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Wilhelm Raabe

Das Horn von Wanza

Zehntes Kapitel

eingestellt: 28.7.2007



»Elf Uhr, Mama«, sagte der Bürgermeister von Wanza mit einem Ton und Ausdruck, die augenblicklich nichts von seiner gewöhnlichen außergeschäftlichen, burschikosen Possenhaftigkeit an sich hatten. Der Neffe Grünhage aber saß ganz stumm und geduckt, machte nur große Augen und blickte wie scheu auf die greise Erzählerin und Tante.

»s ist die Möglichkeit, wie die Zeit hingeht!« rief die Frau Rittmeisterin. »Eben neunzehn, jetzt neunundsechzig! Eben zehn, jetzt elf und im nächsten Moment zwölf! Da guckt man auf und wundert sich immer von neuem, obgleich es für die Menschheit im einzelnen wie ganzen eigentlich nicht im geringsten mehr ein Thema zum Verwundern zu sein brauchte. Nun, Kinder, hab ich euch närrischer Weise von meiner Hochzeit erzählt, so will ich auch noch eine halbe Stunde dranwenden und es euch malen, wie ich in dieses Haus einzog und es darin hergerichtet fand für meinen festlichen Empfang als junge Hausfrau und Herrin, deinen Schwestern und vorzüglich euerer Alten erzählte ich freilich lieber davon, Neffe Bernhard.«

Es war, als ob die Alte von der Wipper jetzt nach fünfzig Jahren in der Erinnerung an diesen Empfang zusammenschaudere; doch war das nur ein kurzer Übergang, und fast lustig sprach sie weiter:

»Wäre ich nicht so sehr kaputt gewesen von der Reise und allen sonstigen Erlebnissen, so wäre ich wenigstens froh gewesen, endlich dazusein. So aber war mir allgemach alles einerlei geworden, und auf ein wenig mehr oder weniger Ungemach kam es mir bei meinem Eintriumphieren in Wanza nicht weiter an. Fürs erste hob mich mein verstorbener Mann mit einem Schwunge aus dem Wagen und stellte mich auf einen spiegelnden Pflasterstein inmitten der Pfützen auf dem Posthofe. Alles Frauenvolk rundum lag natürlich in den Federn, und ich stand wieder nur unter den Mannsleuten, die mich alle anstierten und angrinsten, aber doch vor meinem Manne Angst oder dergleichen zu haben schienen. Sie hielten sich im Kreise von ihm ab und taten ihm auch sonst unaufgefordert keine Handleistung. Er tat leise einen kaiserlich-französischen oder königlich-westfälischen Fluch, aber grinste auch gegen sie und fragte grob, ob sie ihm wenigstens eine Laterne mit auf den Weg nach Hause geben könnten. – Nein! hieß es. Die sie hätten, brauchten sie selber, um die Pferde in den Stall zu ziehen und auch sonst. – Jeder wendete uns den Rücken, und ich schlief, an die Schulter meines Mannes gelehnt, sah dabei aber alles doch wie im Fieber. Da – wie in diesen schlimmen, schlechten Traum hinein, höre ich es: ›Zwölf ist die Glock!‹ mit einem Hornstoß und einem Liedervers; doch den unterbrach mein Mann, denn er trug mich durch die Regenpfützen unter das Tor und rief: ›Kamerad, leih du mir deine Laterne, daß ich samt meinem jungen Weib nicht den Hals breche in euerm gottverfluchten Wanza auf dem Wege nach Hause. Es wäre schade darum diesmal; halte hoch deine Leuchte und betrachte dir das arme Ding! Auch das gönnen die Halunken dem Rittmeister Grünhage nicht, Sergeant Marten. Sieh sie an, Kriegskamerad; wir kommen weither, und ich muß sie mir nach Hause tragen, sonst möchte auch dich meinetwegen der Teufel mit deinem Lichte holen.‹ – Nun humpelte Marten Marten richtig näher heran. Er trug damals noch eine Kugel von Ligny in der Hüfte. Sie haben sie ihm erst ein paar Jahre später herausgeholt, oder sie ist eigentlich ganz von selber gekommen. Und zum Nachtwächter hatten sie, ich meine diesmal die Wanzaer und nicht die Doktoren, ihn auch dieser Kugel wegen und aus patriotischem städtischem Stolz auf seine Tapferkeit und sein Eisernes Kreuz gemacht. Von Anno dreizehn an war er sozusagen als Junge mit dabeigewesen, nachdem er von dem Vetter Erdmann Dorsten aus dem Overhausschen Hause abgeholt worden war, was du dir aber besser und genauer von ihm selber erzählen lassen kannst. Kriegskameraden waren sie also richtig – er und mein Mann; nur daß sie von den verschiedenen Parteien kamen, und mein Mann im Anfang in Wanza höchstens unterm Nachtwächter, wie er sagte, traktiert wurde. – Recht widerwärtig sah er in der Nacht zu Michaeli neunzehn, wie die andern, auf den Rittmeister; aber aus Neugier wahrscheinlich sah er dann doch auch mich an, und – ich sage es ihm heute noch auf den alten grauen Kopf zu, ihr beiden dummen Jungen! – da hat er sich auf der Stelle in mich verliebt, und ich habe ihn am Bande gehabt mein ganzes Leben lang hier an der Wipper; und obgleich er nur ein armer Nachtwächter war und nichts weiter geworden ist im Laufe der Jahre, habe ich ihn auch in mein Herz geschlossen, und die Wertschätzung währet heute noch und ist in der Zeit höchstens aus Silber zu Golde geworden. Und da herein hat mein verstorbener Mann sich niemals mischen dürfen und gottlob auch niemals dreingemengt. Dann und wann ist er ja ein bißchen schwatzhaft, der Marten; also wenn ihr ihm im richtigen Momente mit einer Frage darüber kommt, wird er wohl auch nicht gerade hinter dem Busche halten bleiben. Fürs erste aber spricht er jetzt noch in diesem meinem Rapport wie vor fünfzig Jahren und sieht mich an bei seiner Laterne und sagt leise: ›Verflucht!‹, und dann sagt er nach einer Weile: ›Herr Rittmeister, meine Ronde geht wohl bei Ihrem Hause vorbei, also wenn Sie mitkommen wollen, so können Sies. Frau Rittmeistern, wir könnten Ihnen auch wohl zwischen uns tragen, wenns Ihnen bequemer wäre. Den Mantelsack nehme ich gleich auf, und den Koffer und die andere Bagage kann ich ja morgen früh bringen, Frau Rittmeistern.‹

So war ich zum erstenmal hier in Wanza die Frau Rittmeistern genannt worden, und sie nennen mich heute noch so in Ehren, obgleich es ein westfälischer Titel ist. Und richtig, die beiden Kriegsmänner nahmen den Nachtwächterspieß zwischen sich und legten den Mantelsack drauf, und darauf setzten sie mich und trugen mich so durch Wanza, und ich hätte wirklich nicht gehen können! ›Une – deux! Au pas, camarade! So sind wir auch noch in keine Schlachtlinie eingeschwenkt – was, Sergeant? Das Gepäck haben wir sonst weitab hinter der Front gelassen. Na, vive lempereur, Sophiechen; gleich sind wir zu Hause und – zum wenigsten im Trocknen. Verdammt, da fängt es von neuem an zu regnen.‹

Der junge Meister Marten ächzte, er hinkte unter der Last, die ich ihm in meiner Ohnmächtigkeit mehr machte, als wohl sonst nötig war. Ich schob sein Ächzen darauf, aber er fluchte auch dazu leise und ebenso arg wie der Herr Rittmeister. Und »Vivat Vater Blücher!« rief er und schüttelte dabei seine Laterne, daß die Schatten und das Licht wie toll um uns tanzten. – Ach ja, liebe Jungen, es war ein Glück, daß Wanza nicht Berlin oder Paris war, sondern daß wir bald vor meines Mannes Haustür angelangt waren. Ich blickte nach den Fenstern und sah kein Licht; – es war niemand vorhanden, uns zu empfangen, – kein Mädchen oder eine alte Frau, mir ein freundlich oder auch nur ein mürrisch Wörtlein zu sagen. Mein Mann brachte den Hausschlüssel mit und riß die Tür auf – die Nacht und ein eisiger, kalter, dumpfiger Hauch schlugen mir entgegen, schlimmer als der Regen in der freien Straße. Das Haus hatte so auf mich gewartet seit Wochen – es war da und wartete auf mich und meinen Mann; ich aber – ich hätte fast aufgeschrieen auf der Schwelle vor heller, purer Angst, und ich hielt mich, um nicht zu sinken, am Arme Marten Martens!«

An dieser Stelle machte die Tante eine Pause, und Dorsten mußte sich Luft machen, und wenn der Tod darauf gestanden hätte. Er mußte!

Mit der einen Faust im Haare stöhnte er:

»Tante Grünhage, ich will alles tragen, aber dies erträgt die Menschheit in mir nicht länger. Entweder Sie erlauben mir, daß ich den Seligen da an der Wand umwende, oder daß ich ihm und Ihnen den Rücken zudrehe. Ich kann die ölige, lächelnde, insolente Söldlingsvisage nicht länger mir so gegenüber aushalten! Da hört ja alles auf! Umgedreht muß was werden; und meinen städtischen Nachtrat Marten begreife ich nicht, daß er nicht schon damals, vor fünfzig Jahren, sofort, ohne langes Besinnen – jemandem den Hals umgedreht hat. Uh, und ich hätte dann mein damaliger Vorgänger im Amt sein sollen, wenn der Meister Marten in der Nacht so vernünftig gewesen wäre!«

»Sein Jubiläum sollst du als jetzt Regierender mit auf die Beine bringen helfen; und der ganze Magistrat und ganz Wanza, wie es kribbelt und wibbelt, soll mir womöglich dabei Vivat rufen«, sagte die Tante Sophie. »Ich bin sonst ja nicht für laute Festivitäten, und wies der Alte nehmen wird, kann ich auch nicht sagen; aber einerlei – ich will den Tag einfach großartig haben, und daß man noch bei Kindeskindern davon spricht, Dorsten.«

»Hier sitzt der Grüne, der Neffe, Mama; der kann Ihnen von Göttingen her davon erzählen, daß Kinder und Kindeskinder dort in der Hinsicht den weisen Seneka zu würdigen wissen. Und noch dazu Burgemeister von Wanza! Das Faktum ist eigentlich zu ideal, Grüner!... Tante Grünhage, ewiges Schweigen verschlingt mich auf Ehre, wenn ich Ihnen nicht alles auf die Beine bringe. Wünschen Sie auch eine allgemeine Illumination?«

»Einen Narren wünsche ich weder aus mir noch aus dem Meister Marten Marten machen zu lassen«, sprach die alte Dame sehr würdig und ernsthaft. »Wo ich dich als Helfershelfer gebrauchen kann, mein Sohn, werde ich es dir schon zu wissen tun. Merke es dir, die Rittmeistern Grünhage feiert das Fest, auch wenn sie dich und das Nest zum Vivatrufen herbeordern würde, ganz in der Stille. Verstanden, mein Sohn?«

Der Bürgermeister von Wanza zog den Kopf zwischen die Schultern und legte wie der Gott Horus sich die Hand auf den Mund. Die Greisin, sich an den Studenten wendend, fragte:

»Und du, du scheinst mir da auf deinem Stuhle eingeschlafen zu sein. Verlangst du nach dem Bett, oder willst du kurz den Schluß von der Beschreibung hören, die ich euch zwei törichten Jungen hier vortrage, weil dein Name und deines Vaters Gruß die Asche von den Kohlen gestört haben?«

Der Angeredete fuhr auf, aber wahrhaftig nicht aus dem Schlafe.

»Tante, liebe Tante Sophie!« rief er, scheu und doch hastig mit beiden Händen nach der Hand der Greisin fassend. »Ich fuhr ja eben noch mit dir, ich kam mit dir hier an – ich habe noch keinen Menschen so erzählen hören wie dich –, was soll ich dir sagen?«

Die Frau Rittmeisterin fuhr dem jungen Mann leicht mit der Hand über den Kopf, schüttelte lächelnd das Haupt und berichtete wirklich weiter, als ob keine Unterbrechung stattgefunden habe.

»›Was zitterst du, Frau?‹ sagte mein verstorbener Mann. ›Wir sind zu Hause, und das gute Leben geht an. Dieu de Dieu, ich habs mir an manchem Wachtfeuer und auf manchem Schlachtfelde mit dem Frost bis in die Knochen hinein vorgenommen, es in ruhigeren Tagen auch einmal so zu haben wie die Pekins in ihren vier Wänden und mit ihren Madamen! Jetzt hab ich meinen Willen: mein Haus und mein Weib, und nun wollen wir zusammen probieren, Sophiechen, was für ein Pläsier dran ist!‹ – Er trug mich über die Schwelle und gab mir einen Kuß und den großen, feuchten Hausschlüssel. – ›Es soll dich keiner hindern, dich einzurichten nach deinem Gout, Mädchen. En avant avec la lanterne, sergent! Leuchte weiter, Kamerad, bis wir unser eigen Licht angesteckt haben, und dann scher dich bis auf weiteres zum Henker und zähle meinetwegen den Philisternachtmützen ihre Schnarchstunden ab. Hier herein; und nimms nicht übel, Frauchen, s ist für diese Nacht das einzige Gelaß, in welchem wir nen Tisch und Stuhl et cetera finden. Magst dir morgen alles nach deinem Geschmack einrichten, ma belle, und eine schlechte Nacht geht bei zwei vergnügten Herzen bald vorbei!‹ – Er öffnete die Tür linker Hand unten im Hausflur, und Marten hielt wiederum seine Laterne hoch. Draußen schlug der Regen heftiger an die Fensterläden. Ein Tisch wie aus einer Wachtstube, ein paar Holzstühle, der kalte schwarze Ofen, der mir wie ein aufgerichteter Sarg vorkam! Um den Ofen herum viel leere Flaschen, im Winkel eine Flinte mit Bajonett und ein Reitersäbel an der Wand, von der die Tapeten in Fetzen hingen! Dazu wegen der wochenlang verschlossen gewesenen Läden ein noch schlimmerer Moder- und Schimmelgeruch als auf dem Hausflur! Ich fiel in meinem durchnäßten Mantel auf den Stuhl neben dem Tische und legte den Kopf auf die Arme und fühlte meine Schultern zucken und erstickte bald an meinem Schluchzen. – Mein verstorbener Mann stand vor mir, und ob ich ihm jetzt zum erstenmal leid getan habe, weiß ich nicht; nach einer stummen Weile räusperte er sich nur, als wolle er was sagen, sagte aber nichts, sondern fing nur an, mit starken Schritten in der Stube auf und ab zu gehen und immer einen von den Stühlen mit dem Fuße auf einen andern Platz zu stoßen. – Der Nachtwächter von Wanza hatte seine Laterne auf den Tisch gestellt und die Hände gefaltet. ›Großer Gott, Frau Rittmeistern‹, sagte er, ›ich muß weiter auf meiner Ronde bei meiner Seelen Seligkeit. Es ist meine erste Amtsnacht in der Stadt, und was sollen die Herren vom Rathause dazu sagen, wenn ich hier meinen Ruf versäume und Ihnen doch nichts helfen kann, als daß ich Ihnen die Lampe da anstecke? O doch! Ich will Ihnen noch das Feuer im Ofen anmachen, und wenn ich auch mein Brot darüber verliere. Und wenn der Herr Rittmeister will, so kann ich ja auch morgen mit dem frühesten wieder hier sein und sonst im Hauswesen helfen. O gütige Frau Rittmeistern, nehmen Sie doch mal den Kopf von den Händen und weinen Sie nicht so. Ich bin auch aus Wanza, und es ist doch ein recht hübscher Ort, und auch sind sonst ganz gute Leute drin, und im Sommer ists recht grün und schön warm – viele Gärten und guter Ackerboden; – es muß ja, Gott weiß es, jeder Mensche das Seinige aushalten!‹ – ›Nun höre einer diesen verdammten Kerl, wie er mit meinem jungen Weibe spricht!‹ brummte mein Mann. ›Aber recht hat er, Fickchen; und nun guck auf und mach kein Gesicht um die alberne Inkommodité. Es wird sich ja wohl mit der Zeit ein Schick in die Liederlichkeit bringen lassen. Bist nun mal ein Soldatenweib, und morgen mit dem frühesten gehen wir meinetwegen an ein Armeereinemachen und ne Sündflutsaufwäsche – sapristi, und leben nachher wie ein Turteltaubenpaar in der Rosenhecke weiter. Allons, Marten, mon brave, morgen früh mit der Reveille guck nach, wenn du Lust hast, ob die Frau Rittmeisterin noch am Leben ist oder ob, wies jetzt ihre feste Meinung ist, der Satan sie wirklich mit Haut und Haar und Haube über Nacht geholt hat aus ihres Mannes Mörderhöhle!‹ – Liebe Jungen, und nun ist es mir auf einmal gewesen, als sähe ich nun doch in diesem Augenblick zum erstenmal ganz klar in mein künftig Schicksal. Und es ist mir gewesen, als hätte ich nichts mehr zu verlieren, als gehörte mir nichts mehr, nicht der Rock, den ich trug, und nicht die Hand, in der meine Stirne lag. Und da ist es wie eine tolle Freude über mich gekommen: so hast du dich ja auch um gar nichts mehr zu kümmern in der Welt! Deine Eltern haben dich weggegeben, dein Mann hat dich nur wie ein Tier; also sei noch weniger und werde womöglich wie ein Stück Holz, das nichts fühlt und empfindet. Da habe ich mit einem Ruck das Gesicht aufgehoben und meinen verstorbenen Mann und den Nachtwächter Marten angesehen und gesagt: ›Es ist gut!‹ Ich bin auch aufgestanden und bin zu dem armen hinkenden Menschen, der nichts weiter war als ein armseliger Invalide und Nachtwächter, hingegangen und habe gesprochen: ›Ich will es als meines Mannes Frau annehmen, daß Sie ihm sein Hauswesen in Ordnung bringen wollen, und wenn ich dazu helfen kann, so will ich es tun; denn ich habe alle Zeit für mich und weiß nichts, was ich für mich vornehmen könnte, wenn es wieder Tag geworden ist.‹ – Da hat mein verstorbener Mann mich über die Schulter mit einiger Verwunderung angesehen, und dann hat er dem Meister Marten gewinkt, daß er gehe; und der ist auch gegangen, hat mich aber dabei fortwährend angesehen und weder seinen Spieß noch seine Laterne ruhig dabei in Händen gehabt. Mit meinem verstorbenen Mann aber habe ich in dieser meiner ersten Nacht in Wanza nicht weiter verhandelt. Er hat den Wandschrank unten in der Stube linker Hand aufgeschlossen und eine Flasche und Lebensmittel daraus hervorgeholt und mir zu essen angeboten. Die Eßwaren waren aber alle verdorben während seiner Abwesenheit in Halle zu seiner Hochzeit; ich aber hätte auch ohne das keinen Bissen davon genießen können. Aber einen Totenschlaf habe ich nachher geschlafen; und etwas Ähnliches, einen ruhigen Schlaf, wollen wir jetzt, fünfzig Jahre nach jener Nacht, hoffentlich gleichfalls tun. Richtig, da ruft Marten Marten die Zwölfe! Daß er dabei nicht mehr in sein altes Horn tuten darf, ist von dem hochweisen Magistrat eine so dumme Neuerung, daß ich mich wirklich jetzt so kurz vor dem Bette nicht mehr darüber ärgern darf. Leuchte dem Herrn Burgemeister ausm Hause, Liesle; und du, Neffe Grünhage, komm, ich will dir dein Quartier in dem Hause deines verstorbenen Onkels anweisen.«

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