter Goldstücke. Na, nun mit Gott, vorwärts.« Und dabei gab er ihr noch die Hand, und die Droschke setzte sich in eine wilde, aber schnell nachlassende Bewegung.




Auf dem Heimwege von der Potsdamerstraßenecke bis wieder nach Hause kamen Friederike allerlei Betrachtungen. »Es kann einen doch eigentlich rühren«, sagte sie. »Und wenn ich dann so an das reiche Volk denke, wo ich früher war, und gar kein Mensch nich. Und daneben nun diese Poggenpuhls! Eigentlich haben sie ja gar nichts, un mitunter genier ich mich, wenn ich sagen muß: >ja, gnäd'ge Frau, der Scheuerlappen geht nu nich mehr.< Aber sie haben doch alle so was, auch die Therese; sie tut wohl ein bißchen groß, aber eigentlich is es doch auch nich schlimm. Un nu das Leochen! Ein Tunichtgut ist er und ein Flausenmacher, da hat die arme alte Frau ganz recht, un hat auch seinen Nagel, wie sie alle haben, bloß die Frau nich... na, die hat sich zu sehr quälen müssen, un da vergeht es einem... Aber man ist doch immer ein Mensch, un darin sind sie sich alle gleich. Ich bin froh, daß ich solche Stelle habe; satt wird man ja doch am Ende, un wenn es mitunter knapp is, denn kosten sie bloß un lassen einen alles; aber ich mag denn auch nich; wenn man das so sieht, da steckt es einen auch in 'n Hals un will nich runter. Ja, ja, das liebe Geld... Un 'n Taler. Wo er ihn bloß herhat? Na, der Onkel wird wohl ordentlich in die Tasche gegriffen haben.«




Als Friederike wieder oben war, fand sie die beiden älteren Mädchen schon am Kaffeetisch, und Manon kniete vor dem Ofen, um einzuheizen. Als es zuletzt brannte, kam auch die Mutter und nahm wie gewöhnlich ihren Platz auf dem Sofa.

»Na, ist er gut fortgekommen?«

»Ja, Mama«, sagte Manon, »und ich soll dir auch noch einen Kuß von ihm geben, und du wärst doch die Beste, wenn du auch keine richtige Poggenpuhl wärst...«

»Nein, das bin ich nicht. Gott, Kinder, wenn ich auch eine wäre, da wäre die Elle schon lange viel länger als der Kram.«

»Ach laß doch; es geht auch so. Nur immer Mut. Ich hatte mir schon vorgenommen, mit Flora zu sprechen, und da mit einmal kam der Onkel...«

»Ja, der hat mal wieder geholfen. Aber man muß nicht denken, daß es immer so geht...«

»Nicht immer, Mama; aber doch beinah.«

»Ja, du bist auch solch Leichtfuß, ganz wie der Bruder. Und mit dem jungen Klessentin wird es wohl auch so gewesen sein. Da seht ihr, was dabei herauskommt. Und nun heißt er Herr Manfred. Und wenn nicht ein Wunder geschieht, und ihr habt ja auch schon so was gesagt, so lesen wir auch noch mal auf dem Theaterzettel: Herr Leo. Wie fandet ihr denn den jungen Klessentin? Und wie kam denn der Onkel mit ihm aus oder er mit dem Onkel? Es muß doch eine rechte Verlegenheit gewesen sein.«

»Nein, Mama«, sagte Sophie. »Und warum auch? Man muß es nur immer richtig ansehen. Ich bin doch auch von Adel und eine Poggenpuhl, und ich male Teller und Tassen und gebe Klavier- und Singunterricht. Er spielt Theater. Es ist doch eigentlich dasselbe.«

»Nicht so ganz, Sophie. Das Öffentliche. Da liegt es.«

»Ja, was heißt öffentlich? Wenn sie bei Bartensteins tanzen und ich spiele meine drei Tänze, weil es unfreundlich wäre, wenn ich >nein< sagen wollte, dann ist es auch öffentlich. Sowie wir aus unsrer Stube heraus sind, sind wir in der Öffentlichkeit und spielen unsre Rolle.«

»Gut, gut, Sophie. Du sollst recht haben; ich will es glauben. Aber der junge Klessentin. Was spielt er denn eigentlich? Ich habe doch noch nie von ihm gelesen.«

»Er hat immer nur ganz kleine Rollen und nannte auch ein paar. Aber, was einen trösten kann, er setzte gleich hinzu, das mache keinen rechten Unterschied, und die kleinen Rollen, auf die käm es mitunter auch an, geradesogut wie auf die großen. Und alles, was er sagte, klang so nett und so zufrieden und so voll guter Laune, daß Onkel Eberhard ganz eingenommen von ihm war und ihn beglückwünschte.«

»Ja, das glaub ich. Der gute Onkel ist eine Seele von Mann und kann das Wichtigtun und das Auf-Stelzen-Gehen nicht leiden, und wenn einer sagt: >Ich bin fürs Kleine<, der hat gleich sein Herz gewonnen. Er mag's nicht, wenn die Menschen sich aufblasen und so tun, als ob sie ohne Atlastapeten nicht leben könnten. Er ist für seine Person beinahe bedürfnislos und mit allem zufrieden, und deshalb will ich ihn auch bitten, heute mittag mit uns fürliebzunehmen. Denn ich denke doch, daß er noch mit herankommt. Was können wir ihm denn wohl vorsetzen? Du hast ja die Woche, Sophie; was meinst du?«

»Nun, ich meine: Weißbiersuppe mit Sago, die hat ihm das vorige Mal so gut geschmeckt. Und dann haben wir noch eine kleine Schüssel Teltower Rüben und können von der Spickgans aufschneiden.«

»Das wird nicht gehen«, sagte Therese. »Die Spickgans ist aus Adamsdorf, von der Tante.«

»Tut nichts. Spickgänse kann man nicht unterscheiden. Und wenn er es merkt, ist es eigentlich eine kleine Aufmerksamkeit. Und als dritten Gang denk ich mir dann Sahnebaisers von Konditor Eschke drüben. Und dann Butterbrot und Käse.«

Die Mutter, die das Ganze nur als eine symbolische Handlung ansah und sehr wohl wußte, daß der Onkel vorher gefrühstückt haben würde, war mit diesem Menü zufrieden und verlangte nur noch, daß die Töchter, die noch nachträgliche Neujahrsvisiten in der Stadt zu machen hatten, um spätestens zwei Uhr wieder zu Hause wären, weil es sonst zu spät würde. Bis dahin wollte sie den Onkel schon festhalten.

Und nachdem auf diese Weise alles geordnet war, räumte man den Kaffeetisch ab und begab sich in das Hinterzimmer, um da für die noch ausstehenden Besuche die nötige Toilette zu machen.




Alle drei Schwestern verließen gleichzeitig die Wohnung, um vom Botanischen Garten aus die Pferdebahn zu benutzen, deren »Zonentarif« sie sehr genau kannten. Die alte Majorin, als alles ausgeflogen, ging nun auch ihrerseits an ihre »Restituierung« und war kaum damit fertig, als sie draußen auf dem Vorflur ein ziemlich lautes und gemütliches Sprechen hörte, das keinen Zweifel darüber ließ, daß der Schwagergeneral gekommen sein müsse.




»Guten Morgen, Albertine. Verzeih, daß ich etwas früh komme, aber, wie ich sehe, doch nicht zu früh. Alles schon blink und blank, alles schon in full dress, wenn man dies von einer Dame sagen kann; >full dress< ist nämlich eigentlich wohl männlich und heißt, glaub ich, soviel wie Frack oder Schniepel. Früher sagte man Schniepel.«

»Ach, Eberhard, du meinst es gut und hast immer ein freundliches Wort und siehst es auch gleich, daß ich mir meine Staatshaube mit einem neuen Band aufgesetzt habe. Aber mit mir ist Spiel und Tanz vorbei.«

»Nicht vorbei, Albertine. Immer noch eine propre Frau. Und du bist ja noch keine sechzig. Aber wenn auch. Was sind Jahre? Jahre sind gar nichts. Sieh mich an. Eben kam ein Bataillon von eurem Eisenbahnregiment an mir vorbei - ich sage >von eurem<, denn ihr habt es ja hier in eurer Straße -, und ich kann dir sagen, wie ich bloß den ersten Paukenschlag hörte, da ging es mir wieder durch alle Glieder, und ich fühlte ordentlich, wie das alte Gebein wieder jung und elastisch wurde. Man hat immer das Spiel in der Hand und ist geradeso jung, wie man sein will. Aber du spinnst dich zu sehr ein, da wird man Antiquitäte, Ägyptisches Museum, man weiß nicht wie. Sieh zum Beispiel gestern. Warum warst du nicht mit dabei?«

»Lieber Eberhard, Theater - es ist nichts mehr für mich.«

»Falsch, falsch. So denkt jeder. Aber ist man erst drin im Feuer, dann hat man auch das alte Vergnügen wieder. Ich sage dir, Albertine, wenn du diesen Quitzow, diesen Dietrich von Quitzow, gesehen hättest, Studie nach Bismarck, aber Bismarck Waisenknabe daneben. Augenbrauen wie 'ne Schuhbürste. Müssen das Leute gewesen sein. Und sein Bruder soll noch toller ausgesehen haben, weil er bloß ein Auge hatte. Polyphem. Hieß er nicht Polyphem?«

»Ich glaube, Eberhard. Wenigstens gibt es so einen.«

»Und dann nach dem Theater. In der Kneipe. Nun, die Kinder werden dir davon erzählt haben und von diesem Herrn Manfred, diesem Klessentin. Ein reizender junger Kerl, schneidig, frisch, humoristisch angeflogen. Ach, Albertine, mitunter ist mir doch so, als ob alles Vorurteil wäre. Na, wir brauchen es nicht abzuschaffen; aber wenn andre sich dranmachen, offen gestanden, ich kann nicht viel dagegen sagen. Es hat alles so seine zwei Seiten. Adel ist gut, Klessentin ist gut, aber Herr Manfred ist auch gut. Überhaupt, alles ist gut, und eigentlich ist ja doch jeder Schauspieler.«

»Ach, ich nicht, lieber Eberhard.«

»Nein, du nicht, Albertine. Dir ist es vergangen. Aber ich, ich bin einer. Sieh, ich spiele den Gemütlichen, und ich darf nicht mal sagen, daß sich solche Schauspielerei für einen General nicht paßte. Da gibt es noch ganz andre Nummern, die auch alle Komödie gespielt haben, Kaiser und Könige. Nero spielte und sang und ließ Rom anzünden. Jetzt ist es Panorama, fünfzig Pfennig Entree. Denke dir, so billig ist alles geworden. Und vor zehn Jahren, wie mir eben einfällt, waren hier sogar die >Fackeln des Nero< ausgestellt, ein großes Bild. Damals war ich noch in Dienst, und ich sehe die große Leinwand noch vor mir. Und du hast es vielleicht auch gesehen.«

»Nein, Eberhard, ich habe so was nie gesehen. Ich mußte mir dergleichen immer versagen. Du weißt schon weshalb.«

»Sprich nicht von >versagen<. Das Wort kann ich nicht leiden, man muß sich nichts versagen, und wenn man nicht will, braucht man auch nicht. Nun sieh, das war ein Bild, so groß wie die Segelleinwand von einem Spreekahn oder wohl eigentlich noch größer, und rechts an der Seite, ja, da war ja nun das, was die Gelehrten die >Fackeln des Nero< nennen, und ein paar brannten auch schon, und die andern wurden eben angesteckt. Und was glaubst du nun wohl, Albertine, was diese Fackeln eigentlich waren? Christenmenschen waren es, Christenmenschen, in Pechlappen einbandagiert, und sahen aus wie Mumien oder wie große Wickelkinder, und dieser Nero, der Veranstalter von all dieser Gräßlichkeit, der lag ganz gemütlich auf einem goldenen Wagen, und zwei goldfarbne Löwen davor, und der dritte Löwe lag neben ihm, und er kraute ihn in seiner Mähne, als ob es ein Pudel wäre. Und nun sieh, dieser selbige Nero, der sich so was leisten konnte, der die ganze Welt, ich glaube bis hier in unsre Berliner Gegend, beherrschte, der sang und spielte auch, geradeso wie dieser Herr von Klessentin, und da frag ich mich denn: >Ja, warum soll er nicht, dieser junge Mensch?< Wenn ein Kaiser spielen darf, warum soll Klessentin nicht spielen? ein unbescholtener junger Mann, der wahrscheinlich niemals 'ne Fackel angesteckt hat, am wenigsten solche.«

Die Majorin reichte dem Schwager die Hand und sagte: »Eberhard, du bist immer noch derselbe. Und Leo wird auch so. Dein Bruder Alfred war immer ernst, ein bißchen zu sehr, was wohl an den Verhältnissen liegen mochte...«

»Sprich nicht von Verhältnissen, Albertine. Verhältnisse, davon kann ich nicht hören...«

»Und es ist merkwürdig, daß die Kinder oft mehr den Charakter aus der Seitenlinie haben. Und ich will nur wünschen, daß sein Lebensgang, ich meine Leos, auch so wird wie der deine, dasselbe Glück...«

»Sprich nicht von Glück, Albertine. Mag ich auch nicht hören. Selbst ist der Mann. Aber nein, nein, ich will dies nicht gesagt haben... Sprich nur von Glück... Es ist ganz richtig... Ich habe Glück gehabt. Erst im Dienst. Natürlich immer meine Schuldigkeit getan, aber doch schließlich kein Moltke... Gott sei Dank übrigens, daß es davon so wenige gibt, die fräßen sich sonst untereinander auf, und wenn es zum Klappen käme, hätten wir keinen... Einer ist schon immer das beste, da gibt es keine Konkurrenz und keinen Neid. Aber nun lassen wir Klessentin und Nero und Moltke und versuchen wir ein ander Bild. Wo sind die Mädchen?«

»Ausgeflogen. Und ich habe es unternommen, sie bei dem gütigen Onkel zu entschuldigen. Es waren aufgeschobene Besuche, höchste Zeit. Aber du siehst sie noch. Ich rechne darauf, daß du bleibst und unser Gast bist, so gut wir's haben.«

»Ah, ah, ah. Kann ich nicht leiden. So gut wir's haben. Was heißt das? Ein Teller Suppe...«

»Sophie sprach von Weißbiersuppe mit Sago...«

»Vorzüglich. Und könnte meine Beschlüsse beinah umstoßen. Aber ich habe noch allerhand zu tun und zu besorgen. Eigentlich Unsinn; eine Postkarte besorgt es alles viel besser. Aber meine Frau wünscht es. Und was eine Frau wünscht, ist Befehl, sonst ist der Krieg da, worin wir Militärs immer geschlagen werden; je schneidiger, je größer die Niederlage. Also ich muß fort. Und so gern ich die Mädchen alle drei noch mal gesehen hätte, so paßt es mir auch wieder, daß sie nicht da sind. Ich will nämlich eine nach Adamsdorf mitnehmen, meine Frau hat den Wunsch ausgesprochen, und ist nur noch die Frage, natürlich deine Zustimmung vorausgesetzt, welche?«

»Und du meinst, die Frage beantwortet sich besser unter uns.«

»Ja, Albertine.«

»Nun, da denke ich mir Therese. Sie war schon vorletzten Sommer mit deiner Frau in Pyrmont und kennt alles und hat sich einigermaßen mit ihr eingelebt.«

»Alles richtig. Und doch wäre vielleicht ein Wechsel angezeigt. Laß mich offen zu dir sprechen. Therese ist ein vortreffliches Mädchen und eine Dame. Aber sie hat von der Dame mehr, als meiner Frau lieb ist. Meine Frau, eine Bürgerliche wie du, ist von einfachen Lebensgewohnheiten und Anschauungen, was ich alles nur billigen kann. Und Therese - du wirst verzeihen, daß ich es sage - hat eine ziemlich ausgesprochene Neigung, sich auf das Poggenpuhlsche hin auszuspielen. Ich mag nichts dagegen sagen und nehme persönlich keinen Anstoß daran. Aber meine Frau findet es etwas übertrieben und hat auch seinerzeit Auseinandersetzungen mit ihr darüber gehabt.«

»Ich versteh, Eberhard. Und deine Frau hat recht. Es geht mir hier ebenso mit ihr. Sie hat einen zuverlässigen Charakter und nimmt es ziemlich ernst mit ihren Anschauungen von Adel und Adelspflicht. Aber es ist sehr schwer, wenn man in Verhältnissen ...«

»Nein, nein, nein...«

»... Wenn man auf so bescheidenem Fuße lebt wie wir. Das gibt dann immer Meinungsverschiedenheiten und Unliebsamkeiten. Aber wenn Therese nicht, wer dann? Von Manon würde ich mich nicht gern trennen.«

»Sollst du auch nicht, Albertine. Manon ist Nesthäkchen und muß dir bleiben. Meine Frau hat sich, ich wiederhole, deine Zustimmung vorausgesetzt, für Sophie entschieden. Die hat ihr sehr gefallen, als sie sie hier sah, und ihre Briefe haben ihr gefallen, auch die, die sie an Therese schrieb. Alles so verständig. Und meine Frau hat eine Vorliebe für das Verständige, nur keine Flausen und Redensarten und aufgestellte Sachen. Und Mogeleien sind ihr nun schon von Grund aus zuwider.«

»Davon hat Sophie, Gott sei Dank, nichts. Ihr Leben ist immer Arbeit gewesen, und sie hält eigentlich alles zusammen, was sonst auseinanderfiele.«

»Darf nicht. Darf nicht. Nichts darf auseinanderfallen. Also Sophie! Meine Frau will nämlich allerlei Neues und will namentlich auch neue Wappenteller haben, was mich anfänglich, offen gestanden, aufs äußerste verwunderte. Sie hat mir aber Aufschluß darüber gegeben. >Ich bin jetzt<, sagte sie mir neulich, >eine Poggenpuhl, und da paßt es nicht mehr, daß alles noch das Leysewitzsche Wappen hat; ich glaube, die Leute reden darüber, und das muß man vermeiden. Sophie malt so gut; sie soll uns das Poggenpuhlsche Wappen malen, dabei wird sie sich auch wohl fühlen und glücklich sein, ihre Gaben im Dienste der Familie verwenden zu können. Und dann ist sie so musikalisch. In der Dämmerstunde zuhören, wenn ein Schubertsches Lied gespielt wird, darauf freu ich mich, das wird unser stilles Haus beleben, und wir können Besuche dazu laden.<«

»Und wann denkst du, daß sie reisen soll?«

»Gleich heute mit mir. Sie muß um drei mit ihrem Koffer in meinem Hotel sein. Am besten allein. Abschiede verwirren, Küsse sind lächerlich. Um vier geht der Zug, und um elf sind wir in Adamsdorf.«

Damit erhob er sich, und unter Grüßen an Therese und Manon nahm er Abschied.

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